»Habe eine gute Nacht, Witiko«, sagte Michael, »und gedenke unser.«
»Ich gedenke eurer«, sprach Witiko.
Nachdem er dieses gesprochen hatte, ging er wieder an allen Leuten zurück zu seinem Gezelte, und von demselben links zu den Männern aus dem Wangetschlage. Er sprach zu ihnen: »Johannes, wenn auch schon eine Zahl von Jahren über dein Haupt gegangen ist, so sind doch die Wangen desselben noch rot, wie weiß die Haare sein mögen, und die haben wohl getan, die dich zu ihrem Obmanne gewählt haben. Liebe Heimatgenossen, da ihr die rote Waldrose in euer weißes Banner gesetzt habt, weil ich eine rote Waldrose auf dem weißen Schilde in dem Streite des Wysoka getragen habe, und weil Huldrik gesagt hat, daß meine Vorfahren Rosen von Rom gebracht haben, so ist mir dieses ein liebes Zeichen, und ich habe das Zeichen der kleinen Schar gesehen, als wir von den Feinden angegriffen worden sind, und ich habe gesehen, wie das Zeichen ruhig gegen die Feinde ging, als wäre eure kleine Schar eine große. Nehmet dafür den Dank und die Ehre, und möge die Rose allen Gutes bringen, die in unserer Heimat wohnen.«
»Witiko«, sagte Johannes, »du wirst die Rose zu uns bringen, und durch dich und deine Nachkommen wird sie Gutes in dem ganzen Walde verbreiten.«
»Wenn Nachkommen auf mich folgen«, entgegnete Witiko, »und wenn sie die Heimatgenossen so lieben wie ich, so werden Nachkommen und Heimatgenossen in trauter Verbindung mit einander fort und fort in die Zeiten leben.«
»Sie werden in dieser Verbindung leben«, sagte Johannes, »sie werden.«
»Und so pflegt heute eines zufriedenen Schlummers«, sprach Witiko.
»Du auch«, antwortete Johannes.
Darnach ging Witiko zu den Leuten von Friedberg, und sagte: »Oswald, euer Banner hat die rosenrote Farbe der Herzogsbanner, und ist im Streite gewesen wie die Banner des Herzogs. Lob und Vergeltung wird kommen. Ruhet heiter nach der Arbeit.«
»Ruhe heiter, Witiko«, riefen mehrere Männer.
Dann ging er zu denen der Steinleithe, und sprach: »Liebhart, ihr seid die wenigsten gewesen; aber wie das Kreuz von den Höhen der Länder in die Ebenen herrschet, so ist euer Kreuz in den Feinden sichtbar gewesen. Habet Preis und Dank und eine friedliche Nacht.«
»Gute Nacht, Witiko«, sagte Liebhart.
Dann ging Witiko zu den Männern der Friedau, und sagte: »Peter, ihr habt sehr wenig Hütten; aber ihr habt die Männer aus dem tiefen Walde heraus gezogen, und seid eine große Zahl geworden, und seid im Kampfe verläßlich gewesen wie die harten Stämme des Waldes. Habet eine gute erfrischende Nacht.«
»Du auch«, riefen mehrere Männer, »gute erfrischende Nacht.«
Dann ging er zu denen des Kirchenschlages, und sprach: »Dietrich, euer Kranz ist aus grünen Wollbändern gewunden, ihr habt ihn hoch gehalten, und wenn er so hoch in allen Streiten bleibt, so wird er nicht wie aus Sammet und Seide sein, sondern wie das Grün der köstlichsten Gewächse, die nie erbleichen und welken. Habet Dank und eine erquickende Nacht.«
»Gute Nacht, Witiko«, sagte Dietrich.
Dann ging Witiko zu den Männern der Waldmoldau, des Heurafels und der Stift, und sagte: »Thomas, ihr seid die letzten an dem Saume des Landes gegen Bayern hin; aber ihr seid nicht die Letzten im Kampfe gewesen, und werdet es nie sein. Nehmet Lob, und stärkt eure Glieder in fröhlichem Schlummer.«
»Du auch in fröhlichem Schlummer«, riefen mehrere Männer.
Als Witiko bei allen diesen Scharen gewesen war, ging er zu dem Platze der Reiter. Er blieb vor der Lanze Philipps, des Steigers, stehen, die in dem Boden stak, und daran das weiße Fähnlein mit der dunkelroten Waldrose hing. Als sich die Männer nach seinem Wunsche vor ihm gesammelt hatten, sprach er: »Wenhart, du liebwerter alter Mann, der du in den Kriegen des Herzoges Swatopluk mit Boriwoy gewesen bist, in den Kriegen Wladislaws, des Vaters unseres erlauchten Herzoges, mit Boriwoy, der du in dem Kampfe auf dem Berge Wysoka gewesen bist, und der du gesagt hast, daß ihr in den Kriegen das Zusammenstehen gelernt habt, wie es richtig ist: dich haben die Reiter zu ihrem Führer gewählt, wenn du auch alt bist, wenn du auch von den wenigen kleinen Hütten der Friedau stammst, und wenn auch die größte Zahl der Reitenden aus Plan und der Umgebung von Plan ist. Und du hast es dargetan, daß die Wahl recht war. Auf dem Zuge ist die Ordnung und Zucht der Reiter immer besser geworden, und in dem Kampfe des heutigen Tages sind sie gewesen wie ein einzelner kriegerischer unbezwinglicher Mann. So der Jüngling mit seinem schlanken Leibe auf dem Rosse, so der Mann in seiner Stärke, so der Greis mit seinen weißen Haaren, wie mehrere unter euch reiten. Es ziemt sich, Lob und Ehre über die Schar zu sprechen. Und wenn kein fernerer Kampf schlechter wird als der heutige, so werden die Reiter des Waldes mit ihren kleinen Pferden, wie du auf einem schwarzgrauen reitest, Wenhart, und wie der Richter von der Mugrauer Heide auf einem braunen reitet, und wie der Richter von den Steinleithenhäusern auch auf einem braunen reitet, unter denjenigen sein, die in allen Teilen des Landes werden genannt werden.«
»Es wird kein Kampf schlechter sein«, rief ein Mann, der neben der Lanze Philipps, des Steigers, stand.
»Ich glaube es«, sagte Witiko, »und ich habe dich im Streite schon gesehen auf deinem struppigen ziegelfarbigen Pferde, du Rufer.«
Darauf fuhr er fort: »Und wenn es so ist, so wirst du mithelfen, Wenhart, daß die Drangsale des Krieges nicht über unser Waldland kommen, von denen du uns in dem Schenkhause der unteren Moldau erzählt hast.«
»Wenn Gott und die Heiligen nicht dagegen sind«, antwortete Wenhart, »so werden wir alle getreulich helfen, daß sie nicht kommen.«
»Wir werden helfen«, riefen mehrere Männer.
»Und du hast gewiß auch geholfen, Wenhart«, sagte Witiko, »daß aus dem großen schönen Walde, der von den Friedauer Hütten gerade hinan steigt, bis zu der Stelle des heiligen Apostels Thomas, und der links von den Friedauer Hütten gegen den Heurafel und gegen die Stift geht, und der rechts von den Friedauer Hütten sehr weit fortgeht über die untere Moldau, über die Glöckelberge, bis zu dem Hochfichte, so viele Männer zu euch gekommen sind, daß die kleine Zahl der Friedauer eine große geworden ist.«
»Da haben viele zusammen geholfen«, sagte Wenhart, »die als Jäger, als Holzknechte, als Köhler, als Pechsammler, als Kräutersucher, als Bienenväter in dem Walde sind. Und nicht bloß aus denjenigen Wäldern stammen sie, die du genannt hast, sie sind auch aus dem Schönwalde, aus dem Gesenke und aus dem Walde, der von dem heiligen Apostel Thomas gegen Bayern hinabsteigt, und aus der reichen Au gekommen. Florian, der alte Mann, der dich einmal von Bayern herein geführt hat, ist unter ihnen.«
»Das habe ich nicht gewußt«, sagte Witiko, »ich muß einmal zu ihm gehen. Und so hält der Wald zusammen, daß durch viele der Feind von ihm abgewendet werde, wie du gesagt hast, und daß die vielen gegen den Feind sind wie gegen die Wölfe. Wo ist denn der andere Wenhart, der vom Dürrwalde? Ich habe ihn unter den Fußgängern nicht gesehen.«
»Er ist auch nicht unter den Reitern«, sagte Maz Albrecht von Plan, »wie er nach dem Streite auf dem Berge Wysoka Männer aufgewiegelt hatte, daß sie nach Hause gingen, weil sie nichts mehr gewinnen könnten, so ist er jetzt gar nicht mitgegangen, weil ihm das Spiel zu teuer schien für gehofften Gewinn.«
»Er fahre wohl«, sprach Witiko. »Und nun, ihr Männer, gönnt euch und euern Tieren Erquickung und Ruhe. Ich sehe euch im Frühlichte wieder, und sage jetzt gute Nacht.«
»Gute Nacht, Witiko, gute Nacht, gute Nacht«, riefen mehrere.
Witiko ging nun mit seinem Geleite zu seinem Gezelte.
Als er dort angekommen war, dämmerte das Land schon im tiefen Abende, und er sah links von sich weit zurück die Lichter an dem Platze, wo die Leute Bolemils lagern mußten, und weiter zurück sah er noch Lichter in sehr mattem Schimmer.
Vor seinem Gezelte harrten Boten von Rowno und von den andern Führern.
Witiko entließ sein Geleite,