„Was wissen Sie über das Privatleben Ihrer Damen? Entschuldigen Sie diese Frage, aber es geht ja darum, Ihre Agentur von einem häßlichen Verdacht zu befreien.“
„Sie brauchen sich keineswegs zu genieren.“ Mrs. Helen Portcliff blieb reizend und verständnisvoll. „Ich lasse von der Detektei Stichproben vornehmen. Bisher hat es nie irgendwelche Beanstandungen gegeben.“
„Könnte man den Namen dieser Detektei erfahren?“
„Aber selbstverständlich. Sagen Sie, Mister Rander, ich brauche doch wohl nicht zu befürchten, daß man plötzlich auf meine Mitarbeiterinnen verzichten wird, wie?“
„Wir haben völlig diskret gearbeitet, Mrs. Portcliff. Zudem fehlt ja bisher jeder Beweis. Mein Butler und ich gehen nur gewissen Vermutungen nach.“
„Dennoch, ich mache mir jetzt natürlich Sorgen.“
„Die wir möglichst schnell aus dem Weg räumen werden, Mrs. Portcliff. Ist es möglich, Kontakt zu Ihren Mitarbeiterinnen aufzunehmen?“
„Wie stellen Sie sich diesen Kontakt vor?“
„Mein Butler und ich … nun, wir würden uns gern mit einigen Aushilfs-Sekretärinnen unterhalten.“
„Aber gern, wir unterhalten hier in der Agentur eine ständige Bereitschaft. Ich werde Sie nach unten bringen!“
„Darf auch ich mir eine bescheidene Frage erlauben?“ schaltete Josuah Parker sich in diesem Augenblick ein.
Rander und Mrs. Portcliff sahen den Butler fragend und erwartungsvoll an.
„Besteht zwischen Ihnen, Madam, und der Firma Ihres Herrn Bruders eine Art Arbeitsgemeinschaft?“
„Nein, nein, wir arbeiten auf eigene Rechnung. Nur der Name stimmt überein.“
„Sagen Ihnen die Namen Henderson und Bantam etwas, Madam?“
Mrs. Portcliff schüttelte den Kopf und wußte von nichts. Sie war wirklich eine reizende ältere Dame und schien völlig arglos zu sein. Selbst Josuah Parker wußte nicht mit letzter Sicherheit, was er von ihr halten sollte. Er prüfte sein an sich gut ausgebildetes Gefühl für Doppelbödigkeit, doch dieses Gefühl blieb stumm.
„Eine letzte Frage, Madam!“
„Aber gern.“ Sie sah ihn ermunternd an.
„Besitzen Sie im Keller Ihres Hauses einen Swimmingpool?“
„Aber ja!“ antwortete sie spontan, „wieso interessiert Sie das? Hat auch das etwas mit dem Fall zu tun?“
„Mein Butler interessiert sich seit einiger Zeit für Swimmingpools, die in Keller angelegt sind. Könnten wir ihn mal sehen?“
Auch dagegen hatte Mrs. Portcliff erstaunlicherweise nichts einzuwenden. Sie erbot sich, die Führung zu übernehmen.
„Nun?“ fragte Mike Rander eine halbe Stunde später, nachdem sie den Swimmingpool der Mrs. Portcliff besichtigt hatten.
„Ich bedaure mitteilen zu müssen, Sir, daß dieser Swimmingpool nicht dem entspricht, was sich in meine Erinnerung eingegraben hat. Ich fürchte, man wird weiter suchen müssen!“
*
„Haben Sie diesen Kugelschreiber verloren?“ fragte May Clark, als Rander und Parker zurück in die Halle kamen. Sie hatten sich von Mrs. Helen Portcliff verabschiedet und wollten sich nun die Firma von Mister Hubert Portcliff ansehen.
„Schon möglich“, sagte Rander und wartete, bis May Clark ihn erreicht hatte. Sie lächelte unsicher und drückte ihm den bewußten Kugelschreiber in die Hand. Rander merkte sofort, daß zu diesem Kugelschreiber ein kleiner Zettel gehörte, den sie zusammengefaltet hatte.
„Richtig, das ist mein Kugelschreiber“, sagte er also schnell und nickte ihr dankend zu. Dann verließ er zusammen mit seinem Butler ohne Umschweife die Sekretärinnen-Agentur.
In Parkers hochbeinigem Monstrum faltete er den kleinen Zettel auseinander und überflog die wenigen Zeilen, die zu Stichworten angeordnet waren.
„Helfen Sie …“ stand auf dem Zettel, „ich bin in einer halben Stunde am Beach Drive, Long Beach Nr. 3244. Vorsicht, Verfolger!“
„Eine interessante Nachricht“, stellte Parker fest, der aufmerksam zugehört hatte.
„Was halten Sie von ihr?“
„Miß Clark scheint ein gewisses Mitteilungsbedürfnis zu haben, Sir. Man sollte die junge Dame erhören.“
„An eine Falle denken Sie wohl gar nicht, oder?“
„Gewiß, Sir. Diese Möglichkeit lasse ich keineswegs außer Betracht. Doch gegen Fallen, darauf möchte ich verweisen, läßt sich selbstverständlich etwas tun. Wenn Sie erlauben, Sir, werde ich entsprechende Maßnahmen treffen.“
„Und ob ich das erlaube, Parker. Und wie denken Sie über Mrs. Helen Portcliff?“
„Eine reizende ältere Dame, Sir! Sehr aufgeschlossen, sehr intelligent, sehr wachsam!“
„Trauen Sie ihr zu, daß sie diese Spionageorganisation leitet?“
„Durchaus. Sir. Die intellektuellen Fähigkeiten dürften zweifelsfrei vorhanden sein.“
„Sie können sich noch immer nicht erinnern, wo man Sie festhielt?“
„Wenn ich es recht bedenke. Sir, müßte dieses Haus mit Swimmingpool im Souterrain sich in der Nähe des Pazifik befinden.“
„Wie kommen Sie denn darauf?
„Während meines etwas überhasteten Weggangs, Sir, verspürte ich den Geruch von Seetang und Jod. Sichere Anzeichen dafür, daß das betreffende Haus sich in der Nähe der Küste befunden haben muß.“
„Na, schön … lassen Sie sich möglichst bald weitere Details einfallen, Parker. Sehen wir uns jetzt erst mal den Bau an, in dem uns diese May Clark treffen will!“
Während der Fahrt achtete Parker darauf, ob sie verfolgt wurden. Doch nichts war zu erkennen. Die Fahrt verlief ohne jede Schwierigkeit.
„Dort ist es!“ Rander hatte das Haus bereits ausgemacht. Durch die Windschutzscheibe deutete er auf eine Art Strandvilla, die in einer Reihe ähnlicher Bauten lag. All diese Häuser machten einen ungepflegten bis zerfallenen Eindruck. Die Gärten waren verwildert und haften seit vielen Monaten keinen Gärtner mehr gesehen. Die Häuser waren Jahrzehnte alt und schienen durchweg nicht bewohnt zu werden.
„Sie stehen zum Verkauf!“ stellte Parker weiter fest. „Sehen Sie sich die Verkaufstafeln an, Parker.“
„Ich habe mir erlaubt, sie bereits zu registrieren, Sir!“ Der Butler hielt den Wagen an und beeilte sich, seinem jungen Herrn beim Aussteigen zu helfen. Natürlich kam er wieder einmal zu spät, denn der Anwalt war bereits mit gewohnter Elastizität herausgeklettert und reckte und dehnte sich.
„Ziemlich einsame Gegend hier“, sagte Rander und sah sich argwöhnisch um, „hinter den Gärten scheint die Küste liegen. Sehen wir uns doch mal um!“
Zwischen den alten, unansehnlichen Villen gab es eine schmale Gasse, die hinunter zum Wasser führte. Rander und Parker benutzten sie und erreichten nach wenigen Minuten den Strand, der hier grau und unansehnlich war. Die Gezeiten hatten dicke, schwarzgrüne Stränge von Seetang aufgehäuft. Möwen stolzierten herum und pickten faulig riechende Muscheln auf. Es gab viel Treibholz und Unrat, die von einer Querströmung angeschwemmt worden waren.
„Sieht