Im Nachkriegsamerika verknüpfte sich die Furcht vor Momism mit anderen Ängsten, etwa vor dem Kommunismus oder der Demokratisierung der Kultur. Wie der Pseudo-Freudianismus, von dem er letzten Endes abstammt, drang auch der Anti-Momism in die Popkultur selbst vor: als Möglichkeit, jemandem für den ausdruckslosen Konformismus im Amerika der 1950er die Schuld zu geben. Frauen und Mütter galten als die Verwalterinnen der Häuslichkeit (statt als das, was deutlich näher liegen würde, nämlich als ihre größten Opfer), die ihre Ehemänner dem 9 to 5-Regime des Broterwerbs als Sklaven überlassen. Mütter waren demnach auch schuld an der Kriminalität, weil sie ihre Söhne schlecht erzogen, indem sie diese mit ihrer Liebe überschütteten. In dieser seltsamen Doppelmoral wurden Frauen gleichzeitig als Architektinnen des konventionellen Lebens – mit all seinen Einschränkungen und Fesseln für die männliche Ungezähmtheit – und als die sichtbarsten Opfer desselben betrachtet: zugleich Kastrierende und Kastrierte.
Diese pseudo-freudianische Analyse zog sich durch die Massenkultur der 1950er/60er, durch Filme wie Wie bringt man seine Frau um? oder Psycho – Norman Bates ermordet seine Mutter, weil er die nahezu inzestuöse Intimität zwischen den beiden durch ihre geplante Wiederverheiratung gefährdet sieht und verinnerlicht dann ihre Persönlichkeit aus Schuldgefühlen. Wann immer Norman eine Frau attraktiv findet, ist diese Phantom-Mutter genauso eifersüchtig und zwingt ihn, ihre Rivalin aus dem Weg zu räumen. Mehr Bezug zu Rock ’n’ Roll hat der ungezügelte Anti-Momism von … denn sie wissen nicht, was sie tun. Gleich zu Beginn macht der Film in einer Szene, in der der betrunkene, undisziplinierte James Dean einem verständnisvollen Polizisten sein Herz ausschüttet, klar, dass die Verfehlungen des Teenagers seine dominante Mutter und seinen schwachen Vater zur Ursache haben. Sein Zuhause beherbergt sogar zwei kastrierende Mütter, denn seine Großmutter mütterlicherseits lebt ebenfalls mit im Haushalt. Und so jammert Dean: »They eat [Dad] alive … they make mush out of him, just mush«, und er fügt hinzu: »If he had the guts to knock Mum cold once, then she’d be happy and stop picking on him.« Das Leiden seines Charakters liegt in der Abwesenheit eines starken väterlichen/männlichen Prinzips begründet, mit dem er sich identifizieren könnte. Ohne dieses ist er der monströsen Herrschaft der Frauen schutzlos ausgeliefert.
John Osbornes Blick zurück im Zorn spielte für eine Generation unzufriedener Jugendlicher in Großbritannien eine ähnliche Rolle wie … denn sie wissen nicht, was sie tun in den USA. Oberflächlich betrachtet liest sich das Theaterstück als beißende Antwort auf den Niedergang Großbritanniens nach dem Ende des Empires, auf die Schwerfälligkeit der 1950er, als sich die Hoffnungen auf einen Wiederaufbau, die während des Zweiten Weltkriegs geweckt wurden, als leer entpuppten und die konservative Regierung versuchte, eine glanzlose Version der gesellschaftlichen Ordnung vor dem Krieg zusammenzuflicken. So zumindest wurde das Stück sowohl von der Fan- als auch der Gegenseite aufgefasst. Doch der psychosexuelle Subtext von Blick zurück im Zorn ist dem von … denn sie wissen nicht, was sie tun sehr ähnlich: die Absenz eines starken patriarchalen Prinzips zur Identifikation, das Leid junger Männer in einer herrenlosen Welt voller impotenter Väter, und über allem thront eine bösartige Furcht und Abscheu vor Frauen, den Repräsentantinnen einer alles durchziehenden Mittelmäßigkeit.
Jimmy Porter, der Antiheld des Stückes, verlor als Kind seinen Vater.2 Seine aggressiven Monologe richten sich an Alison, seine teilnahmslose Ehefrau aus der Oberschicht, die stoisch hinter ihrem Bügelbrett kauert. Jimmy mag jedoch Alisons Vater, ein Relikt aus der glanzvollen Zeit des britischen Empires, für den es, wie für den Sozialisten Jimmy, keinen Platz in der Nachkriegsgesellschaft gibt. Alisons Mutter hingegen ist eine furchterregende Matrone, eine bedrohliche Inkarnation von sozialem Elitismus, kleinkariertem Materialismus und prüder Anständigkeit. Alison und ihre Mutter verschmelzen zu einer geisterhaften Bedrohung für Jimmys Männlichkeit. In einer der bemerkenswertesten Passagen des Stückes stellt sich Jimmy vor, in Alisons Schoß gesogen zu werden: »Ich, lebendig da drin begraben, […] erstickt […]. Sie wird weiter schlafen und schlingen, bis nichts mehr von mir übrig ist.«
Porter leidet unter seiner Demobilisierung. Er träumt von einer »glühenden Energie in Geist und Gemüt«, wird aber von der Klaustrophobie Englands im Kalten Krieg erdrückt. Jimmy Porters Dilemma liegt darin, dass seine Männlichkeit keinen Ausdruck findet und sein Heldentum keinen Geltungsbereich: Er ist ein wortwörtlicher Rebell ohne (politischen) Grund.3 Jegliche Energie, die durch den Krieg mobilisiert worden war, ist abgeklungen, der Idealismus der Nachkriegszeit (inklusive seines massiven Linksrucks) ins Stocken geraten. Porters Wut hat kein Ziel. Seine Heirat mit Alison – gegen den ausdrücklichen Widerstand ihrer Familie – war ein letztes Aufbegehren, eine Art Guerilla-Attacke gegen den Versuch der Oberschicht, an der Macht zu bleiben. Doch sein Sieg ist bedeutungslos: Er steckt fest in einem ärmlichen, häuslichen Leben und alles, was er tun kann, ist, in seinem eigenen Zorn zu versauern. Indem er seine Frau schlecht behandelt, bewahrt er sich ein letztes Terrain für seinen Klassenkrieg und kann sich fühlen wie ein Mann.
Der Rebellen-Diskurs der 1950er wird von der Figur der Matriarchin als Cheforganisatorin von Konformismus und Mittelmäßigkeit heimgesucht. Der Dichter Ted Hughes beschrieb die literarische Tradition des englischen Mainstreams als »erstickenden mütterlichen Oktopus«. Alice Jardine hat eine Tradition des literarischen Muttermordes in den Werken amerikanischer Autoren des 20. Jahrhunderts ausgemacht: Bei Autoren wie Norman Mailer, Henry Miller und William S. Burroughs stellt die Mutter »nahezu immer eine bösartige, grausame, chaotische, unkontrollierbare, essenziell monströse phallische Macht« dar. Ganz besonders in Burroughs’ fiktiven Werken, fügt Robin Lydenberg hinzu, sei die Mutter, gemessen an konventionellen Vorstellungen von Geschlechtsunterschieden und Familienstruktur, ein notwendiges Werkzeug innerhalb eines größeren Systems patriarchaler Macht, das versucht, das Individuum von Anbeginn seines Lebens zu dominieren.
Die Rockmusik der 1960er gründete auf genau dieser Gegenüberstellung von rebellischer Männlichkeit und der Frau als Inkarnation des Konformismus. Rebellische Frauen fanden sich in einer Zwickmühle wieder. So schreibt Ellen Willis in einem Essay über Bob Dylan: »Damals habe ich die Vorstellung, dass Frauen die Hüterinnen unterdrückerischer konventioneller Werte seien, nicht hinterfragt: Ich hielt mich einfach für eine Ausnahme. Ich war nicht besitzergreifend. Ich konnte das Verlangen der Männer nachvollziehen, unterwegs zu sein, denn spirituell gesprochen war ich selbst unterwegs. Das war zumindest meine Fantasie. Meine Lebenswirklichkeit war nicht so eindeutig.«
Jack Kerouacs Unterwegs (1957), wohl der grundlegende Text der Rockrebellion, dreht sich um eine sehr genderspezifische Reise mit dem Ziel der Selbstfindung. Es geht um zwei junge, auf Neal Cassady und Kerouac selbst basierende Männer, Dean Moriarty und Sal Paradise, die zu einer spirituellen Odyssee aufbrechen, und obwohl sie auf weibliche Unterstützung und Finanzierung angewiesen sind, werden Frauen textlich marginalisiert. Es sind Frauen (allen voran Sals Tante), die ihre Reisen kontinuierlich subventionieren. Auf einer ihrer Spritztouren nehmen sie einen Anhalter mit, der verspricht, sich Geld von seiner Tante zu leihen, um sich finanziell bei ihnen zu revanchieren. »Ja!«, ruft Moriarty freudig. »Wir alle haben Tanten.« Dann wäre da noch die lange Reihe leidgeprüfter Freundinnen wie Galatea, deren Erspartes für eines der Abenteuer draufgeht. Als ihr das Geld jedoch ausgeht, wird sie von der Gruppe ausgeschlossen. Frauen kommen in Unterwegs kaum zu Wort, sie bleiben im Hintergrund: bereiten Mahlzeiten vor, nähen Socken, hören aufmerksam zu und werden für gewöhnlich nur dann indirekt zitiert (anstelle einer direkten Wiedergabe ihrer Worte), wenn sie protestieren oder rummeckern.
Die Beatniks kombinierten diese arrogante Attitüde gegenüber der Frauenwelt