»Sehr begabt, Kindchen«, stellte Agatha Simpson fest, als Kathy Porter auf sie zukam und sie dann los-band. »Ihre Veranlagungen sind gut.«
»In der Tat«, erklärte auch Parker zufrieden, als er frei war, »ich möchte nicht versäumen, mich bei Ihnen zu bedanken.«
»Aber Mister Parker«, wehrte Kathy verlegen ab. »Das ergab sich so.«
»Lenken Sie Mister Parker nicht unnötig ab«, ließ Agatha Simpson sich vernehmen. »Ziehen Sie sich et-was über, Kindchen.«
Kathy wurde prompt rot und verließ das Zimmer. Josuah Parker befaßte sich mit den drei Gangstern und benutzte die bereits gebrauchten Stricke, um jetzt sie zu binden. Er besorgte das innerhalb weniger Minuten.
»Polizei«, rief Agatha Simpson vom Erkerfenster her und deutete nach unten auf die Straße. »Na, mit dem Trick werden sie bei mir nicht mehr landen können. Diese Ganoven können sich auf was gefaßt machen.«
*
Es läutete energisch.
Parker und Mylady gingen zur Tür.
Der Butler hatte sich mit einer Beutewaffe ausgerüstet und öffnete höflich, wobei er den schallgedämpf-ten Revolver natürlich nicht sehen ließ.
»Sie wünschen, meine Herren?« erkundigte er sich.
»Alles in Ordnung?« fragte einer der beiden Uniformierten. »Wir sind alarmiert worden.«
Bevor Parker eine dementsprechende Frage stellen konnte, weil er nun doch etwas stutzig geworden war, langte Mylady bereits mit ihrem Pompadour zu.
Kurz, dafür aber sehr nachhaltig.
Der Fragesteller ging in die Knie und war sofort außer Form. Der zweite Beamte erhielt von Mylady eine derbe Ohrfeige. Er mußte sich daraufhin gegen die Hauswand lehnen, weil seine Knie zitterten.
»Einen Moment, bitte, Mylady.«
Parker hob besorgt die Arme. »Diese beiden Herren scheinen echt zu sein.«
»Papperlapapp«, schnitt Mylady ihm das Wort ab. »Noch mal falle ich auf solche Tricks nicht herein!«
Als sie wieder zulangen wollte, war ein lautes und entsetztes »Nein« von der Straße her zu hören. Agatha Simpson nahm ihren Arm herunter und entdeckte die echte Monroe-Kopie, die auf den Eingang zulief und aufgeregt winkte.
»Was bedeutet denn das?« fragte die Detektivin irritiert.
»Miß Mandy scheint die Polizei alarmiert zu haben«, sagte der Butler ahnungsvoll. »Sie dürfte bemerkt haben, daß wir von falschen Beamten bedroht wurden.«
»Oh, wie schrecklich«, sagte Lady Simpson daraufhin und bemühte sich um die beiden Beamten, die langsam wieder zu Kräften kamen. »Helfen Sie doch, Mister Parker! Eine Stärkung für die Herren.«
Sie ließen sich gern helfen und in den Wohnraum führen. Hier setzte der Butler sie in Sesseln nieder und umsorgte sie mit Sherry und Kognak, was die beiden Männer aber strikt ablehnten.
Erst als Parker ihnen in groben Umrissen seine Geschichte erzählte und auf die beiden falschen Polizisten deutete, ging ihnen ein erstes Licht auf. Es stellte sich heraus, daß sie tatsächlich von Mandy Saxon alarmiert worden waren. Sie hatte sie abgewinkt und informiert, als sie in einer Seitenstraße hinter Agatha Simpsons Haus vorbeigefahren waren.
»Sie schreiben ’ne prima Handschrift, Lady«, sagte der erste Beamte und rieb sich diverse schmerzende Stellen.
»Ich bin eine alte Frau«, redete Agatha Simpson sich heraus.
»Selbst im Mittelgewicht hätten Sie echte Chancen«, meinte der zweite Beamte beeindruckt.
»Sie Schmeichler«, erwiderte die Detektivin. »Räumen Sie dieses Geschmeiß weg, meine Herren!«
Sie deutete auf Buckhurst und die beiden falschen Uniformierten.
»Was ist denn hier überhaupt gelaufen?« wollte der erste echte Polizist wissen. Er hatte Parkers Darstel-lung nicht verstanden.
»Ja, was ist eigentlich passiert?« Agatha Simpson wandte sich an ihren Butler.
»Ich werde darüber nachdenken«, versprach der Butler höflich. »Sie werden aber verstehen, daß ich erst mal meine Gedanken sammeln muß, meine Herren. Das alles war zuviel für einen alten, müden und relativ verbrauchten Mann, wie Sie ihn vor sich sehen. Mir scheint aber, daß hier eingebrochen werden sollte.«
Buckhurst war zu sich gekommen und sagte kein Wort.
»Oder hatten Sie etwas anderes geplant?« wandte Parker sich an den Gangster und sah ihn betont an. »Versuchter Einbruch wird schließlich erheblich geringer bestraft als zum Beispiel Erpressung.«
Buckhurst hatte verstanden und nickte Parker zu.
Daß er vor einem Richter landen würde, war ihm klar, aber er wollte wenigstens nicht wegen Erpressung und anderer Delikte bestraft werden.
»Es war also Einbruch«, erinnerte sich Parker jetzt deutlicher. »Das Familiensilber von Mylady scheint auf gewisse Menschen eine geradezu magnetische Anziehungskraft auszuüben.«
Die beiden echten Beamten hörten überhaupt nicht zu.
Sie starrten Kathy Porter an, die den Wohnraum betrat. Um Parker nicht abzulenken, hatte sie sich wei-sungsgemäß etwas übergestreift, nämlich einen sehr leichten, weich fließenden Frisiermantel, der ihre Linien noch zusätzlich betonte.
»Sie haben Zeit, sich Einzelheiten auszudenken«, flüsterte Lady Simpson ihrem Butler zu. »Vorerst dürf-ten die beiden Gockel nicht ansprechbar sein.«
ENDE
»Sie sind ein Flegel!« stellte Lady Agatha Simpson grollend fest und langte gleichzeitig sehr herzhaft mit ihrem Pompadour zu.
Der kräftige, breitschultrige Mann, etwa fünfundzwanzig Jahre alt, hatte sie eben gnadenlos zur Seite ge-drängt und ihr dabei ein kleines Paket aus der Hand geschlagen.
Dafür hatte Mylady sich revanchiert.
Der »Glücksbringer« im perlenbestickten Handbeutel enthielt ein leicht überschweres Hufeisen, das mal für ein stämmiges Brauereipferd gedacht war. Entsprechend war die Wirkung.
Der breitschultrige Mann war bereits in die Knie gegangen und hielt sich mit letzter Kraft an der Stange jenes Baldachins fest, der den Weg vom Hoteleingang bis zum Straßenrand überspannte. Seine Augen waren verglast. Er stierte auf die kriegerische ältere Dame, die ihn bereits vergessen zu haben schien. Sie nickte ih-rer Begleiterin zu, die sich um das zu Boden gefallene Paket kümmerte, es aufhob und der passionierten De-tektivin reichte. »Natürlich in Scherben, wie?« fragte Agatha Simpson verärgert.
»Ich fürchte, ja, Mylady«, erwiderte die attraktive junge Dame, die nur wenig über zwanzig sein mochte.
»Lümmel!« Lady Agatha Simpson marschierte auf äußerst stämmigen Beinen auf den jungen Mann zu, der schutzsuchend seinen linken Unterarm vors Gesicht hob. Er zog sich jetzt hoch, baute sich auf und schüt-telte benommen den Kopf. Dazu massierte er mechanisch seine linke Kinnlade, die von Myladys Glücks-bringer voll getroffen worden war.
»Sie werden mir Ersatz leisten«, stellte Agatha Simpson fest, worauf der kräftige junge Mann mit dem etwas dümmlichen Gesicht sich hilfesuchend nach dem Rolls-Royce umsah, der am Straßenrand parkte. Er wußte offensichtlich nicht, wie er sich verhalten sollte.
Vor dem Rolls-Royce stand ein zweiter Mann, fast eine Zwillingsausgabe des ersten. Das