Szenen aus dem Landleben. Оноре де Бальзак. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Оноре де Бальзак
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783955014797
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bewegt. Ihnen verdank' ich diesen Genuss, mein Herr; denn Sie haben mich die Schönheiten kennen gelehrt, die ein Mensch beim Anblick eines Landes finden kann.«

      »Ja,« erwiderte lächelnd der Arzt, »Städte bauen ist mehr als Städte einnehmen!«

      »Oh, mein Herr, die Einnahme Moskaus und die Übergabe von Mantua! Aber Sie wissen ja nicht, was das heißt! Ist's nicht unser aller Ruhm? Sie sind ein braver Mann, doch Napoleon war auch ein guter Mann; ohne England hätten Sie sich gegenseitig verstanden und unser Kaiser würde nicht gestürzt sein. Wohl kann ich jetzt eingestehen, dass ich ihn liebe, er ist ja tot! ... und,« sagte der Offizier, indem er sich umsah, »es gibt keine Spione hier. Welch ein Herrscher! Er sah durch jeden hindurch. Er würde Sie in seinen Staatsrat berufen haben, weil er Verwalter war, und ein großer Verwalter dazu; er wusste sogar genau, wie viele Kartuschen nach einer Schlacht in den Patronentaschen noch vorhanden waren. Armer Mann! Während Sie mir von Ihrer Fosseuse erzählten, dacht' ich daran, dass er auf Sankt Helena gestorben ist! Hm! war das vielleicht ein Klima und eine Behausung, die einem Manne genügen konnten, der gewohnt war, die Füße im Steigbügel und den Hintern auf einem Throne zu leben? Man erzählt, er habe dort Gartenarbeit getan. Zum Teufel auch! er war nicht dazu geschaffen, Kohl zu pflanzen ... Jetzt müssen wir den Bourbons dienen, und das ohne Falsch, mein Herr, denn alles in allem, Frankreich ist Frankreich, wie Sie gestern gesagt haben.«

      Mit diesem letzten Worte stieg Genestas vom Pferde und ahmte Benassis mechanisch nach, der das seinige mit dem Zügel an einen Baum band.

      »Sollte sie nicht zu Hause sein?« sagte der Arzt, als er die Fosseuse nicht auf der Türschwelle sah.

      Sie traten ein und fanden in dem Wohnräume des Erdgeschosses niemanden vor.

      »Sie wird das Getrappel zweier Pferde gehört haben,« sagte Benassis lächelnd, »und hinaufgegangen sein, um ein Häubchen, einen Gürtel, irgendwelchen Putz anzulegen.«

      Er ließ Genestas allein und ging selber hinauf, um die Fosseuse zu holen. Der Major inspizierte das Wohnzimmer. Die Mauer war mit einer graugrundigen Tapete mit Rosenmustern beklebt und die Diele mit einer Strohmatte wie mit einem Teppich belegt. Stühle, Sessel und Tisch bestanden aus Holz, das noch mit seiner Rinde bekleidet war. Verschiedene aus Reifen und Weidengeflecht gefertigte Pflanzenkästen waren mit Blumen und Moos gefällt und schmückten das Zimmer, dessen Fenster Perkalvorhänge mit roten Fransen drapierten. Auf dem Kamin stand ein Spiegel und eine einfarbige Porzellanvase zwischen zwei Lampen; bei dem Sessel eine fichtene Fußbank. Dann auf dem Tisch zugeschnittene Leinwand, einige zusammengesteckte Achselstücke, angefangene Hemden, kurz das ganze Werkzeug einer Weißnäherin, ihr Korb, ihre Schere, Nähfaden und Nadeln. All das war sauber und frisch wie eine vom Meere an einen Strandwinkel ausgeworfene Muschel. Auf der anderen Seite des Flurs, an dessen Ende eine Treppe emporführte, bemerkte Genestas eine Küche. Der erste Stock musste wie das Erdgeschoß aus nur zwei Zimmern bestehen.

      »Haben Sie doch keine Furcht!« sagte Benassis zur Fosseuse. »Auf, kommen Sie ...«

      Als er diese Worte hörte, trat Genestas schnell wieder ins Zimmer. Ein dünnes und wohlgebautes junges Mädchen in einem Kleide mit einem vielgefälteten rosa Perkalinbrusttuch ließ sich bald, glühend vor Scham und Schüchternheit, sehen. Ihr Gesicht fiel nur durch eine gewisse Flachheit der Züge auf, die sie jenen Russen- oder Kosakengesichtern ähneln ließ, welche das Unglück von 1814 in so unseliger Weise in Frankreich populär gemacht hat. Die Fosseuse hatte tatsächlich wie die Nordländer eine an der Spitze aufgestülpte und sehr wenig vorspringende Nase. Ihr Mund war groß, ihr Kinn klein, ihre Hände und Arme waren rot, ihre Füße breit und kräftig wie die der Bäuerinnen. Obwohl sie der Wirkung des Windes, der Sonne und der frischen Luft ausgesetzt war, war ihr Teint bleich wie ein welkes Kraut, doch lenkte diese Farbe gleich beim ersten Anblick die Aufmerksamkeit auf ihre Physiognomie. Sodann hatte sie in ihren blauen Augen einen so sanften Ausdruck, in ihrer Stimme soviel Seele, in ihren Bewegungen soviel Anmut, dass trotz des offenbaren Nichtübereinstimmens ihrer Züge mit den Eigenschaften, die Benassis dem Major gegenüber gerühmt hatte, dieser das kapriziöse und kränkliche Geschöpf, das den Leiden einer in ihrer Entwicklung gehemmten Natur ausgeliefert war, in ihr erkannte. Nachdem sie schnell ein Feuer aus Torf und trocknem Gezweig angefacht hatte, setzte sich die Fosseuse in einen Sessel, nahm ein angefangenes Hemd zur Hand und blieb unter den Augen des Offiziers ein wenig schamhaft, die Augen nicht aufzuheben wagend, anscheinend ruhig; doch die schnellen Bewegungen ihres Mieders, dessen Schönheit Genestas in Erstaunen setzte, offenbarte ihre Furcht.

      »Nun, mein armes Kind, sind Sie gut vorangekommen?« fragte Benassis, die zum Hemdennähen bestimmten Leinenstücke anfassend.

      Die Fosseuse sah den Arzt mit furchtsamer und flehender Miene an.

      »Schelten Sie mich nicht, Herr,« antwortete sie, »ich hab' heute nichts daran getan, obwohl sie mir von Ihnen und für Leute, die sie sehr nötig haben, in Auftrag gegeben worden sind; doch das Wetter war so schön! Ich bin spazierengegangen, habe Champignons und weiße Trüffeln für Sie gesucht und Jacquotte gebracht. Sie ist recht zufrieden gewesen, denn Sie haben Besuch zum Essen. Ich war ganz glücklich, das erraten zu haben. Irgend etwas befahl mir, deren zu suchen.«

      Und sie fing wieder an, die Nadel zu führen.

      »Sie haben da ein sehr hübsches Haus, mein Fräulein,« sagte Genestas zu ihr.

      »Es ist nicht meins, mein Herr,« antwortete sie, den Fremden mit Augen betrachtend, die rot zu werden schienen, »es gehört Monsieur Benassis.«

      Und ihr Blick suchte wieder den Arzt.

      »Sie wissen genau, mein Kind,« sagte er, ihre Hand ergreifend, »dass man Sie niemals daraus vertreiben wird.«

      Mit einer brüsken Bewegung stand die Fosseuse auf und ging hinaus.

      »Nun,« sagte der Arzt zu dem Offizier, »wie finden Sie sie?«

      »Sie hat mich merkwürdig bewegt,« antwortete Genestas. »Ah! Hübsch haben Sie ihr ihr Nest eingerichtet!«

      »Bah, Tapete zu fünfzehn oder zwanzig Sous, doch gut ausgewählt, das ist alles. Die Möbel sind nicht wertvoll, sie sind von meinem Korbflechter hergestellt worden, der mir seine Dankbarkeit bezeigen wollte. Die Vorhänge hat die Fosseuse selber aus einigen Ellen Kaliko gemacht. Ihre Behausung, ihr so einfacher Hausrat, erscheinen Ihnen als hübsch, weil Sie ihnen an einem Bergabhange, in einem abgelegenen Winkel begegnen, wo Sie nicht darauf gefasst waren, etwas Rechtes zu finden. Das Geheimnis dieser Anmut aber beruht auf einem gewissen Einklang des Hauses mit der Natur, die da Bäche, einige schön gruppierte Bäume vereinigt und auf diesen Rasen ihre schönsten Kräuter, ihre duftenden Erdbeeren und ihre hübschen Veilchen gestreut hat ...«

      »Nun, was haben Sie?« fragte Benassis die Fosseuse, die zurückkam.

      »Nichts, nichts,« antwortete sie; »ich hab' geglaubt, eins meiner Hühner wäre nicht zurückgekommen.«

      Sie log; der Arzt allein merkte es und sagte ihr ins Ohr:

      »Sie haben geweint!«

      »Warum sagen Sie mir solche Dinge vor andern Leuten?« antwortete sie.

      »Mein Fräulein,« sagte Genestas zu ihr, »Sie tun sehr Unrecht, hier ganz allein zu bleiben; in einem so reizenden Käfig, wie dem hier, müssten Sie einen Ehemann haben.«

      »Das ist wahr,« antwortete sie, »doch was wollen Sie, mein Herr? Ich bin arm und bin schwer zu behandeln. Ich fühle mich nicht immer bei Laune, die Suppe auf die Felder zu bringen oder einen Karren zu fahren, das Unglück derer, die ich lieben würde, zu fühlen, ohne es beseitigen zu können, den ganzen Tag über Kinder auf meinen Armen zu tragen und eines Mannes Lumpen zu flicken. Der Herr Pfarrer hat mir gesagt, solche Gedanken wären wenig christlich, ich weiß das auch, doch was soll ich tun? An gewissen Tagen esse ich lieber ein Stück trockenes Brot als mir etwas zu Mittag zuzubereiten. Warum soll ich einen Mann durch meine Fehler betrüben? Er würde sich vielleicht umbringen, um meine Launen zu befriedigen, und das würde nicht billig sein. Genug, man hat mir ein übles Los geworfen und ich muss es ganz allein tragen.«

      »Überdies ist sie als Nichtstuerin geboren, meine arme Fosseuse,«