Die Führer entfernten sich.
Als die Mitternacht gekommen war, standen die Männer an dem Herzogstuhle. Es waren mehr als not tat. Diepold las sie aus, erklärte ihnen die Sache, und sagte: »Unser Wort heißt: Wladislaw, und das Wort zur Umkehr heißt: Gertrud.«
Hierauf gingen sie gegen das Tor, gefolgt von einem Häuflein Reiter, das Jurik führte. Das Tor öffnete sich. Außerhalb desselben stellte Diepold das Häuflein Reiter auf. Dann ging er mit den Männern gegen die Wiese. Auf derselben gingen sie gegen den Sumpf, und dann auf dem festen Wege in den Sumpf hinein. Der Mann, welcher die Ruten gesteckt hatte, ging als Führer zwischen zwei Kriegern mit. Sie kamen auf dem Wege bis an das Lager. Dort war eine Umzäunung von Pflöcken, die in die Erde getrieben waren. Diepold hieß mit Brechstangen Pflöcke ausheben. Die Werkleute schritten daran. Da lehnte der Schmied von Plan seine Keule seitwärts, faßte einen Pflock mit seinen Händen, und zog ihn heraus, dann einen zweiten, dann einen dritten, und so fort. Als er zwanzig ausgezogen hatte, sagte Diepold, es sei genug, ließ einen Pflock über der Umzäunung als Zeichen erhöhen, und führte seine Männer durch die Lücke ein. Nach einer Weile fanden sie drei Männer, die im Grase standen, und von denen sie nicht erkannt wurden, sie nahmen dieselben mit. Bald gelangten sie zu Lichtern. Da scholl ihnen entgegen: »Konrad.«
Sie riefen: »Wladislaw«, und rannten gegen die Feinde.
Da standen Wachen, sie wurden niedergeworfen. Dann standen wieder solche, sie wurden wieder niedergeworfen. Dann kamen sie zu Gezelten, und wenn Männer aus denselben eilten, oder von der Erde empor sprangen, wurden sie gestürzt, oder weiter getrieben. Ein Schreien erhob sich, und pflanzte sich in das Lager hinein fort. Diepold verbot, etwas anzuzünden, daß seine Schar von dem Scheine nicht erhellt werde. Der Fliehenden wurden immer mehr, und wenn einige Haufen sich widersetzten, wurden manche aus ihnen niedergestreckt, und die andern zurückgedrängt. Diepold war stets hinter ihnen, und schlug sie, und es durfte zwischen den Fliehenden und den Verfolgern kein Raum entstehen. So drang er in das Wirrsal der Feinde, wie eine Meereswoge gegen den kiesreichen Strand dringt, und alles mitnimmt.
Da wurde in dem Lager ein Lichtschein in gerader Richtung. An dem Scheine bewegten sich Lichter hin und wider, und glänzten Waffen. Die Feinde hatten eine Reihe gebildet.
»Gertrud«, rief nun Diepold.
»Gertrud«, riefen die Männer sich zu.
Und sie wendeten sich, und rannten gegen die Umzäunung zurück.
Sie hörten hinter sich Kriegsruf und das Dröhnen von Schritten.
Da kamen sie an ihre Öffnung, warfen den erhöhten Pflock herab, und drangen hinaus. Sie gingen auf ihrem festen Wege in langer Zeile dahin. Bald hörten sie hinter sich ein Geschrei, wie wenn jemand von Entsetzen ergriffen wird, dann hörten sie Rufe der Weisungen und Mahnungen, und dann, wie sie immer weiter vorschritten, hörten sie nichts mehr. Da sie an dem Rande der Wiese ankamen, schollen zu ihrer Rechten Hufschläge, und an dem Tore fanden sie feindliche Reiter mit den Reitern Juriks im Kampfe. Sie griffen von hinten an, die Feinde, an den zwei Enden gedrängt, verwirrten sich, suchten seitwärts zu entkommen, und litten Schaden, da die einen den Hang empor ritten und überschlugen, die andern den Hang hinunter ritten, und stürzten. Diepold und Jurik verfolgten sie, wie es möglich war, dann kehrten sie um, und gönnten ihren Kriegern die Ruhe des Teiles der Nacht.
Als der Morgen des nächsten Tages angebrochen war, sahen sie die Feinde in ihrem Lager an der Wiese eifrig arbeiten. Bald sonderte sich ein Haufen Krieger ab, und ging in Schiffen über die Moldau in den rechten Burgflecken. Ihm folgten noch andere. Dann erhob sich Rauch an verschiedenen Stellen des Burgfleckens, und Häuser brannten, und das Feuer wurde immer größer, und die Einwohner bestrebten sich, zu löschen.
Die Männer auf den Mauern schrien: »Die Tiere, die Scheusale, die Wölfe, wenn wir einen fangen, sollen wir ihn töten, und keiner, wenn Tausende in unsere Hände kommen, soll das Leben behalten.«
Leute aus der Stadt rannten herzu, und riefen: »Diepold, lasse uns hinaus gehen, und sie morden, vernichten, vertilgen, und wenn es auch unser und aller deiner Krieger Tod wäre.«
»Wir werden hinaus gehen, wie wir in der heutigen Nacht hinaus gegangen sind«, sagte Diepold.
Die Herzogin ritt herzu. Sie war im Waffenkleide, ihr goldenes Haar deckte ein glänzender Helm, und in der Hand hatte sie ein gezogenes Schwert. Hinter ihr ritten mehrere Herren des Hofes und andere Männer. Alle waren bewaffnet. Neben ihr ritt Dimut in ihrem gewöhnlichen Waffenkleide.
»Diepold«, rief die Herzogin, »ich bringe Krieger, und werde noch mehrere bringen, ich will eingereiht sein unter die Verteidiger der Stadt.«
»Hohe Herzogin«, sagte Diepold, »es geschehe nach deinem Sinne.«
Nun kamen auch Männer und Jünglinge der Stadt, und verlangten unter die Verteidiger aufgenommen zu werden.
Diepold sagte es zu, und wies sie an Plätze zur Einteilung.
Erst gegen den Abend sänftigte sich das Feuer, und in der Nacht wurde ihm Einhalt getan.
Am vierten Tage darnach kamen die Feinde wieder gegen die Mauern. Sie waren um viele mehr als das erste Mal, und führten eine große Zahl von Wagen mit sich, auf denen Erkletterungsgeräte, Leitern, Schilde, Bergen, Dinge, um den Boden zu erhöhen, und anderes waren. Eine größere Menge von Bogenschützen war aufgestellt, eine größere Menge von Männern rannte gegen die Mauern, und sie suchten mit größerer Heftigkeit und größerer Eifrigkeit empor zu dringen. Aber die Verteidiger waren auch schneller und unermüdlicher, in dichter Menge stürzten die Abwehren hinunter, in ununterbrochener Reihe flogen die Geschosse hinaus, und wenn man die Krieger wechseln wollte, ließen sie es nicht zu. Aus der Stadt rannten Menschen herbei, und trugen in ihren Händen oder in ihren Kleidern Steine, Ziegel, Eisen, Blei, daß es auf die Feinde geworfen würde, wenn etwa der Vorrat der Krieger nicht ausreichen sollte. Die Herzogin war mit ihrer Schar auf den Zinnen, und eines Augenblickes ritt sie auch zu allen Kriegern. Ihre Augen waren glänzender und ihre Wangen röter als sonst. Dimut folgte ihr, und auch ihre Augen waren glänzender und ihre Wangen röter. Sie kam zu Jurik, der die Seinigen befehligte, sie kam zu Chotimir, der unter seinen Männern war. Sie grüßte und wurde gegrüßt. Sie kam zu Diwiš, der seine Balkengerüste ordnete. Er grüßte sie ernst. Sie kam zu Lubomir, der unter seinen Zupenleuten stand, und dicke Bolzen versendete. Er neigte sich ehrerbietig. Sie kam zu Bolemil. Er saß neben der großen Schleuder, und befehligte. Seine Haube war ihm entfallen, und seine weißen Haare glänzten in der Luft. Er neigte sein Haupt vor der Herzogin, und fuhr fort zu befehlen. Sie kam zu dem Bischofe, der seine Männer leitete. Sie kam zu Milota. Sie kam zu den Waldleuten. Rowno trat einen Augenblick vor, zu grüßen. Die Männer des Waldes warfen Dinge gegen die Feinde, von denen man glaubt, daß sie von Menschenhänden nicht zu bewältigen sein könnten. Sie kam zu dem jungen Ben, zu Zdeslaw, Casta, und den weitern. Die Feinde mußten von ihrem Beginnen ablassen, Diepold verfolgte sie mit großen Scharen, und tötete viele, und ein Wehegeschrei und ein Geschrei des Zornes war unter den Verfolgten und Verfolgern.
Nun begannen die Feinde andere Arbeiten in ihrem Lager. Sie machten Wälle, Bollwerke und Gräben gegen die Stadt, als wollten sie gegen die Veste eine zweite Veste errichten. Sie bauten Bergen aus Balken und Bäumen, und arbeiteten hinter den Bergen. Und wenn ein Werk aus Erde fertig war, so schoben sie die Bergen näher gegen die Stadt, und vergrößerten das Werk. Sie gruben auch Gräben mit Wällen, um sich in den Gräben der Stadt zu nähern.
Diepold ließ seine Mauern verbessern. Die Männer mauerten an schwachen Stellen eine zweite Mauer hinter der ersten, Verbalkungen, Bergen, Schutzwerke und neue Schleuderwerke wurden erbaut, und die Zimmerer, Schmiede,