Klappentext
Catherine Dunbar liebt den Wald und alles, was darin ist. Kein Wunder, schließlich ist ja ihr Vater Russell auch Forest Ranger in Butte, Silver Bow County, Montana; und sie will auch mal einer werden. Gemeinsam wollen sie eine alte Forsthütte wieder aufbauen, als Attraktion für Touristen. Und während der Rückfahrt von eben dieser Hütte findet Catherine dann mitten im Wald etwas, wonach sie gar nicht gesucht hatte.
Also nicht wirklich »Etwas«.
Jemanden.
Impressum
Schneemond
Eine LGTB-Geschichte
in 10 Kapiteln
von
Vivian Schey
©2018
Mathias Kronemanns V-Ltier Verlag
Adolf-Tegtmeier-Allee 12
99438 Bad Berka, Deutschland
Zweite, überarbeitete Auflage
Alle Rechte vorbehalten
Verlag: [email protected]
Autor: [email protected]
Wir vom V-Ltier Verlag betrachten dieses Buch als
FÜR KINDER UND JUGENDLICHE UNTER SECHZEHN (16) JAHREN NICHT GEEIGNET
Da es aber für Bücher keine FSK gibt, darfst Du selbst entscheiden.
Für Eltern
Ich danke Ihnen von ganzem Herzen, dass Sie Ihrem Kind die Erfahrung ermöglichen wollen, dieses mein Buch lesen zu dürfen. Und jetzt: geben Sie es ihm. Dem Kind. Denn schließlich habe ich es nicht für Sie geschrieben, nicht wahr? Dann könnte dieser Bereich entfallen und die Geschichte ginge gleich los. Geht sie aber nicht. Ätsch! Denn dieses Buch ist, wie jedes andere von mir auch und oben schon erwähnt, nicht für Erwachsene gedacht. Sondern für Teenager. Im Besonderen für Mädchen. Ganz spezielle Mädchen. Deswegen sollten Sie dieses Buch auch nur dann verschenken, wenn Sie explizit darum gebeten wurden. Der Inhalt ist nicht für jeden was, das könnte ganz schnell in die Hose gehen und dann geben Sie mir die Schuld. Die trage ich aber nicht. Also erst gut nachdenken und dann kaufen. Falls Sie dieses Buch aber durch Zufall beim Aufräumen oder so gefunden haben und einfach mal nachsehen wollten, was Ihr Kind da liest, dann gilt folgendes: Nehmen Sie gefälligst Ihre neugierige Nase hier raus! Was soll denn das!? Es ist nicht Ihr Buch, verdammt! Legen Sie es ganz schnell wieder dahin, wo Sie es herhaben und dann hinaus mit Ihnen! Darf doch nicht wahr sein …
Checkliste
Willkommen in Deinem Zimmer! Oder wo auch immer Du dies liest. Bevor Du anfängst, hier noch ein paar Sachen, die Du vielleicht brauchst oder tun solltest:
• Eine Flasche Wasser gegen Durst.
• Einen Schokoriegel für Hungerattacken.
• EINEN, leg den anderen zurück!
• Den Bruder aus dem Zimmer jagen.
• Zwei Kissen nehmen, ist bequemer.
• Taschentücher nicht vergessen!
• Nochmal aufs Klo gehen.
• Für ausreichend Licht zum Lesen sorgen!
• Tür zu.
Gut, das wärs soweit. Dann mal los!
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Vorweg
Es ist Weihnachtstag, die Sonne fängt an, in mein Zimmer zu scheinen. Also ist es fast schon Mittag, doch aufstehen mag ich nicht. Ich will die Augen nicht aufmachen, zu schön ist der Moment. Dieses warme, weiche Gefühl an meinem Rücken, meine mich an der Nase kitzelnden Haare, von sachten Atemzügen bewegt, der regelmäßige Puls von der mich umarmenden Hand an meinem Bauch — schöner kann ein Erwachen kaum sein. Dann tue ich es doch, nur einen winzigen Spalt öffne ich meine Lider. Mein Blick fällt in den Spiegel neben meinem Bett, in den mich bemerkenden, von dunkelbraunen, fast schwarzen Haaren umrahmten, brunnentiefen, grünen Augen verliere ich mich. Die Hand umfasst mich etwas mehr, zieht mich an den runden Bauch in meinem Rücken. Ein gehauchtes Wort erreicht mein Ohr: »Hey.« Meine Augen gehen wieder zu, meine Hand wandert zu dem Arm, drückt ihn und das schönste Mädchen der Welt fest an mich: »Hi.« Gänsehaut überzieht meinen ganzen Körper, als sie mich zärtlich auf die Schulter küsst. Während mein Kopf wie automatisch leicht nach vorn rutscht und meinen Nacken preisgibt, erscheinen in meinem Kopf aus dem Nichts die letzten Tage wieder: so schlimm, so schön …
Kapitel EINS
Es fing ganz so an, wie heute: in einem Bett. Nur war ich allein, putzmunter und konnte es kaum erwarten, aufstehen zu können. Auch war es nicht mein Bett. Leider. Gut, es war für mich gedacht und sonst schlief auch niemand anderes darin. Aber es war eben nicht meines, das ist schon ein Unterschied. Gebannt lag ich da und starrte auf die blinkenden Punkte des alten Radioweckers, jede Sekunde zählte ich mit. Denn je mehr davon vergingen, desto eher konnte ich hier weg. Es war der letzte Tag meines Besuchs bei meiner Mutter, der letzte Tag in Idaho Falls.
Dreizehn hatte ich schon hinter mich gebracht, anders kann ich es einfach nicht nennen. Denn gern bin ich nicht hier. Ich muss, das Gericht hat es nach der Scheidung so bestimmt: vierzehn Tage innerhalb von einem Vierteljahr inklusive An- und Abreise. Ich konnte nur den Menschen danken, die die Uhr und den Kalender erfunden hatten, denn so konnte ich mich wenigstens auf etwas freuen. Denn hier gab es für mich nichts Erfreuliches. Gar nichts. Im Haus nicht, auf der Straße nicht und in der ab-und-zu-Highschool erst recht nicht. Niemand mochte mich hier. Nicht einmal Mom. Aus einem einfachen Grund: ich bin anders als die anderen. Nein, es ist nicht mein Äußeres. Das geht so. Denke ich. Ich bin ganz gut in Form. Soll heißen: Ich würde eine Form gut ausfüllen. Na ja, wenigstens klappere ich nicht darin herum. Ich bin eben ein wenig mehr. Gott sei Dank rundum. Ist auch nicht so, als würde da irgendwas schwabbeln oder so, alles hübsch fest. Okay, ich gebs ja zu: einen Bikini sollte ich nicht tragen. Und wenn, dann sollte ich das Höschen mit Bermudas ersetzen. Körbchen wären dass am Oberteil übrigens auch nicht, eher Strandmuscheln. Also lieber Badeanzug. Im Grunde ist es ja auch egal, Kerle brauche ich damit sowieso nicht zu bezirzen. Die gehen mir immer aus dem Weg. Kein Wunder, mit 6 Fuß und anderthalb Zoll — oder 186 cm, falls Dir das lieber ist — bin ich schließlich auch ganz gut sichtbar. Es liegt aber dann doch eher daran, dass ich lesbisch bin.
Zu Hause wissen es alle, hier auch. Zu Hause interessiert es niemanden, hier ist es ein Fluch. Jeder Nachbar bedauerte meine Mutter, ständig wurde ich halb strafend und halb mitleidig begafft, wenn ich aus dem Haus ging. Sogar im Schulbus hatte ich eine ganze Bank für mich allein …
Ich versuchte, nicht zu flennen, blickte zum Wecker und endlich schlugen die Zahlen auf 09:00 um! Kaum hatte ich die Bettdecke auch nur ein wenig angehoben, wummerte Mom schon gegen die Tür: »Morgen!!« Wie jeden Tag zuckte ich erschrocken zusammen, sie konnte es einfach nicht lassen! Normal anklopfen kannte sie noch nie, immer viermal mit der Faust gegen die Tür. Zum Glück fasste ich mich wieder und gab: »Bin munter!«, zurück. So begann hier mein Tag. Jeder Tag. Auch mein Letzter. Im Badezimmer ging ich erstmal aufs Klo und dann schwang ich mich unter die Dusche, lang und heiß. Danach musste ich erstmal den Spiegel abwischen, schon kam die Erinnerung wieder in mir hoch: so richtig Mutter war meine Mom eigentlich nie. Es war nicht nur das Anklopfen, da war viel mehr. Ich war ganz offensichtlich nie das Kind, das sie haben wollte. Ich war immer nur ein Ausstellungs- oder Möbelstück, je nachdem, wofür ich gerade gebraucht wurde. Oder eben nicht. Dad war da ganz anders. Na ja, mal abgesehen davon, dass er gar nicht mein Vater war. Russell hatte mich adoptiert, da war ich erst so groß. Ach ja, ist ein Buch. Na ich war gerade zwei, also ging mir ungefähr bis kurz über die Knie oder so. Er war der tollste Dad, den ich mir vorstellen konnte, in der Schule wurde ich regelmäßig beneidet!