Als der Blechzylinder auf dem Wasser aufschlug, platzte er mit einem dumpfen Knall auseinander. Gleichzeitig schoß eine Art Feuerwand hoch von etwa drei Meter Höhe. Dieses Feuer verwandelte sich innerhalb von Sekundenbruchteilen in eine dichte Nebelwand.
Der Flitzer versuchte abzudrehen. Doch dazu war das kleine Boot zu schnell, hatte zu große Fahrt. Es raste in diese Feuernebelwand hinein und zog Feuer an.
Parker hatte beigedreht und wartete darauf, helfend eingreifen zu können. Er hatte sich diese Feuernebelbombe von einem phantasiebegabten Chemiker entwickeln und herstellen lassen. Hier draußen auf dem Pazifik erlebte diese Waffe ihre erste Feuertaufe. Und das in des Wortes wahrster Bedeutung!
Der Flitzer kam aus der Nebelwand heraus und brannte lichterloh. Der Mann, der die Maschinenwaffe in der Hand gehabt hatte, klopfte an seiner rauchenden und brennenden Sommerkleidung herum. Das Boot schlug Haken wie ein verfolgter Hase und erreichte offenes Wasser, ohne daß das Feuer aber erloschen wäre.
Daraufhin entschlossen sich die Insassen, schleunigst ins Wasser zu hüpfen. Zwei Männer und die Nymphe vom Badefloß erledigten das mit erstaunlicher Schnelligkeit. Das führerlose Boot aber jagte hinaus in den Sonnenglast und war bald nicht mehr zu sehen.
Parker umfuhr die Brandstelle und näherte sich den drei Schwimmern, Sie machten einen leicht deprimierten Eindruck.
Parker lüftete seine Melone.
„Darf ich mir erlauben, Ihnen meine Hilfe anzubieten?“ erkundigte er sich.
„Los, Mann, holen Sie uns hier ’raus!“ rief ihm einer der beiden jungen stämmigen Männer verärgert zu, „machen Sie schon!“
„Ladies first“, antwortete Parker zurückhaltend, „die Dame zuerst, wenn ich darauf hinweisen darf …
Sie stand noch unter dem Schock der Ereignisse. Sie streckte ihren Arm hoch und ließ sich von Parker an Bord ziehen. Bei der Gelegenheit stellte der Butler fest, daß der an sich schon knappe Bikini einige Brandlöcher davongetragen hatte. Abgesehen von einigen Brandblasen, die sich bestimmt noch bildeten, war die Frau aber unverletzt. Sie ließ sich erschöpft und beeindruckt auf dem Boden des Bootes nieder und schnappte nach Luft.
„Na, worauf warten Sie noch?“ rief der zweite der beiden Männer böse zu Parker herüber, „wie lange sollen wir noch Wasser treten?“
„Das hängt davon ab, wann man Sie auffischt“, sagte der Butler, „im Interesse der Ruhe und des Friedens muß ich darauf verzichten, Sie an Bord zu nehmen. Ich hoffe, Ihnen ist mit zwei Rettungsringen gedient, die Sie bestimmt über Wasser halten werden!“
Klatschend landeten die beiden angekündigten Rettungsringe neben den Kanalschwimmern. Dann drehte Parker das Boot ab und verließ die Badestelle. Ihn interessierte zur Zeit nur die hübsche Nymphe, die er ja nicht umsonst hinaus aufs Wasser verfolgt hatte …
*
Parker nahm sich Zeit, zum Yachthafen zu kommen.
Die Nymphe mit dem leicht versengten Bikini hatte sich inzwischen von ihrem Schock erholt. Parker hatte ihr ein Badelaken geliefert, in das sie sich einhüllte.
„Was hat das alles zu bedeuten?“ fragte sie mit noch belegter Stimme.
„Zu meinem Leidwesen sehe ich mich außerstande, darauf konkret zu antworten“, sagte der Butler, „Ihnen wird allerdings nicht entgangen sein, daß man die feste Absicht hatte, meine bescheidene Wenigkeit zu ermorden. Und zwar erst auf dem Umweg über eine Unterwasserharpune, dann mittels einer Maschinenpistole!“
„Es, es war schrecklich, als die beiden Männer mich an Bord holten“, gab sie stockend zurück, „sie rissen mich einfach aus dem Wasser. Und dann rasten sie auf Sie zu!“
„Ich möchte als sicher unterstellen, daß Sie die beiden Männer natürlich nicht kannten.“ Parkers Stimme verriet höfliche Ironie.
„Ich hatte sie wirklich vorher noch nie gesehen“, gab sie zurück.
„Darf ich weiter annehmen, daß Sie die Unterwasserschwimmerin ebenfalls nicht gesehen haben?“
„Nein! Wirklich nicht! Wer sind Sie eigentlich?“
„Parker mein Name, Josuah Parker. Ich habe die Ehre, für Mister Rander als Butler meine bescheidenen Kräfte einsetzen zu dürfen.“
„Ich dachte mir gleich, daß Sie Butler sind!“ Sie lächelte schwach. „So wie Sie sehen die Butler immer in Filmen aus.“
„Ich freue mich, daß ich diesen Vorbildern nahekomme, Miß …?“
„May Clark“, stellte sie sich vor, „ich bin Sekretärin.“
„Ein interessanter Beruf“, bemerkte der Butler und verschwieg, daß er ihren Namen bereits seit einigen Tagen kannte. Er verschwieg auch, daß er noch mehr über sie wußte.
„Setzen Sie mich doch am Landungssteg ab“, bat sie, „für heute ist mir die Lust an meinem freien Nachmittag vergangen.“
„Ich werde Sie selbstverständlich nach Hause bringen“, schlug Josuah Parker vor.
„Nein! Nein!“ Sie schüttelte hastig den Kopf, „ich komme schon allein zurecht, Mister Parker. Vielen Dank noch einmal für Ihre Hilfe!“
„Darf man fragen, für welche Firma Sie tätig sind?“
„Für die Universal Painting Company“, antwortete sie. Dabei sah sie ihn etwas unsicher und irgendwie lauernd dazu an. „Sie werden diese Firma bestimmt nicht kennen.“
„Ich erinnere mich schwach, diesen Firmennamen schon einmal gehört zu haben“, meinte der Butler leichthin. „Bestehen Sie darauf, die Polizei zu informieren? Ich meine, was diesen schrecklichen Vorfall auf dem Wasser angeht?“
„Warum eigentlich?“ Sie lächelte etwas müde, „das gibt doch nur unnötige Fragen, die nichts einbringen. Wenn Sie nicht darauf bestehen. Mister Parker, dann könnten wir eigentlich …“
„Ich schließe mich Ihrer Meinung selbstverständlich an“, sagte Parker.
„Und ich möchte Sie doch bitten, mich nach Hause zu bringen“, schlug sie nun überraschend vor. „Irgendwie habe ich Angst. Ich muß immer wieder an diese beiden schrecklichen Männer denken. Mit ihren Tauchermasken sahen sie schauderhaft aus.“
„Es wird meiner bescheidenen Person eine Ehre und ein Vergnügen sein. Sie zu begleiten“, bedankte sich Parker.
*
Das junge Paar im kleinen Sportwagen hatte sehr mit sich zu tun. Die Umwelt schien vergessen zu sein. Sie hatten die Köpfe zusammengesteckt und sprachen leise miteinander. Und beobachteten dabei die Zufahrt zum Yachthafen von Long Beach.
„Da kommen sie!“ flüsterte die junge Dame und küßte ihren Begleiter zärtlich und mit Hingabe. Dann gluckste ein Lachen in ihr hoch und schüttelte sie wenig später. Sie drückte ihren Begleiter zurück, schüttelte nicht begreifend den Kopf und sagte: „Das kann doch nicht wahr sein. Sieh dir das Möbel an, Jeff!“
Jeff riskierte ebenfalls einen Blick und weitete die Augen.
„Das sowas überhaupt noch fährt!“ meinte er dann verwundert und verfolgte das Vehikel mit seinen Augen, das dort auf fast lastwagengroßen Rädern vorbeirollte.
Es handelte sich um Parkers Privatwagen, ein ehemaliges Taxi aus London, das nach seinen speziellen Wünschen umgebaut worden war. Dieser Wagen war im Grund eine einzige Überraschung auf Reifen. Entsprechend dem starken Rennmotor war auch das Fahrgestell nachträglich ausgelegt worden. Die Unzahl der kleinen Hebel, Kippschalter und Bedienungsknöpfe auf dem Armaturenbrett lösten ganz nach Wunsch diverse Überraschungen aus.
Äußerlich gesehen schienen die Motten an diesem Gefährt genagt zu haben. Der eckige, kastenförmige Aufbau, typisch für die Taxis in London, war vom Rost angefressen und notdürftig wieder instandgesetzt worden.