„Mister Halton ist nach wie vor Gast des Hauses“, gab der Butler gemessen zurück, „ich bitte diesen Hinweis aber nicht wörtlich nehmen zu wollen.“
„Wo haben Sie ihn versteckt?“
„Hier in der Nähe, Sir. Wenn ich Sie dorthin führen darf?“
Rander war selbstverständlich einverstanden. Zusammen mit Parker ging er hinaus zum Mietwagen, auf dessen Beifahrersitz die junge kratzbürstige Dame saß, die den Butler nun noch zusätzlich wütend mit Blicken durchbohrte.
Josuah Parker setzte sich an das Steuer des Wagens, Rander nahm im Fond Platz. Dann ging die Fahrt los, die schon nach kurzer Zeit vor einem bunkerähnlichen Steinbau der Straßenverwaltung endete. Dieses flachgedeckte Steinhaus stak bis zur Hälfte im Boden und barg im Innern Gerätschaften aller Art für die Ausbesserung der Ausfallstraße. Der Zugang erfolgte über eine schmale, relativ niedrige Tür, die über vier Treppenstufen zu erreichen war. Sie konnte mit einem Spezial-Vierkantschlüssel geöffnet werden, was dem Butler selbstverständlich nicht schwer gefallen war und fiel.
„Wie sind Sie denn ausgerechnet auf diesen Bunker gekommen?“ Rander grinste wieder wie ein großer Schuljunge, der einen Streich ausheckt.
„Dieses improvisierte Gefängnis bietet sich förmlich an, Sir, wenn ich es so ausdrücken darf. Die aus Beton gegossenen Wände sind ohne Spezialhilfsmittel nicht zu bezwingen, zudem haben sie den Vorteil, Geräusche aller Art zu verschlucken, was in Anbetracht der Lage ja angebracht sein dürfte.“
„Schön, verpacken wir also unsere junge Dame, vergessen wir aber nicht, Sergeant Halloway zu informieren, sonst bekommen wir Ärger.“
Dank der Dunkelheit gab es überhaupt keine Schwierigkeiten, die junge Dame in den Bunker zu bringen. Hier wartete Jeff Halton schon ungeduldig auf etwas Abwechslung. Er war von Josuah Parker sorgfältig verschnürt worden und saß vor einem Eisenregal, das an der Wand befestigt war. Er atmete erleichtert auf, als die Besucher erschienen. Dann, als er die junge Dame sah, schaute er vollkommen verständnislos drein. Er schien sie vorher noch nie gesehen zu haben.
Die junge, streitlustige Dame wehrte sich wieder einmal, doch sie hatte natürlich keine Chance. Innerhalb weniger Minuten saß sie ebenfalls vor dem Regal, fest verschnürt und in gebührender Entfernung von Halton. Parker hielt stets auf Schicklichkeit.
„Vielleicht vertreiben Sie sich die Zeit damit, sich auszutauschen“, schlug Josuah Parker höflich vor, „Mister Halton interessiert bestimmt, wie die zweite Seite der Organisation aussieht. Und die junge Dame möchte vielleicht Details über Hendersons Mitarbeiter erfahren. Ich wünsche von Herzen gute Unterhaltung und darf versichern, daß Sie bald erlöst sein werden.“
Rander und Parker verließen den Betonbunker der Straßenbauverwaltung und setzten sich zurück in den Wagen. Rander zündete sich eine Zigarette an und wirkte befreit.
„Bin ich froh, diese Katze los zu sein“, meinte er, „Sie ahnen nicht, Parker, wieviel Nerven sie mich gekostet hat!“
„Dies, Sir, kann ich Ihnen durchaus nachfühlen, zumal auch ich es mit streitbaren Damen zu tun hatte. Mit recht attraktiven Damen, wie ich aus Gründen der Ehrlichkeit hinzufügen möchte.“
„Auf Ihre Geschichte bin ich gespannt. Ich möchte wissen, wo Sie die ganze Zeit über gesteckt haben? Wieso waren Sie so plötzlich aus dem Hotelbungalow verschwunden?“
„Ich muß gestehen und einräumen. Sir, daß mein Plan mit der Klimaanlage nicht so recht wirkte. Als ich den Bungalow betrat und durchaus annehmen mußte, darin tief schlafende Gäste zu sehen, wurde ich peinlicherweise gerade von diesen Gästen überrascht.“
„Daß Ihnen so etwas auch passieren kann, beruhigt mich!“ Rander lächelte.
„Ich muß zugeben, daß man meine bescheidene Person erwartete und entsprechend außer Gefecht setzte. Dazu benutzte man einen harten Gegenstand, der leider meinen Nackenwirbel traf und mich ohnmächtig werden ließ. Als ich wieder zu mir kam, Sir, fand ich in einer Umgebung wieder, die mich in einiges Erstaunen versetzte.“
„Jetzt scheint’s spannend zu werden, Parker.“
Der Butler ließ seinen jungen Herrn nicht länger warten und schilderte alle Einzelheiten seiner Erlebnisse. Als er die Bikinischönheiten, die vollschlanke Masseuse und schließlich noch Saul Bantam erwähnte, schüttelte Rander nur noch den Kopf.
„Sagenhaft“, meinte der junge Anwalt dann, „das ist nicht zu schlagen, Parker. Sie haben wieder einmal den Vogel abgeschossen. Meine Erlebnisse waren da wesentlich bescheidener.“
Parker hörte aufmerksam zu, als sein junger Herr berichtete. Mike Rander faßte sich wesentlich kürzer als sein Butler, der die barocken und oft umständlichen Umschreibungen bevorzugte.
„Die Fledermäuse brachten meinen Gast in Stimmung“, schloß Mike Rander, „die junge Dame redete daraufhin wie ein Wasserfall. Unser anfänglicher Verdacht war schon richtig, Parker! Diese Spionageorganisation schmuggelt Sekretärinnen in die betreffenden Firmen! Sie übernehmen Urlaubsvertretungen und nutzen die Zeit, sich die wichtigen Unterlagen zu verschaffen!“
„Vermittelt die Agentur Helen Portcliff diese jungen Damen, Sir?“
„Richtig, Parker. Diese angeblich so nette ältere Dame werden wir uns sehr bald aus der Nähe ansehen müssen.“
„War Ihrem weiblichen Gast der Name Henderson vertraut, Sir?“
„Damit wußte sie nichts anzufangen, aber ich kann mir vorstellen, daß unsere nette ältere Dame sich eine Gang hält, die gewisse Dinge nach bewährtem Muster zu regeln hat. Ich denke da an Gewalt, Terror und sogar Mord. Wir haben ja entsprechende Erlebnisse hinter uns.“
„Durchaus, Sir! Aber wußte Ihr weiblicher Informant mit letzter Sicherheit, daß Mrs. Helen Portcliff von der Geheimtätigkeit ihrer Sekretärinnen doch weiß?“
„Das vermutete sie nur.“
„Ich möchte annehmen, daß sie ihre Aufträge und Einsätze von Saul Bantam erfuhr.“
„Richtig. Saul Bantam scheint die Fäden in der Hand zu haben. Aber glauben Sie, Parker, daß dieser Gangster als Chef der Industriespionage in Betracht kommt? Sie halten doch nicht viel von ihm, oder?“
„Ich sehe in Mister Saul Bantam einen Strohmann, Sir. Er dürfte der Arm des wirklichen Chefs sein.“
„Henderson?“ tippte Rander an, „wohl kaum möglich, wie?“
„In der Tat, Sir. Henderson dürfte seinerseits der Arm Mister Bantams sein.“
„Bliebe also Mrs. Portcliff … Oder Mister Portcliff …?“
„Sehr wohl, Sir! Dieses Geschwisterpaar rückt immer weiter in den Mittelpunkt des Interesses.“
„Dann sollten wir schleunigst etwas unternehmen. Sie wissen ja, an welche Adresse wir uns zu wenden haben!“
„Ich fürchte, Sir, ich muß Sie enttäuschen.“
„Wie soll ich das verstehen?“
„Es wird schwierig sein, jenes Haus aufzuspüren, in dem ich Kontakt mit Mister Bantam aufnehmen konnte. Nach meinem etwas überstürzten Abgang konnte ich mir nur die ungefähre Lage des Hauses merken, zumal der obligate Nebel von Los Angeles ein zusätzliches Hindernis darstellte.“
„Wir werden diesen Bau samt Swimmingpool finden“, meinte Rander optimistisch, „ich baue da auf Ihren Spürsinn, Parker. Enttäuschen Sie mich nur nicht!“
„Ich werde mir, wie immer, Sir, alle erdenkliche Mühe geben. Für den Rest der Nacht würde ich allerdings Vorschlägen, ein wenig der Ruhe zu pflegen.“
„Im Hotelbungalow?“ Randers Stimme drückte Ablehnung aus.
„Keineswegs,