Auf der Treppe
Die Wochen vergingen. Silvie traf sich jeden Dienstag nach dem Sport mit Joe und sie genoss eine prickelnde Zeit des Verliebtseins. Wenn es doch niemals aufhören würde … Zuerst war sie, wie jeden Dienstag, beim Sport, der sie fit hielt, danach ging sie in das Café, um abzuschalten und anschließend erregten sie die Gespräche mit Joe und seine manchmal tiefgründigen Gedanken. All das hatte sich zu einem besonders schönen Ritual entwickelt. Die Vorfreude auf den folgenden Abend war spannend. Zuerst trank sie mit ihm genüsslich einen heißen Kaffee oder einen auflockernden Cocktail und danach fuhren sie zu ihm, um guten Sex zu haben. Es wurde nie langweilig. Sie freute sich jedes Mal darauf und konnte nie genug von ihm bekommen.
»Ich würde mir mehr von dir wünschen, Silvie«, sagte er zu ihr und nahm ihre Hand langsam vom Tisch auf. Sie blickte ihn an und fragte sich, was nun passieren würde. Er wollte mehr von ihr? Wie meinte er das? Sie gab doch schon alles, was ihre Liebe lebendig hielt. Sie saßen sich gegenüber und Joe sah tief in ihre Augen. Sehr tief, als hätte er ihr ein Geheimnis anvertrauen wollen. Mehr noch, als hätte er eine lebenswichtige Frage auf der Zunge. Die Atmosphäre im Café war heute besonders schön. Kerzen standen auf dem Tisch und verbreiteten ein gemütliches Licht. Es war ruhig in ihrer Ecke, die sie als Stammplatz ausgesucht hatten. Er streichelte ihre Hand und sah sie seltsam an. Seine eingehenden Versuche, ihr heute besonders nah zu kommen, fruchteten sofort. Silvie ließ sich ein auf das, was kommen würde. Spannung breitete sich in ihr aus und sie war auf alles gefasst.
»Mehr? Wie meinst du das?«, fragte sie und sah ihn milde lächelnd an. Was würde er sie fragen wollen? Einen Heiratsantrag würde er ihr doch wohl nicht stellen, nach den wenigen Wochen? Leichte Unsicherheit stellte sich bei ihr ein. Sie beobachtete seine Mimik, als könnte sie erkennen, was er sie fragen wollte. Seine Augen blickten, als wäre bald Weihnachten und er erwartete ein wunderbares Geschenk. Er musste etwas geplant haben, sonst hätte er sich nicht so eifrig bemüht.
»Wir kennen uns schon so lange, Silvie. Ich liebe dich und ich glaube, dass auch du mich liebst. Du bist mir sehr sympathisch, und wir passen gut zueinander. Ich möchte dich aber noch besser kennenlernen, denn ich möchte ganz mit dir zusammen sein. Hast du Lust, zu mir zu ziehen?«
Sie wusste, dass sie gar nicht lange überlegen brauchte. Sie hatte es sich in ihren Träumen bereits ausgemalt, wie sie mit ihm zusammenleben würde. Am besten für immer. Joe war der Mann ihrer Träume. Nichts könnte sie daran hindern, zu ihm zu ziehen. Sie war ja nicht gebunden, hatte kein Haustier und keine Kinder. Noch nicht mal Eltern, die ihr mit Moralpredigten den Weg versperren könnten. Es gab nichts zu zögern. Diese Gelegenheit musste sie ergreifen, wenn sie glücklich werden wollte. So einem Mann würde sie sicher nie wieder begegnen. Er war das Tollste, was ihr in Sachen Männer bisher passiert war. Ihr wurde dazu noch bewusst, dass sie bald mehr Geld übrig hätte, wenn sie keine Miete mehr zahlen musste. Es war ein äußerst angenehmer Nebeneffekt.
»Wie könnte ich Nein sagen?«, entfuhr es ihr, nachdem ihr all diese Gedanken in einem Bruchteil einer Sekunde durch den Kopf geschossen waren.
»Silvie. Ich freue mich so sehr darüber, mein größter Wunsch geht in Erfüllung.« Verträumt sah er sie an und streichelte dabei ihren Handrücken. Wie romantisch. Es vibrierte leicht auf ihrer Haut. Kleine Härchen stellten sich auf ihren Unterarmen auf und sie bekam eine Gänsehaut.
»Wenn du wüsstest, wie sehr ich es mir auch gewünscht habe. Oh, wie gerne würde ich jeden Tag in deinen Armen aufwachen, für uns das Frühstück machen, abends warten, bis du von der Arbeit kommst und an der Tür stehen, bis du endlich da bist. Das müssen wir feiern.« Sie freute sich wie ein kleines Kind und ihr Herz pochte voller Stolz. Sie schien am Ziel angekommen zu sein. Nichts hatte sie sich mehr gewünscht und nun hatte er ihr ein Angebot gemacht, das genau zu ihren Zielen passte. Zu ihm ziehen, mit ihm zusammen sein … Das hieße, jeden Tag und jede Nacht heißen Sex zu haben. Innerlich spürte sie eine großartige Freude. Eine Vorfreude auf das, was passieren würde. Sie spürte, wie sie errötete und wie ihre Muschi leicht pulsierte bei dem Gedanken, dass er sie in seinem, ab jetzt gemeinsamen, Bett verführte.
»Du machst mich glücklich. Ich hatte den ganzen Tag nur darauf gewartet, dass es Abend wird und ich dich hier treffe. Und dann hatte ich schon Sorge, dir diese Frage zu stellen, weil ich dachte, du könntest mir einen Korb geben.«
Joe zahlte gentlemanlike die Drinks. Dann machten sie sich auf den Weg. An seinem Haus angekommen, holte er sie an der Hand haltend aus dem Auto. Dann zog er ein neues Schlüsselmäppchen aus der Sakkotasche und gab es ihr.