»Sag mal, Saxon – du – du verkaufst doch wohl nicht deine Arbeit?«
Da erzählte sie ihm alles, auch von Mercedes Higgins’ Anteil an dem Geschäft und von Mercedes Higgins’ wunderbarem Begräbnisstaat. Aber Billy wollte sich nicht vom Kern der Sache ablenken lassen. In Ausdrücken, die alles eher als zweideutig waren, verkündete er Saxon, dass sie nicht für Geld arbeiten durfte.
»Aber ich habe doch so viel freie Zeit, lieber Billy«, sagte sie flehentlich.
Er schüttelte den Kopf.
»Nein, daraus wird nichts. Davon will ich nichts hören. Ich habe dich geheiratet, und ich werde auch schon für dich sorgen. Niemand soll sagen, dass Bill Roberts’ Frau arbeiten muss.«
»Ja, aber Billy –«, begann sie wieder.
»Nein, das ist das einzige, was ich mir nicht gefallen lasse, Saxon. Nicht, dass mir deine Handarbeiten nicht gefielen, aber ich will sie an dir sehen. Mach du nur weiter, was du willst, aber mach es für dich selber – ich werde es schon bezahlen. Sieh, ich pfeife den ganzen Tag vor lauter Freude bei dem Gedanken an dich und den Jungen, und ich kann dich zu Hause all die hübschen Dinge arbeiten sehen, weil ich weiß, wie glücklich du bist, wenn du es tust. Aber, weiß Gott, Saxon, die ganze Freude wäre mir verdorben, wenn ich wüsste, dass du es für Geld tätest. Bill Roberts’ Frau braucht nicht zu arbeiten.«
»Du bist so gut, Billy«, flüsterte sie und war trotz ihrer Enttäuschung sehr glücklich.
»Ich will, dass du alles haben sollst, worauf du Lust hast«, fuhr er fort. »Und du sollst es schon bekommen, solange ich diese beiden Fäuste habe. Ich weiß auch wohl, wie sehr mir die hübschen Sachen, die du trägst, gefallen. Ich habe, ehe ich dich kannte, manches gelernt, was ich besser nicht gelernt hätte. Aber ich weiß, wovon ich rede, und ich habe nie eine Frau gesehen, deren Wäsche sich mit deiner messen konnte. Ach –«
Er hob verzweifelt die Hände, als sei er nicht imstande auszudrücken, was er dachte und fühlte. Und dann versuchte er es wieder:
»Es kommt nicht allein auf die Sauberkeit an, obgleich das schon viel bedeutet. Es gibt massenhaft Frauen, die sauber sind. Aber das ist es nicht. Es ist mehr und etwas ganz anderes. Es ist – nun ja, es ist so, wie es aussieht, so weiß und hübsch und lecker, das setzt sich einem im Kopf fest. Du kannst nach meinem Geschmack nicht zu viel hübsche Dinge bekommen, und du kannst sie auch nicht zu hübsch bekommen.
Deswegen also, Saxon, mach nur weiter. Man kann massenhaft Geld verdienen, ganz kinderleicht. Billy Murphy bekam fünfundsiebzig blanke Dollar – und das ist erst eine Woche her –, weil er den ›Stolz der Nordküste‹ schlug. Von dem Geld hat er uns die fünfzig zurückbezahlt.«
Aber diesmal war es Saxon, die protestierte.
»Oder denk an Karl Hensen«, fuhr Billy fort. »›Sharkey den Zweiten‹ nennen die Idioten, die Sportreferenten, ihn. Und er nennt sich selbst ›Champion der Marine der Vereinigten Staaten‹. Nun, den habe ich mir jetzt angesehen. Er ist ein richtiger Bär. Ich habe ihn kämpfen sehen, und ich kann ihm einen Schlaftrunk geben – ganz einfach. Der Sekretär des Sportklubs hat versprochen, einen Match zwischen uns zu arrangieren, und der Gewinner verdient hundert blanke Dollar.«
»Wenn ich nicht für Geld arbeiten darf, so darfst du auch nicht boxen«, lautete Saxons Ultimatum, das sie jedoch gleich wieder zurücknahm. »Aber es soll nicht gleich und gleich zwischen uns beiden heißen. Und wenn du mich auch für Geld arbeiten lassen wolltest, so würde ich dir das Boxen doch nicht erlauben. Und wenn du nicht boxt, dann werde ich auch nicht mehr für Geld arbeiten – ja, das ist meine Meinung. Und mehr noch – ich werde nie etwas tun, das du nicht haben willst, Billy.«
»Einverstanden«, meinte Billy. »Aber ich möchte doch verflucht gern ein einziges Mal den Ochsenschädel Hensen verhauen.« Er lächelte vergnügt bei dem Gedanken. »Aber weißt du, lass uns jetzt alles vergessen und spiel ›Wenn die Tage des Herbstes vorbei‹ auf dem – ja, zum Teufel, wie nennst du doch das Instrument?«
Sie sang das Lied, das er wünschte, zur Begleitung der Ukulélé, und als sie fertig war, schlug sie sein trauriges Lied »Die Klage des Kuhhirten« vor. So wunderbar und unerklärlich sind die Wege der Liebe, dass sie das einzige Lied ihres Mannes liebgewonnen hatte. Weil er es sang, hatte sie dieses sinnlose, langweilige Geistesprodukt gern, am meisten aber, so schien es ihr, liebte sie seine völlig hoffnungslosen falschen Töne. Sie konnte es sogar mit ihm zusammen singen, ebenso gründlich und entzückend falsch wie er. Und sie erschütterte ihn nicht in seinem großartigen Glauben an sich.
»Ich fürchte nur, dass Bert und alle anderen mich necken werden«, sagte er.
»Ja, wir beide machen das großartig«, sagte sie, indem sie die Wahrheit vorsichtig umging. Denn in derlei Dingen hielt sie Unwahrheit nicht für eine Sünde.
*
Im Laufe des Frühlings kam der Eisenbahnerstreik. Am Sonntag, bevor der Streik erklärt wurde, aßen Saxon und Billy bei Bert. Saxons Bruder war auch da, ohne Sarah, da er sie nicht dazu hatte bewegen können, ihre Tagesarbeit so zu unterbrechen. Bert befand sich in sehr düsterer, pessimistischer Stimmung.
Mary ging umher und bereitete das Mittagessen mit einem Gesicht, das deutlicher als Worte sagte, dass sie sehr aufrührerisch gestimmt war, und Saxon krempelte sich die Ärmel auf, band sich eine Schürze um und begann, die Frühstücksteller aufzuwaschen. Bert holte eine Kanne schäumendes Bier aus der Wirtschaft an der Ecke, und die drei Männer rauchten und unterhielten sich über den bevorstehenden Streik.
»Er hätte vor mehreren Jahren kommen sollen«, erklärte Bert. »Je früher desto besser, sage ich, aber jetzt ist es zu spät. Wir sind zu schlapp geworden, und jetzt kriegen die letzten Mohikaner, was ihnen gut tut, und das gerade auf den Deetz!«
»Ach, ich weiß nicht«, begann Tom vermittelnd – er hatte dagesessen und feierlich seine Pfeife geraucht. »Die Arbeiterorganisationen werden mit jedem Tage stärker. Ich erinnere mich noch der Zeit, als es in Kalifornien überhaupt keine Gewerkschaften gab. Und sieh nur jetzt – Löhne, feste Arbeitszeit und alles.«
»Du redest wie ein Agitator«, spottete Bert, »von der Art, die den Idioten was erzählen. Aber wir wissen besser Bescheid. Mit allen Gewerkschaften und Normallöhnen können wir für unsere Arbeit nicht so viel bekommen wie in alten Tagen, als wir nicht organisiert waren. Sie haben