Sein Rhythmus ändert sich nun unter mir, in mir, wird härter, schneller, drängender. Seine Hände walken meine Hinterbacken tief durch, stimulieren indirekt den empfindlichen Anus und drücken immer wieder köstlich durch das straff gespannte Fleisch auf die Hüftgelenke.
Ich gehe bereitwillig mit. Jetzt will ich, dass er mich rücksichtslos nimmt, dass er mich durchfickt, dass er mich als schwaches, wehrloses Sexobjekt bumst, mich wild vögelt, mich so richtig knallt! Hechelnder Atem, Japsen, das nasse Klatschen von geschwollenem Fleisch, schwere, scharfe Moschusdüfte. Eine gewaltige Woge aus geschmolzenem Blei, die sich weit draußen am Horizont langsam aufbaut.
Und natürlich muss ich keine Angst haben, dass er fragt: »Bist du schon soweit?«, oder etwas ähnlich Abtörnendes. Er spürt es. Er spürt genau, wie ich wild auf ihm zucke, ein festgenagelter Fisch, ein Schmetterling auf der Nadel, und er lässt seine eigene Wollust im exakt richtigen Tempo höher und höher schlagen. Die Welle kommt näher.
Ich habe mich etwas hochgestützt, sehe ihm mit aufgerissenen Augen ins Gesicht, sauge hektisch dringend benötigten Sauerstoff durch den weit geöffneten Mund in meine flatternden Lungen und kann beim besten Willen nicht mehr genau spüren, wo ich aufhöre und wo er anfängt. Er genießt meine unverhüllte Lust, reflektiert sie, steigert sie, peitscht sie hoch. Wildes, verzehrendes, mahlendes, reibendes Rotieren unserer Leiber. Sein schwerer Körper bäumt sich gegen meine leichte, schmale Gestalt, die aber mit dem gleichen Feuer, mit der gleichen irrsinnigen Energie antwortet.
Jetzt! Seine Bewegungen werden dringend, suchend, verzweifelt, seine Augen weiten sich, seine Halsmuskeln treten hervor, sein Griff um meine Taille wird mörderisch. Die Welle rauscht brüllend heran, haushoch, unwiderstehlich und schlägt erbarmungslos über uns zusammen.
Blitze, blauweißes Feuer, stiebende Funken entladen sich in meinem Innersten. Jemand schreit dünn und hilflos. Eine Starkstromentladung frisst sich blitzschnell durch mein Rückgrat und reißt mir den Kopf in den Nacken, dass ich meine Zähne klappern höre. Irgendwo ganz weit weg pumpt etwas langgezogene heiße Strahlen in mich, quatschende, nass schmatzende Töne, Gänsehaut am ganzen Körper, die die zarteste Berührung wie auf rohem Fleisch empfindet, und die gleichzeitig nur noch gepackt, genommen, bedrängt werden will.
Rückhaltlos überlasse ich mich diesem Orkan. Die Gedanken in meinem Kopf halten mit einem letzten »Klank!« an, wie ein Karussell, das in seiner Ruheposition einrastet. Ich bin nur noch Leib, nur noch Blut, Fleisch, Knochen, Nerven, Fühlen.
Unter mir halten mich auf einmal Duzende von Männern ekstatisch pumpend gefangen. Die Bilder überlagern sich, verschwimmen, changieren, wie direkt aufeinandergelegte Negative. Ich erkenne Jean, mit zusammengebissenen Zähnen und zärtlichen Händen. Ich erkenne Luke, sonnengebräunte Haut, scharfe Fingernägel, wundervoller Rhythmus seiner Bewegungen. Olof, der norwegische Hüne mit den undurchsichtigen Geschäften und einem Gemächt wie ein Pferd. Chris, ein schmächtiger Bürohengst mit überraschend kundigen Berührungen. Theodore, klein und fett. Charles. Thomas. Reynard. Phillipp. Viele andere. Natascha.
Der Russe. Aleksej heißt er, das weiß ich jetzt.
Mein Stiefvater.
Er weint.
Für einen winzigen Sekundenbruchteil sehe ich alles. Ich sehe jeden einzelnen, kenne seinen Namen, seine Eigenheiten, seinen Lebenslauf, seine Wünsche, Hoffnungen, Träume. Ich sehe, was er von seinem Vater, von seiner Mutter bekommen hat und was nicht, was diese von ihren Eltern bekommen haben, und so weiter, bis zurück in nebelhafte Vergangenheit.
Ich stehe auf einer Bergspitze über der Atmosphäre und sehe das endlose Leid, den ewigen Kreislauf von Angst, Wut, Schmerz, Verletzung, den das Leben gebiert und wieder verschlingt. Jede winzige menschliche Puppe ist daran aufgefädelt, wie unendlich viele glitzernde Steinchen auf einer Kette, unrettbar gekreuzigt an ihr elendes Dasein.
Ich sehe alle Männer dieser Welt.
Ich sehe die Frauen.
Ich sehe die Kinder.
Niedergeschmettert, vernichtet, trostlos. Und gleichzeitig so voll Hoffnung, voller Leben, so erhaben.
Ich sehe mich selbst.
Die pure majestätische Größe dieser endgültigen Einsicht raubt mir schlagartig den Atem. Zwerchfell und Muskeln sind festgeschweißt, hart wie Panzerplatten, unbeweglich. Trotz verzweifelter Anstrengung gelangt kein Molekül Sauerstoff in meine Lungen.
Ich werde sterben, und das ist in Ordnung. Der einzige Ausweg aus diesem verzehrenden, mühseligen, knochenzermalmenden Rad. Kein Hass, keine Angst, keine Wut mehr, nur noch ein absolut synchrones Mitschwingen mit jedem einzelnen Atom des Universums, das große Einverstandensein, die finale Bejahung. Ruhe. Einssein. Unendliche Ausdehnung.
Frieden.
Dann bewegt sich die Welt wieder und ich gleite aus meiner Vision, wie rückwärts aus einem Tunnel. Ich schreie lautlos, weil ich weiß, dass später nur ein sehr verschwommener Eindruck von dieser unendlichen Weite in ihrer fröstelnden Klarheit in meinem Gedächtnis haften bleiben wird.
Ich weine.
Eine unbestimmte Zeit später komme ich wieder halbwegs zu mir. Ich hänge zerschlagen auf Georg, auseinandergerissen, erfüllt, befriedigt, satt und schlaff, und von abgrundtiefer Trauer erfüllt, gleichzeitig von stillem Glück. Lautlose Tränen tropfen auf seine Brust und vermischen sich dort mit unserem Schweiß.
Er ist noch in mir, weicher und zärtlicher jetzt. Kleinste Bewegungen verschieben unsere Haut gegeneinander, gut geölt von verschiedensten Körperflüssigkeiten. Gleichzeitig umfängt er mich schützend, streichelt ganz behutsam meinen Kopf, meinen Rücken. Auch jetzt noch, befriedigt und sicher müde, trägt und hält er mich ohne Anstrengung. Eben souverän in jeder Lebenslage. Ein Täter. Wirklich schade!
Sehr langsam spüre ich, wie die zersplitterten und über das ganze Universum verteilten Fragmente meiner harten, greifbaren, realen Existenz wieder zusammenströmen und Form annehmen. So ähnlich wie bei diesem Cyborg aus der Zukunft in »Terminator II«, als dessen tiefgefrorene Splitter am Ende des Films auftauen und als schimmernde Zinntropfen wieder zusammenlaufen.
Oh! Nicht jetzt schon! Ich will noch ein wenig in diesem Schwebezustand bleiben. Dieser Moment ist es doch, den ich suche, den ich jage, den ich brauche wie der Fixer seine Nadel! Dieser sekundenbreite Lichtstrahl einer reinen göttlichen Verbindung, der als einziger in der Lage ist, den äonenbreiten Abgrund zwischen mir und allem anderen zu überbrücken.
Aber so sehr ich sehne und flehe, ich kann mich nicht gegen die Rückmutation stemmen. In wenigen Minuten werde ich wieder nur Jana Walker sein, Auftragsmörderin, wohnhaft in London, einen Meter fünfundsechzig kühl berechnende Zielstrebigkeit.
Solange der Schutzpanzer sich noch nicht vollständig um mich geschlossen hat, raffe ich mich mühsam auf, küsse meinen unvergleichlichen Lover zart auf den Mundwinkel und sehe ihm weich in die Augen.
»Danke!«, flüstere ich fast unhörbar.
»Gern«, lächelt er schwach. »Auch danke!«
»Mmmh.«
Er streicht mir die Haare aus dem Gesicht und schaut mich jetzt forschend an. Er spürt die Veränderung, die in mir vorgeht, immer schneller abläuft.
»Georg ...«, beginne ich etwas hilflos, »ich möchte, dass du weißt ... was immer auch geschieht: Das war etwas ganz Besonderes für mich, gerade mit dir!«
Das ist keine Lüge. Mit jedem meiner Klienten war es für mich etwas ganz Besonders, Einzigartiges. So auch mit ihm.
Er sieht mich immer noch an. Aufmerksam. Hat er einen Verdacht geschöpft? Oder ist das für ihn nur das emotionale Gerede eines unreifen Mädchens?
Er nickt langsam und zieht mich wieder fest an sich. Sein biegsamer, fleischiger Schwanz flutscht sehr angenehm in mir drin wieder ein wenig tiefer. So liegen wir noch sehr lange, wortlos, in gemeinsamem Herzschlag. Ich kann spüren, wie die beiden Seiten in mir eine erstaunlich