Dracula. Брэм Стокер. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Брэм Стокер
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783990429167
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drohenden Mauern und finsteren Fenster mit meiner Stimme zu durchdringen waren. Die Zeit, in der ich wartete, erschien mir endlos, und ich bemerkte, wie Zweifel und Furcht in mir empor krochen. Wohin war ich da bloß geraten und unter welche Leute? Welch unheimlichem Abenteuer würden mir begegnen? War das ein üblicher Fall im Leben eines Rechtsanwaltsanwärters, der ausgeschickt worden war, um einen Fremden über die Anschaffung einer Londoner Immobilie zu unterrichten? Rechtsanwaltsanwärter! Mina hört dieses Wort gar nicht gerne. Aber Rechtsanwalt – kurz bevor ich aus London aufbrach, erhielt ich die Nachricht, dass ich mein Examen erfolgreich bestanden hatte – nun bin auch ich ein ganzer Anwalt. Ich begann, meine Augen zu reiben und mich selbst zu kneifen, um sicher zu sein, ob ich denn auch wach wäre. Es schien mir alles wie ein hässlicher Albtraum, und ich erwartete, plötzlich aufzuwachen: In meinem Zuhause, wenn sich die Morgendämmerung durch die Fenster kämpft, so wie es manchmal geschah, wenn ich vom Vortag völlig überarbeitet war. Doch mein Fleisch reagierte auf mein Kneifen, und auch meine Augen beschwindelten mich nicht. Ich war also wirklich wach und mitten in den Karpaten. Alles, was ich tun konnte, war, geduldig zu sein, und den Tagesanbruch abzuwarten.

         Als ich mich entschlossen hatte, dies zu tun, hörte ich einen schweren Schritt hinter dem großen Tor und sah durch die Spalten hindurch den Schein eines sich nähernden Lichts. Dann vernahm ich das Rasseln von Ketten und das Klirren massiver Riegel, die zurückgeschoben wurden. Ein Schlüssel drehte sich laut knirschend in einem selten benutzten Schlüsselloch, und das große Tor öffnete sich.

         Darin stand ein hoch gewachsener, alter Mann, glatt rasiert bis auf einen langen weißen Schnurrbart, und von Kopf bis Fuß schwarz gekleidet. An ihm war kein einziger heller Farbton zu sehen. In seiner Hand hielt er eine altertümliche, silberfarbene Lampe, auf der ohne Zylinder oder Schirm eine Flamme brannte, die lange, zitternde Schatten im Luftzug des offenen Tores warf. Der alte Mann winkte mich mit einer vornehmen Geste seiner rechten Hand herein und sagte in vollkommenem Englisch, aber mit fremdartigem Akzent:

         „Willkommen in meinem Haus! Treten Sie frei und mit eigenem Willen ein!“ Er machte keine Bewegung um mir entgegen zu kommen, sondern stand nur starr wie eine Statue, als hätte ihn sein Willkommensgruß in Stein verwandelt. In dem Augenblick aber, da ich die Türschwelle überschritten hatte, kam er rasch auf mich zu, streckte mir seine Hand entgegen und drückte meine Hand mit einer Kraft, die mich zusammenzucken ließ; außerdem war seine Hand kalt wie Eis – wie die eines Toten und nicht eines Lebenden. Und wieder sagte er:

         „Willkommen in meinem Haus. Kommen Sie frei herein. Gehen Sie wohlbehalten; und lassen Sie etwas von der Freude hier, die Sie mitgebracht haben!“ Die Stärke des Händedrucks erinnerte mich an den Kutscher. Und da ich sein Gesicht nicht gesehen hatte, glaubte ich einen Moment lang, dass er und der Mann, mit dem ich gerade sprach, ein und dieselbe Person seien; und um mir sicher zu sein, sagte ich fragend:

         „Graf Dracula?“ Er verbeugte sich höflich und erwiderte:

         „Ich bin Dracula und heiße Sie herzlich in meinem Haus willkommen, Herr Harker. Treten Sie ein; die Nachtluft ist kühl, und Sie müssen erst einmal etwas essen und sich erholen.“ Während er sprach, stellte er die Lampe auf einer Wandhalterung ab, und er nahm mein Gepäck und beförderte es, noch ehe ich ihm dabei zuvorkommen konnte, ins Schloss. Ich erhob Einspruch, doch er sagte entschieden:

         „Nun bitte, Sie sind mein Gast. Es ist spät, und mein Dienstpersonal ist nicht mehr verfügbar. Lassen Sie mich deshalb für Ihr Wohlergehen sorgen.“ Er trug tatsächlich meine Koffer den Korridor entlang, dann eine steile Wendeltreppe empor und einen weiteren langen Gang entlang, auf dessen Steinfliesen unsere Schritte dumpf widerhallten. Am Ende dieses Ganges öffnete er eine schwere Türe, und ich freute mich, ein hell erleuchtetes Zimmer zu sehen, in dem ein gedeckter Tisch zum Abendessen bereit stand, während in einem stattlichen Kamin ein Feuer mit Holzscheiten flammte und knisterte.

         Der Graf blieb stehen, stellte mein Gepäck nieder und machte die Türe hinter sich zu. Dann schritt er durch das Zimmer, öffnete eine zweite Türe, die in ein kleines, achteckiges Zimmer führte, das scheinbar fensterlos war und nur mit einer einzelnen Lampe beleuchtet wurde. Er ging hindurch, öffnete eine weitere Türe und bat mich einzutreten. Es tat sich mir ein willkommener Anblick auf; ein großes und hell erleuchtetes Schlafgemach, das gut durchwärmt wurde von einem Holzfeuer, welches ein hohles Brummen im Kamin erzeugte. Der Graf brachte mir meine Reisekoffer und verabschiedete sich, bevor er die Türe zumachte, mit den Worten:

         „Sie werden sich nach Ihrer Reise sicher frisch machen wollen. Ich denke, dass Sie alles vorfinden, was Sie brauchen. Wenn Sie fertig sind, dann kommen Sie bitte in das andere Zimmer, wo Sie das für Sie vorbereitete Abendbrot vorfinden werden.“

         Das Licht, die Wärme und der herzliche Willkommensgruß des Grafen hatten all meine Zweifel und Befürchtungen zerschlagen. Nachdem ich so wieder meinen gewohnten Zustand erreicht hatte, bemerkte ich, dass ich unglaublichen Hunger hatte; deshalb machte ich mich schnell zurecht und ging in das andere Zimmer.

         Dort stand bereits das Souper für mich angerichtet. Mein Gastgeber stand beim Kamin, lehnte sich gegen das Mauerwerk und deutete mir mit einer eleganten Armbewegung, dass ich Platz nehmen möge. Dann sagte er:

         „Ich bitte Sie, sich hinzusetzen und zu essen, wie es Ihnen beliebt. Sie werden mich entschuldigen, und es mir nicht verübeln, wenn ich mich nicht am Souper beteilige; da ich schon dinierte, und zu soupieren bin ich nicht gewöhnt.“

         Ich übergab dem Grafen den versiegelten Brief, den Herr Hawkins mir anvertraut hatte. Er öffnete ihn und las ihn mit ernster Miene; dann, mit freundlichem Lächeln, übergab er mir den Brief zu lesen. Ein Absatz daraus bereitete mir besondere Freude:

         „Ich bedauere es sehr, dass ich Sie nicht persönlich besuchen konnte. Aber ein Anfall von Gicht, an der Krankheit leide ich ja schon seit langem, verbat es mir, eine längere Reise zu unternehmen; aber es macht mir große Freude, Ihnen einen Stellvertreter schicken zu können, zu dem ich jedwedes Vertrauen habe. Er ist ein junger Mann voll von Energien, engagiert und überaus zuverlässig. Er ist diskret und ruhig und wuchs unter meiner Führung heran. Er steht Ihnen jederzeit während seines gesamten Aufenthaltes zur Verfügung und ist bevollmächtigt, all Ihre Aufträge entgegenzunehmen.“

         Der Graf trat selbst an den Tisch heran und hob den Deckel von einer Schüssel, in der ein prächtiges Brathuhn lag. Dieses wurde mit etwas Käse und Salat, sowie einer Flasche alten Tokaiers, von dem ich zwei Gläser trank, ergänzt. Während des Essens erkundigte sich der Graf über meine Reise, und ich erzählte ihm der Reihe nach meine Erlebnisse.

         Dann hatte ich meine Mahlzeit beendet, und auf Wunsch meines Gastgebers einen Stuhl an den Kamin herangezogen. Dann zündete ich mir eine Zigarre an, die er mir anbot. Er selbst entschuldigte sich, da er selbst nicht rauche. Ich hatte nun die Gelegenheit, ihn etwas zu beobachten, und ich fand, dass er ein sehr markantes Gesicht hatte.

         Es erinnerte an die Konturen eines Adlers – äußerst stark sogar – seine dünne Nase war hoch angesetzt, und seine Nasenlöcher waren eigenartig geformt; mit hoher gewölbter Stirn und einem Haar, das an den Schläfen zwar dünn, aber ansonsten sehr üppig war. Seine Augenbrauen waren dicht, wuchsen beinahe über der Nase zusammen und waren sehr buschig und gelockt. Der Mund, soweit ich ihn unter dem starken Schnurrbart erkennen konnte, sah ziemlich starr und grausam aus. Seine weißen scharfen Zähne ragten über die Lippen hervor, die auffallend rot waren und damit eine erstaunliche Lebenskraft für einen Mann seines Alters bekundeten. Seine Ohren waren blass und oben ungewöhnlich spitz; das Kinn war breit und fest, und die Wangen schmal, aber straff. Der allgemeine Eindruck war der einer außerordentlichen Blässe.

         Im Licht des Kaminfeuers hatte ich seine Hände bemerkt, die auf seinen Knien lagen und sehr weiß und schmal erschienen. Nun, aus nächster Nähe, sah ich, dass sie sehr grob wirkten, mit breiten und gedrungenen Fingern. Seltsamerweise waren da auch Haare auf seinen Handflächen. Die Nägel waren lang, dünn und zu scharfen Spitzen geschnitten. Als der Graf sich über mich lehnte und mich dabei mit seinen Händen berührte, konnte ich einen Schauder nicht unterdrücken. Mag auch sein, dass es an seinem Atem lag, aber es überkam mich ein Gefühl der Übelkeit, das ich mit aller Willenskraft nicht zu verbergen vermochte. Der Graf, der dies offensichtlich