Die wichtigsten Werke von Adalbert Stifter. Adalbert Stifter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Adalbert Stifter
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027237647
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Bischof Zdik sagte: »Es rede Bolemil.«

      »Bolemil rede«, riefen mehrere Stimmen.

      Es wurde stille, Bolemil neigte das Haupt mit den weißen Haaren, und sagte nichts. Nach einer Weile erhob er es, sah den Herzog an, und sprach: »Es ist genug.«

      »Es ist genug«, riefen die Stimmen um den Herzog.

      »Hebe dich hinweg, Nacerat«, sagte der Herzog, »doch halt. Wenn du nicht auf dem höchsten Baume hängst, so dankst du es meinem Wunsche, Blutvergießen zu vermeiden, weshalb ich die Unterhandlung zuließ. Dein Geschick wird dich ereilen. Meinst du, durch die Wahl allein wird der Herzog? Mich hat auch Sobeslaw anerkannt. Du bist nie an der Spitze eines Volkes gestanden, das dir traut, das sein Wohl in deine Hände legt, und dem dein Gewissen entgegen schlägt, du weißt daher nicht, was in das Herz kömmt, wenn man diese Pflicht übernimmt. Du kennst nur dein Gelüste und die Macht, die du gegen das Volk ausüben möchtest. Du bist nicht das Land, Nacerat, und wenn ich jetzt, um das Blut zu schonen, das fließen wird, nachgäbe, so hättet ihr, die ihr Herzoge macht, den Erfolg für euch, der Fürstenstuhl würde in eurer Hand ein Spielzeug, mit dem ihr handeltet, und das Land würde in unabsehliche Verwirrung und Blutvergießung gestürzt werden. Ja, ich will das Land schützen und schirmen, wie ich es geschworen habe, aber gegen euch und euren Übermut. Und wenn mein Vorgänger der ehrwürdige Sobeslaw euren Willen nicht tat, und wenn dessen Vorgänger mein gütiger und milder Vater euren Willen nicht tat, und wenn ich bisher deinen Willen nicht tat, Nacerat, so werde ich diesen Willen und den Willen derer, die gegen mich in den Waffen stehen, jetzt noch weniger tun. Ihr habt die Zeit gewählt, in welcher der Markgraf Leopold von Österreich tot und sein Bruder Heinrich in die neuen Wirrsale mit Bayern verwickelt ist; aber wenn mir der allmächtige Gott das Leben schenkt, so werde ich die Mittel gegen euch erstreben, bis ich den letzten Zug meines Atems getan habe, und auf euren Seelen liegt das Elend, das entstehen wird. Jetzt gehe.«

      »Möge immer Segen und Heil auf deinem Haupte ruhen, erlauchter Herr«, entgegnete Nacerat, »ich verabschiede mich, und gehe zu dem Herzoge.«

      Nacerat erhob sich bei diesen Worten von seinem Sitze, neigte sich in seinem rotsammetnen Kleide vor dem Herzoge, und wendete sich zum Gehen. Die um ihn waren, wendeten sich gleichfalls, setzten wie er ihre Hauben, die sie zum Abschiedsgruße gelüftet hatten, wieder auf das Haupt, gingen zu ihren Pferden, bestiegen sie, vereinigten sich mit ihrer Begleiterschar, und ritten mit dieser davon.

      »Jetzt rüstet die Schlacht«, riefen zahlreiche Stimmen um den Herzog.

      »Es ist noch nicht genug«, sagte der Herzog, »Otto, Bischof von Prag, tritt her zu mir, Daniel, du Priester des Herrn, und tretet hervor Chotimir, Jurik, Nemoy und Ctibor, besteigt schnelle Rosse, nehmt die hundert Reiter meiner Gezelte zur Begleitung, und reitet in Hast mit dem Friedensfähnlein zu Konrad von Znaim und den andern Fürsten des Stammes Premysl. Wir wissen nicht, ob Nacerat ihnen das Rechte von uns sagen wird, und ob er uns das Rechte von ihnen gesagt hat, ihr aber sprecht: Wladislaw der Herzog von Böhmen und Mähren verzeiht jedem Menschen, der an diesem Tage gegen ihn in den Waffen steht, er läßt einem jeden Ämter Würden Besitzungen Rechte, die er hat, und es soll alles sein, wie es zuvor gewesen ist, wenn die Waffen niedergelegt werden, und man zu seiner Pflicht zurückkehrt. Der Herzog tut dieses darum, daß nicht Menschen, welche dieselbe Sprache reden, dieselben Kleider haben, dieselben Fluren bewohnen, dieselben Voreltern zählen, dieselben Gesichtszüge tragen, sich zerfleischen. Ist aber einmal das Blut unseres Landes geflossen, dann muß es gesühnt werden, und die Strafe muß folgen, so hart sie verdient wird. Zu Otto von Olmütz aber sagt: Der Herzog Wladislaw hat dir, den er aus der Verbannung durch eigene Boten zurückgeholt hat, das Herzogtum Olmütz gegeben: was kann dir zu Teil werden, Otto, wenn du betest, daß dir gemessen werde, wie du andern gemessen hast? Wenn ihr gesprochen habt, erwartet die Antwort. Unterwerfen sie sich, so reitet mit gehobenen Friedensfähnlein in dieses Lager; verweigern sie es, so senket die Fähnlein, daß wir es von weitem sehen, und uns richten können.«

      »Wir werden deine Sendung vollbringen, hoher Herr«, sagte der Bischof von Prag.

      Dann entfernten sich die Männer, um ihren Weg anzutreten.

      Im späten Nachmittage kamen sie mit gesenkten Fähnlein.

      Als sie vor dem Herzoge standen, sagte Otto der Bischof von Prag: »Hoher Herr, sie haben deinen Antrag verworfen, und verlangen, daß du kommest, und Konrad huldigest.«

      Chotimir warf sein Friedensfähnlein von dem Pferde in das Gras, und sagte: »Daniel hat zu ihnen Worte gesprochen, wie die Priester aus den heiligen Büchern; aber es war vergebens, und sie mögen in die Hölle fahren, die Hunde.«

      »Es ist genug«, sagte der Herzog, »kommt zum Rate über die Schlacht.«

      Sie setzten sich nun vor dem verbrannten Hofe zum Rate.

      Als er geendet war, sagte der Herzog: »So sei also die Ordnung, wie wir beschlossen haben. Nun esse jeder, und bete, und ruhe unter dem Zelte, wenn er ein Zelt hat, auf der Decke, wenn er eine Decke hat, und auf dem Grase, wenn ihm Gras hinreicht. Und ehe der Morgenhimmel sich grau färbt, werden die Zelte und die Wagen und die Geräte hinter uns gebracht, und wir stehen da. Und sobald unsere Späher sich auf uns zurückziehen, und wir die Banner der Gegner vor uns sehen, dann beginnen wir mit der Hilfe Gottes des Allmächtigen, was not tut. Der Ruf des Tages sei: Heiliger Markus!«

      Die Männer entfernten sich hierauf von dem Rate, und sie und das Heer genossen ihre Abendspeise, und ruhten dann einige Stunden in der Schlachtordnung.

      Ehe der Tage graute, wurden die Hindernisse zurück gebracht, und die Männer stellten sich auf. Witiko nahm seine Waffen, er hatte über seinem Lederkleide das Panzerhemd Adelheids, und sein Schwert hing an dem Gürtel, den sie ihm gesendet hatte. Auf dem Haupte trug er seine Lederhaube, und von dem Sattel seines Pferdes hing heute ein kleiner Schild, den er vorgerichtet hatte. Er bestieg sein Pferd, und ordnete auf seinem Platze seine Leute. Er sagte nur die Worte: »Männer, wir gehören zusammen, und wollen beisammen ausharren.«

      »Beisammen ausharren«, riefen alle.

      Dann stieg er von dem Pferde, und blieb neben ihm unter seinen Leuten stehen. Rechts von ihm stand Rowno mit den Seinigen, und mit Osel und den drei Knaben, dann weiter Diet von Wettern und die andern. Die Waldleute hatten ein rosenrotes Banner von Wladislaw erhalten, und es wehte über ihnen. Links von Witiko befanden sich die aus der Gegend des Plakahofes und des Waldsaumes mit einem rosenroten Banner. Dann waren die Bolemils mit einem rosenroten Banner. Dann stand der Bischof Zdik und Ben mit den Männern der Mitte, dann Lubomir, dann war Diepold mit denen von Prag, und weiterhin, jeder mit einem rosenroten Banner. Dann war der Herzog mit auserlesenen Kriegern. Er hatte das große Banner, das vor seinem Zelte gewesen war. Dann war Chotimir von Decin, dann Diwiš von Saaz, dann Bolebor und Jurik, jeder mit dem roten Banner. Sie standen alle auf dem Berge Wysoka, und man konnte an den roten Seidenbannern die Seinigen absehen.

      Als der Morgen helle geworden war, sah man die Feinde gegen den Rand des Berges. Sie hatten weiße Banner, und ihre Reihe war lange hin gedehnt und sehr groß.

      Jetzt ging die Sonne auf, und da fielen die Männer von Plan, die um Witiko waren, auf die Knie, und beteten. Witiko kniete auch nieder, und betete. Und die von Rowno fielen auf die Knie, und beteten, und die von Diet, und alle weiterhin. Die aber links von Witiko aus der Gegend des Plakahofes und des Waldsaumes knieten nicht. Die Männer des Waldes murrten darüber.

      Die Völker unten am Rande des Berges, welche dieselben Kleider hatten, dieselben Vorfahren zählten, dieselben Gesichtszüge trugen, wie die auf dem Berge, rückten nun langsam vor.

      Witiko trat zu dem Haupte seines Pferdes, liebkoste es, wie man ein vertrautes vernünftiges Geschöpf liebkoset, und sagte: »Nur heute bleibe treu.«

      Das Pferd gab Zeichen auf die Liebkosung zurück.

      Dann nahm er den Schild von dem Sattel, und fügte ihn an den linken Arm. Er war weiß, und hatte in der Mitte eine dunkle fünfblättrige Waldrose. Witiko sagte laut, daß es seine Nachbarn hörten: »Wenn es wahr ist, Rose, daß du schon einmal geblüht hast, so blühe wieder.«

      Dann bestieg er sein Pferd, stellte sich unter die