Der neue Sonnenwinkel Box 2 – Familienroman. Michaela Dornberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michaela Dornberg
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Sonnenwinkel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740928636
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wenig konnte sie Bambi schon verstehen, sie und Hannes waren, wie man so schön sagte, wie Topf und Deckel, und das lag wohl in erster Linie daran, dass sie sich altersmäßig am Nächsten waren.

      Als ihre Tochter und Familie seinerzeit in den Sonnenwinkel gezogen waren, stand Ricky kurz vor dem Abitur und hatte sich ­unbändig in ihren Lehrer Fabian Rückert verliebt, den sie dann auch geheiratet hatte. Die hatte für nichts anderes Sinn.

      Und Jörg?

      Der war sauer gewesen, von seinen alten Freunden getrennt worden zu sein, der hatte mit dem Sonnenwinkel nicht viel im Sinn gehabt.

      Hannes und Bambi waren überglücklich gewesen, vielleicht lag das auch daran, dass sie das so ersehnte Baumhaus bekommen hatten. Und dann oben das Herrenhaus mit seinen liebenswerten Bewohnern, allen voran Sandra, die damals noch nicht verheiratet gewesen war und die sich rührend um die Kleinen gekümmert hatte, vor allem war sie mit ihnen zur Felsenburg gegangen, die hoch über dem Erlenhof lag und eine große, spannende und doch recht blutrünstige Vergangenheit hatte, von der die Kinder allerdings nicht genug bekommen konnten, auch wenn es ihnen Gänsehaut verursachte.

      Ja, Teresa konnte Bambi verstehen. Viele schöne und unbeschwerte Jahre verbanden sie miteinander.

      Sie würde die Kleine, die sie ja noch immer war, auch wenn aus ihr allmählich eine junge Dame wurde, gleich in den Arm nehmen und ein wenig trösten, und über das Geschenk von Hannes würde sie sich bestimmt freuen.

      Teresa ging ins Haus, lief von Raum zu Raum.

      Von Bambi nichts zu sehen.

      Teresa rief nach ihr.

      Nichts!

      Ein leises Lächeln glitt um ihre Lippen. Aber ja, dass sie nicht gleich darauf gekommen war.

      Sie wusste, wo sie Bambi finden würde, im Baumhaus natürlich.

      Dorthin zog Bambi sich immer zurück, wenn sie traurig war, natürlich nicht nur dann.

      Teresa ging über die Terrasse in den Garten, am Baumhaus angekommen, rief sie nach Bambi.

      Keine Reaktion!

      Teresa versuchte es noch einmal.

      »Bambi, bitte komm herunter. Ich bin zu alt, um noch zu dir nach oben zu kraxeln.«

      Wieder keine Reaktion! Jetzt wurde Teresa ein wenig ungehalten. Sie liebte Bambi, sie konnte sich sehr gut in sie hineinversetzen, aber einmal musste gut sein. Man konnte alles übertreiben.

      Teresa versuchte es ein drittes Mal, diesmal mit ziemlich energischer Stimme.

      Als sich da oben wieder nichts rührte, überlegte sie kurz, dann stieg sie entschlossen die zum Baumhaus führende Leiter hinauf.

      Es war ein wenig mühsam, und sie wurde wütend. Bambi würde etwas von ihr zu hören bekommen!

      Sie war froh, es geschafft zu haben, wollte zu ihrer Strafpredigt ansetzen, was sie sich allerdings ersparen konnte.

      Es war niemand im Baumhaus!

      Von Bambi keine Spur!

      Die aufkommende Unruhe war sofort wieder verschwunden, als ihr Manuel Münster einfiel. Ja, genau, bei dem war sie. Hannes und Bambi waren ebenfalls mit Manuel Münster aufgewachsen, dem Dritten im Bunde. Manuel war damals mit seinem verwitweten Vater hergezogen. Sein Vater hatte ein ziemlich renovierungsbedürftiges Gebäude direkt neben dem Herrenhaus für sehr viel Geld gekauft, um es für sich herrichten zu lassen. Und dabei hatte er sich in Alexandra von Rieding verliebt, in Sandra, wie sie genannt wurde. Und wie im Märchen hatte er sie geheiratet, und das war für Manuel ein großes Glück gewesen. Er wurde dadurch von einer ganz grässlichen Tante befreit, die sich nach dem Tod seiner Mutter um ihn gekümmert hatte. Gezwungenermaßen, sie war mehr an dem Vater interessiert und hatte den Jungen notgedrungen mit in Kauf genommen. Mit Sandra war es umgekehrt gewesen, die war zuerst von Manuel begeistert gewesen, vom Vater erst hinterher. Auf jeden Fall hatte es ein Happy End gegeben, und sie lebten noch immer glücklich da oben auf dem Erlenhof, nur, dass noch die Zwillinge hinzugekommen waren, die gemeinsamen Kinder von Felix und Sandra. Manuel und die Zwillinge liebten sich abgöttisch, mehr Zuneigung konnte es zwischen Geschwistern nicht geben.

      Teresa seufzte. Was für eine schöne Geschichte, die sie allerdings nur vom Hörensagen kannte. Sie und Magnus waren erst in den Sonnenwinkel gezogen, nachdem der Architekt Carlo Heimberg, der später Sandras Mutter Marianne von Rieding geheiratet hatte, eine wunderschöne Siedlung auf dieses herrliche Fleckchen Erde gesetzt hatte. Zum Glück, konnte man nur sagen, denn das hatte erst möglich gemacht, dass sie zu ihrer Tochter Inge und deren Familie ziehen konnten. Und ein noch größeres Glück war, dass es das Haus direkt neben der Villa ihrer Kinder war. Ja, das war Glück, das sie und Magnus Tag für Tag genossen.

      Sie und Magnus konnten sehr gut allein sein, ihnen reichte die Gegenwart des anderen. Aber erfüllender war auf jeden Fall das Miteinander. Da hatten sie wirklich Glück gehabt.

      Teresa ging ins Haus zurück, verschloss sorgsam die Terrassentür, dann verließ sie das Haus, und auch hier achtete sie darauf, dass richtig abgeschlossen war.

      Noch gab es im Sonnenwinkel keine Einbrüche, und das würde hoffentlich auch so bleiben. Es wohnten doch recht wohlhabende Leute hier, bei denen einiges zu holen war.

      Weg mit solchen Gedanken, sie wollte nicht den Teufel an die Wand malen. Man konnte auch manches heraufbeschwören. Schnell lief sie in ihr eigenes Haus, sie musste mit Magnus reden, vor allem musste sie Manuel anrufen und ihn bitten, Bambi nach Hause zu schicken.

      *

      Magnus von Roth befand sich mit Luna noch immer in der Küche, und da das Glas mit den Leckern noch immer dastand, sagte Teresa besser gar nichts.

      Das tat Magnus.

      »Warum hast du Bambi nicht gleich mitgebracht?«, wollte er wissen.

      »Weil sie nicht da ist«, erwiderte sie, dann erzählte sie ihm, wo sie überall gesucht hatte, und auch er war sofort der Meinung, dass sie dann nur bei Manuel sein konnte.

      »Die beiden hängen doch immer zusammen. Ihm kann sie ihr Herz ausschütten, und Manuel ist gewiss auch traurig, dass Hannes weg ist, da können sie sich gegenseitig trösten.«

      Noch während er sprach, holte er sein Handy aus der Tasche und rief oben auf dem Erlenhof an, während Teresa das Glas mit den Leckerli wegschloss, was Luna überhaupt nicht gefiel, sie knurrte.

      Manuel war direkt am Apparat, Magnus redete mit ihm, dann legte er sein Handy auf den Tisch.

      »Was ist?«, wollte Teresa wissen.

      »Manuel hat sie in der Schule während einer Pause zum letzten Mal gesehen, und seither hat er nichts mehr von ihr gehört. Und er hat sich bei ihr auch nicht gemeldet, weil er der Meinung war, dass sie doch mit zum Flughafen gefahren ist, um Hannes zu verabschieden.«

      Bislang hatte Teresa es locker gesehen, jetzt spürte sie, wie ihr Herzschlag sich beschleunigte.

      Wo war Bambi?

      Draußen wurde es dunkel, das Wetter war schlecht, da lief man nicht herum. Außerdem war das nicht Bambis Art.

      Was sollten sie denn jetzt tun?

      Noch während sie überlegten, fuhr draußen ein Auto vor, Professor Auerbach und seine Frau hatten am Flughafen noch etwas mit den Kindern und Enkeln getrunken und kehrten nun gut gelaunt nach Hause zurück. Eines ihrer Kinder war zwar gerade in die weite Ferne gereist, aber war es nicht ein Glück, die anderen in unmittelbarer Nähe zu haben, und eines sogar noch zu Hause? Das war Glück, und damit trösteten Werner und Inge sich.

      Inge wunderte sich ein wenig, dass ihre Mutter aus ihrem Haus gestürzt kam. Sie hatten sich doch gerade erst gesehen. »Gut, dass ihr da seid«, rief Teresa, »Bambi ist weg.«

      Irritiert schaute Inge Auerbach ihre Mutter an.

      Was redete sie da?

      »Wie … Bambi ist weg, Mama. Was willst du damit sagen?«,