Geo nahm sein Rauchzeug wieder aus der Tasche und drehte sich bedächtig eine Zigarette.
Dreihundert.
Er hatte noch ganze zwei Dollar in der Tasche. Die hielten nicht lange vor.
Er kannte den Mann, der ihm das Angebot machte. Es war Winston Legger, er hatte einen Spielsalon in der Stadt. Seit mehreren Jahren lebte er hier in der Stadt und luchste den Männern das Geld aus der Tasche. Im vergangenen Herbst hatte er auch drüben den alten Saloon zugekauft. Legger war ein Blutsauger schlimmster Güte. Er verlieh Geld und nahm Zinsen, daß ein armenischer Händler hätte erbleichen können.
Es gab kaum jemanden in der Stadt, der ein freundliches Wort über den Mann hätte sagen können.
Und jetzt hatte er dem Revolvermann Geo Hoyt ein Angebot gemacht.
Hoyt brauchte nicht zu fragen, um was es sich handelte. Das war klar. Denn wer einen Georg Hoyt ein Angebot machte, brauchte seine schnelle Revolverhand.
Geo riß an dem rauhen ausgetrockneten Holz des Gatters ein Zündholz an. Gelbzischend fraß sich die Flamme in den dünnen Span.
Geo zündete sich die Zigarette an, ließ das Zündholz fallen und schob mit der staubigen Stiefelspitze Sand darüber.
In dem Gesicht des Salooners spiegelte sich Ärger. Unwillig fragte er: »Was ist nun, willst du es dir überlegen?«
Geo hob langsam den Kopf und sah Legger an.
Der erschrak, als er in die kalten grünschimmernden Augen des Revolvermannes sah. Er erschrak bis ins Innerste.
Er hatte jetzt größeren Ärger. Es gab da einen Mann, den der wohlhabende Win Legger gern auf dem Boot Hill wüßte.
Und dazu konnte ihm nur ein Mann wie Geo Hoyt verhelfen.
Ed Billings war Zimmermann. Eine Zeitlang war er Deputy bei dem Sheriff gewesen, aber dann hatte er bei einer Schießerei mit Banditen ein Auge verloren und den Nebenjob aufgeben müssen.
Billings war einer der Männer in Happy, die verschworene Gegner des »Blutsaugers« aus Alabama waren. Von jeher. Ed besuchte nie den Spielsaloon und seit Legger auch die alte Schenke am nördlichen Stadtausgang gekauft hatte, ließ sich Billings auch da nicht mehr sehen.
Legger machte das nichts aus, wie er sich überhaupt nicht um die Leute kümmerte, die unwichtig für ihn waren.
Billings war jedoch urplötzlich äußerst wichtig für den Spielhöllen-Besitzer geworden, der das Alkohol-Monopol in der Stadt und überhaupt im Umkreis von dreißig Meilen zu besitzen glaubte.
Billings Grundstück an der mittleren Main Street war nicht sehr groß. Und da seine Zimmerei nicht besonders gut ging, hatte er nichts dagegen gehabt, als eines Tages Ted Sullivan, der Inhaber des alten Saloons, den Legger für ein Spottgeld gekauft hatte, zu ihm kam und ihm eine hübsche Summe für das Grundstück bot. Sullivan hatte das Geld von den Bürgern zur Verfügung gestellt bekommen, die Legger boykottieren wollten.
Der alte Sullivan war nur der Strohmann – ganz klar. Die Bürger wollten eine neue Schenke in der Stadt haben. Und nur Billings Grunstück war feil.
Billings hatte zugesagt.
Da hörte er die heisere rostige Stimme des Revolvermannes: »Wer ist es?«
Hoyt hörte sich die Worte Leggers an. Und als der ihm eine wortreiche Geschichte auftischen wollte, machte der Coltmann eine wegwischende Handbewegung.
»Er ist Ihnen im Weg. Habe vollkommen verstanden.«
»Im Weg? Das ist nicht ganz richtig, Hoyt«, tat Legger gekränkt. »Im Wege – nein. Er ist ein charakterloser Bandit. Er will mir in den Rücken fallen. Weil er was gegen Leute aus Alabama hat, deswegen will er mich ruinieren. Vielleicht verstehen Sie das nicht, Hoyt, aber…«
»Ich will es auch gar nicht verstehen.« Der Revolvermann hatte es kurz und blechern über die Lippen gebracht. Seine Augen hingen drüben an der Main Street.
»Wann?« fragte er plötzlich.
»Das ist Ihre Sache. Am besten gleich.«
»Name?«
»Billings, Edward«, sagte der Salooner hastig.
»Wo ist er!«
»In Websters Boardinghouse.«
»Wie alt?«
Legger schluckte. Die präzisen Fragen des Schießers irritierten ihn gewaltig.
»Ich weiß es nicht.«
»Zwanzig oder sechzig?«
»Spielt das eine Rolle?«
Da richtete der Revolvermann seine kalten grünen Augen wieder auf den Geldverleiher. Für eine lange Sekunde haftete der Blick dieser Augen auf Leggers verschwommenem Gesicht.
»Yeah, Mister, das spielt eine Rolle. Männer unter zwanzig sind keine Männer. Dafür zahlen Sie auch weniger. Und Männer über sechzig sind alt. Dafür zahlen Sie auch ebenfalls weniger.«
Legger blickte betreten in dieses harte, steinerne Gesicht, in dem sich kein Muskel bewegte.
»Und Männer um vierzig?«
»Das sind die gefährlichsten. Wenn ein Mann etwas kann, dann kann er es mit vierzig am besten.« Dieser Satz war von Jeff Breakridge, wie vieles, was Geo Hoyt sagte. »Und wenn ein Mann schießen kann, dann kann es es mit vierzig am besten. Ist das klar?«
Legger rieb sich das Kinn. »Nicht ganz. Soll das heißen, daß dreihundert Dollar zu wenig sind?«
»Yeah.«
Legger richtete sich im Sattel auf. »Well, dann verzichte ich, Hoyt.«
Der Schießer nahm sein Messer aus dem Gurt und reinigte damit ungeniert seine Fingernägel. Für ihn war die Sache erledigt – und der Geldverleiher nicht mehr vorhanden.
Legger blickte mit verkniffenem Gesicht auf ihn nieder. »Sie sind ein hartgesottener Bursche, Hoyt. Aber da haben Sie bei mir kein Glück. Ich habe mich selbst durch dieses lausige Leben und durch dieses dreckige Land schlagen müssen.«
Da hob der Texaner den Kopf. »Wenn das Land dreckig ist, dann sollten Sie zurück nach Alabama gehen.«
Legger erschrak. Heavens, da war er in den Fettnapf getreten. Er suchte sofort wieder auszugleichen, indem er sagte: »Ich lege zwanzig Böcke zu, Hoyt. Dann muß die Sache aber klargehen.«
Der Coltmann schabte weiter geräuschvoll an seinen Nägeln herum. »Vierhundert«, kam es frostig von seinen schmalen Lippen.
Legger schrak zusammen. Damned. Wie der Mann das gesagt hatte. So, daß man kein weiteres Wort über die Geschichte zu verlieren brauchte.
Legger dachte nicht daran, vierhundert Bucks für den toten Ed Billings auszuspucken.
Das war entschieden zuviel. Dreihundert waren nach seiner Ansicht bereits Geld genug.
Da kam dem Geldverleiher ein neuer Gedanke. Er äußerte ihn auch sofort. »Sie irren sich, wenn Sie glauben, daß ich auf Sie angewiesen bin, Hoyt. Es ist heute mittag ein Mann in der Stadt angekommen, der weniger Fragen stellt als Sie.«
Hoyt, der nun wirklich ein wortkarger Bursche war und im allgemeinen nur das Notwendigste sprach, blickte nicht auf. »Nehmen Sie ihn«, sagte er nur.
Legger schluckte. »Yeah, ich werde es tun. Billy the Kid ist ohnehin schneller als Sie.«
Der Kopf des Schließers flog herum.
Was hatte der Alabama-Mann da gesagt? Es sollte einer in der Stadt sein, der schneller wäre als er?
Billy the Kid!
Der Alabama-Mann unterbrach die Gedanken des Texaners. »Er ist der schnellste Schütze des ganzen Westens.«
Geo