Der kleine Fürst Classic 40 – Adelsroman. Viola Maybach. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Viola Maybach
Издательство: Bookwire
Серия: Der kleine Fürst Classic
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740900915
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drückte er es weg und steckte das Handy in die Tasche. »Ja«, sagte er dann.

      »Und was wollen Sie jetzt tun?«, fragte sie. Es klang sachlich interessiert, nicht übermäßig neugierig.

      »Wenn ich das wüsste, hätte ich nicht so lange auf das Foto gestarrt«, erklärte Robert. »Ich weiß es eben nicht, das ist das Dumme.«

      »Sie könnten mit Ihrem Freund reden – dann wüsste er Bescheid. Das ist eigentlich fast immer das Beste.«

      »Mag sein, aber ich glaube nicht, dass er die Wahrheit unbedingt von mir erfahren muss. Er ist übrigens nicht mein Freund, sondern mein Chef.«

      »Oh«, sagte sie und verstummte erst einmal. Dann nahm sie ihre Kaffeetasse und trug sie zu seinem Tisch. »Ich darf doch?«

      »Sicher, ich erwarte niemanden«, erklärte Robert.

      »Darf ich fragen, was Sie beruflich machen?«

      »Ich bin Chauffeur, jedenfalls im Moment.«

      »Das wollen Sie aber nicht bleiben?«

      »Eigentlich nicht. Ich bin Kfz.-Mechaniker und hätte gern eine eigene Werkstatt, aber dafür braucht man Kapital, das fehlt mir noch. Ich versuche gerade, es zu verdienen. Und Sie?«

      »Maskenbildnerin.«

      Seine Augen wurden groß. »Am Theater?«

      »Nee, beim Fernsehen. Wir drehen hier gerade einen großen Vierteiler, ein paar Monate lang. Ist ein toller Job, ich hatte richtig Glück, ihn zu kriegen – ich wohne nämlich in München, und jetzt kann

      ich mehrere Monate zu Hause

      wohnen, während ich arbeite, ein großer Luxus ist das. Für uns ist

      es sowieso die Ausnahme, so lange hintereinander beschäftigt zu sein.«

      Robert hatte Mühe, sich seine Aufregung nicht anmerken zu lassen. Hier saß er ja gewissermaßen an der Quelle! Er trank vorsichtig von seinem Cappuccino, dann murmelte er: »Hört sich sehr interessant an.«

      »Ist es auch. Fahren Sie Taxi?«

      »Nein, ich bin bei jemandem fest angestellt.«

      »Na, der muss ja Geld wie Heu haben, wenn er sich einen Chauffeur leisten kann.«

      Robert lächelte. »Arm ist er wohl nicht, das stimmt. Ich heiße übrigens Robert Werner.«

      »Ilka Brandes. Jedenfalls verstehe ich jetzt, dass Sie Ihrem reichen Chef nicht einfach sagen können: Deine Frau hat einen anderen.«

      Nun verschluckte Robert sich doch.

      »Wie kommen Sie darauf?«, fragte er, als der Hustenanfall vorüber war. »Dass seine Frau einen anderen hat?«

      »Was soll es denn sonst sein? Sie konnten es fotografieren, also muss was zu sehen gewesen sein. Hätten Sie, sagen wir mal, einen finanziellen Betrug aufgedeckt, wäre es schwieriger gewesen, das mit dem Handy festzuhalten, meinen Sie nicht?«

      »Sie sind ganz schön clever«, stellte er fest.

      »Ja, zum Glück«, erwiderte sie lächelnd. »Sonst könnte ich mich in meiner Haifischbranche niemals durchsetzen.«

      Robert beschloss, den Stier bei den Hörnern zu packen. »Aber Sie haben dauernd mit berühmten Leuten zu tun«, sagte er. »Das wiegt doch wahrscheinlich einige Unannehmlichkeiten auf.«

      Ilkas bis dahin so fröhliches Gesicht verfinsterte sich. »Hören Sie mir auf mit den sogenannten Stars«, murmelte sie. »Wie die sich zum Teil benehmen, das können Sie sich nicht vorstellen. Natürlich gibt es auch ein paar nette unter ihnen, aber mit denen habe ich leider im Augenblick nichts zu tun.«

      Robert hielt kurz die Luft an, bevor er sich noch weiter vorwagte: »Drehen Sie zufällig mit Christine Schalk? Die soll doch gerade hier in der Stadt sein.«

      Ein rascher prüfender Blick traf ihn, dann raunte Ilka ihm zu: »Sie ist die Schlimmste von allen. Ehrlich, ich kann sie nicht ausstehen. Sie hält sich für die Größte, bloß weil sie jetzt ein paar erfolgreiche Filme gedreht hat.«

      »Aber sie ist eine gute Schauspielerin – oder nicht?«

      »Sie ist nicht unbegabt«, stimmte Ilka ihm zu. »Aber nett ist sie deshalb noch lange nicht.«

      »Das können Sie natürlich besser beurteilen als ich«, stellte Robert fest. Er hatte bereits beschlossen, keine weiteren Fragen zu stellen, obwohl er liebend gern noch mehr gehört hätte. Aber das wäre sicherlich zu auffällig gewesen …

      »Und mit jedem Mann muss sie flirten«, fuhr Ilka fort, »dabei tut sie so, als sei sie in festen Händen, aber niemand weiß, wer ihr Freund ist. Trotzdem legt sie es ständig darauf an, alle Männer am Set um den kleinen Finger zu wickeln.«

      »Am Set?«, fragte Robert verwirrt.

      »Da, wo wir jeweils drehen – so nennt man das«, erklärte Ilka bereitwillig. »Gerade hat sie eine Affäre mit dem Kameramann. Der arme Kerl weiß überhaupt nicht, wie ihm geschieht. Er hat eine total nette Frau, zwei kleine Kinder – und er liebt seine Familie, das weiß ich. Aber Christine war er natürlich nicht gewachsen. Sie wird auch noch dafür sorgen, dass seine Frau es erfährt. So ist sie.«

      »Hört sich nicht besonders sympathisch an«, stellte Robert fest.

      »Ist es auch nicht. Und Sie? Haben Sie auch eine Frau und zwei kleine Kinder?«

      »Ich bin allein«, antwortete Robert. »Und Sie?«

      »Auch allein«, murmelte Ilka. »In einem Job, wo man ständig unterwegs ist, haben es Beziehungen schwer. Was glauben Sie, warum sich Schauspieler so oft scheiden lassen? Wochen- oder monatelange Trennungen hält auf Dauer keine Liebe aus. Außerdem, das muss man auch zugeben, trifft man ständig neue attraktive Leute, da ist die Versuchung, sich auf was einzulassen, besonders groß.«

      »Sie haben es also schon versucht, und es hat nicht geklappt.«

      Sie nickte. »Mein letzter Freund war Buchhändler, ich dachte, er wäre der Richtige. Aber irgendwann kam ich von Dreharbeiten nach Hause, und da hatte er eine neue Freundin. Daraufhin habe ich mir vorgenommen, erst einmal solo zu bleiben.«

      »Bei mir ist es so ähnlich«, sagte Robert nachdenklich. »Ich wohne zwar am Ort, aber ich bin auch viel unterwegs – und ich habe vor allem keine festen Arbeitszeiten. Bei mir kann es jederzeit heißen: ›Wir fahren weg.‹ So steht es auch in meinem Vertrag. Jetzt stellen Sie sich mal vor, wie eine Freundin darauf reagiert, wenn man sie vor dem Kino stehen lässt, weil man überraschend nach Paris fahren muss.«

      Ilka lachte. »Das klingt auch nicht einfach«, gab sie zu.

      Ihre Blicke begegneten sich, die Luft zwischen ihnen flirrte ein wenig. Sie gefällt mir, dachte Robert. Ich will sie wiedersehen. »Wenn Sie noch eine Weile hier arbeiten«, meinte er, »dann könnten wir uns doch mal wieder treffen. Was meinen Sie?«

      Sie lachte. »Gern. Und ich bin ja jetzt schon darauf vorbereitet, dass Sie eine halbe Stunde vorher anrufen und sagen: ›Tut mir leid, ich muss jetzt nach Paris.‹ Ich verspreche, dass ich Ihnen keine Szene machen würde.«

      Er lachte mit ihr. Eine Viertelstunde später verließen sie das Café gemeinsam.

      »Wie wäre es mit heute Abend?«, fragte Robert. »Ich mache jetzt ein bisschen Sport, schlafe vielleicht eine Stunde, aber danach hätte ich Zeit. Ich könnte Sie zum Beispiel zu meinem Italiener einladen, der die besten Nudeln weit und breit macht.«

      »Schöne Idee, aber leider undurchführbar«, seufzte Ilka. »Wir drehen heute Nachmittag, bis in die Nacht. Ich sollte sehen, dass ich noch ein bisschen Schlaf kriege, ich habe es im Gefühl, dass es heute zäh wird.«

      »Sie drehen bis in die Nacht? Passiert das öfter?«

      »Nein, jedenfalls nicht bei diesem Film, er spielt zum Glück überwiegend am Tage, aber ich hatte auch schon mal eine Produktion, die fast