In der Begründung des Regierungsentwurfs des Bundesausbildungsförderungsgesetzes v. 18.3.1971 (BT-Drucks. VI/1975, S. 20) ist formuliert: Das umfassende einheitliche System der individuellen Förderung der Ausbildung lässt sich nur – wie gezeigt wurde – in Stufen verwirklichen nach Maßgabe der – unter Berücksichtigung aller staatlichen Aufgaben gegebenen finanziellen Möglichkeiten und in Übereinstimmung mit dem allgemeingesellschaftlichen Bewusstsein von der sozialen Bedeutung dieser Frage.
Die nunmehr über 40-jährige Geltungsdauer der bundesrechtlichen Regelungen der individuellen Ausbildungsförderung ist ein eindeutiger Beweis für diese Aussage. In finanzwirtschaftlich entspannten Zeiten, wie den Jahren 1970 bis 1980 sowie 1990 bis 1996 wurden der institutionelle Förderungsbereich wie der Gefördertenkreis erweitert. Als sich die finanzielle Gesamtsituation der Bundesrepublik in den Jahren 1980 bis 1985 und 1997 bis 2006 verschlechterte, wurde das Leistungsniveau abgesenkt. So wurde in den Jahren 1980 bis 1983 die Schülerförderung aufgegeben, die Leistungsart fast vollständig auf Darlehen umgestellt. In den Jahren 2001 bis 2007 erkannte die Bundesregierung – ausweislich der Berichte nach § 35 BAföG44 – wohl die Notwendigkeit der Anhebung des Leistungsniveaus an, sah sich erklärtermaßen aber außerstande, die hierfür erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen. Dass das gesamtgesellschaftliche Bewusstsein von der Bedeutung der Ausbildungsförderung in dieser Zeit gleichwohl wach war, zeigen die schnellen Erweiterungen des Förderungsbereichs und die Anhebung der individuellen Leistungshöhe unmittelbar nach Entspannung der finanziellen Situation.
Deutlich wird dies durch das 22. BAföGÄndG, mit dem die Möglichkeiten einer verbesserten Finanzsituation relativ kurzfristig genutzt wurden. Nach dessen Inkrafttreten kann mit Genugtuung festgestellt werden, dass der Leistungsstand hoch und befriedigend ist. Das Gesetz hat den Kreis der geförderten Ausbildungen hinsichtlich der vollen wie zeitweisen Ausbildungen im Ausland wesentlich erweitert, unter Berücksichtigung der staatlichen Neuorientierung in Europa (EU, EWR) und der notwendigen Integration der Zuwanderer den Kreis der nichtdeutschen Förderungsberechtigten wesentlich erweitert und zudem die wirtschaftlichen Leistungsvoraussetzungen zugunsten der mittleren Einkommensschicht erheblich verbessert.
Ungeachtet der beschriebenen starken Schwankungen oder gar Wechsel im Leistungsniveau der bundesgesetzlichen Regelung der individuellen Ausbildungsförderung kann – nicht zuletzt im Vergleich mit den Förderungsregelungen anderer westlicher Industriestaaten45 – festgestellt werden, dass die Ausbildungsförderungsgesetzgebung zu den großen sozialpolitischen Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland zählt, die sie im Rahmen des Generationenvertrages für die junge Generation erbringt. In den vergangenen über 40 Jahren haben das 1. AföG von 1969 und das BAföG von 1971 rd. 7 Millionen Schülern und weit über 9 Millionen Auszubildenden im Tertiärbereich die Durchführung einer qualifizierenden Ausbildung ermöglicht oder zumindest wesentlich erleichtert und damit diesen jungen Bürgern einen unschätzbaren Dienst erwiesen und einen entsprechenden gesamtgesellschaftlichen Nutzen bewirkt.
In den Beratungen des Deutschen Bundestages zum Ersten Ausbildungsförderungsgesetz ist es in seiner sozialpolitischen Bedeutung mit der der Bismarck’schen Sozialreformgesetze verglichen worden: „Damals ging es schlicht um die Existenzsicherung. Heute geht es um den Anspruch des Menschen auf freie Entfaltung seiner Fähigkeiten und um den Platz in der Gesellschaft von morgen“46. 31 Jahre später formulierte MdB Stefan Hilsberg am 6. Juli 2000 im Deutschen Bundestag: „Das BAföG ist eines der wichtigsten Gesetze, das wir haben und das die Bundesrepublik in den vergangenen dreißig Jahren ein ganzes Stück sozialer gemacht hat … Ich denke, ich kann im Namen aller sagen: Die Gesellschaft verdankt BAföG ein Stück mehr Chancengleichheit“47.
Teil II.1Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAföG –)1,2
Vom 26. August 1971 (BGBl. I S. 1409), in der Fassung der Bekanntmachung vom 6.6.1983 (BGBl. I S. 645, ber. BGBl. (2012) I S. 197); zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 8.7.2019 (BGBl. I S. 1048)3
Gliederung
§ 1Grundsatz
Abschnitt I: Förderungsfähige Ausbildung
§ 2Ausbildungsstätten
§ 3Fernunterricht
§ 4Ausbildung im Inland
§ 5Ausbildung im Ausland
§ 5aUnberücksichtigte Ausbildungszeiten
§ 6Förderung der Deutschen im Ausland
§ 7Erstausbildung, weitere Ausbildung
Abschnitt II: Persönliche Voraussetzungen
§ 8Staatsangehörigkeit
§ 9Eignung
§ 10Alter
Abschnitt III: Leistungen
§ 11Umfang der Ausbildungsförderung
§ 12Bedarf für Schüler
§ 13Bedarf für Studierende
§ 13aKranken- und Pflegeversicherungszuschlag
§ 14Bedarf für Praktikanten
§ 14aZusatzleistungen in Härtefällen
§ 14bZusatzleistung für Auszubildende mit Kind (Kinderbetreuungszuschlag)
§ 15Förderungsdauer
§ 15aFörderungshöchstdauer
§ 15bAufnahme und Beendigung der Ausbildung
§ 16Förderungsdauer im Ausland
§ 17Förderungsarten
§ 18Darlehensbedingungen
§ 18aEinkommensabhängige Rückzahlung
§ 18bTeilerlass des Darlehens
§ 18cBankdarlehen
§ 18dKreditanstalt für Wiederaufbau
§ 19Aufrechnung
§ 20Rückzahlungspflicht
Abschnitt IV: Einkommensanrechnung
§ 21Einkommensbegriff
§ 22Berechnungszeitraum für das Einkommen des Auszubildenden
§ 23Freibeträge vom Einkommen des Auszubildenden
§ 24Berechnungszeitraum für das Einkommen der Eltern und des Ehegatten
§ 25Freibeträge vom Einkommen der Eltern und des Ehegatten
Abschnitt V: Vermögensanrechnung
§ 26Umfang der Vermögensanrechnung
§ 27Vermögensbegriff
§ 28Wertbestimmung des Vermögens
§ 29Freibeträge vom Vermögen
§ 30Monatlicher Anrechnungsbetrag
Abschnitt VI:
§ 35Anpassung der Bedarfssätze und Freibeträge
Abschnitt VII: Vorausleistung und Anspruchsübergang
§ 36Vorausleistung von Ausbildungsförderung
§ 37Übergang von Unterhaltsansprüchen
§