Katze, was schnurrst du. Elfriede Ott. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Elfriede Ott
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783902862914
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Tasso, bitte nicht! Du machst mir Sorgen. (horcht) Ich glaube, jetzt kommen sie.

      TASSO: (schnuppernd) Ja, die ganze Familie.

      MINKA: Geh, sie sollen dich nicht hier sehen.

      TASSO: Ja, es ist besser, ich gehe.

      MINKA: Leb wohl, Tasso!

      TASSO: Leb wohl, Minka. Meine Minka.

      MINKA: Mein Tasso. Mein schöner Tasso.

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      DAS GLEICHE THEMA hat Karel Čapek, ein weiterer literarischer Katzenfreund, in Prosa dargestellt:

      KAREL ČAPEK

       Hund und Katze

      Ich habe genau aufgepasst und oft – unbeobachtet – beobachtet und kann daher mit nahezu autoritativer Sicherheit verkünden: Der Hund spielt nie, wenn er allein ist. Der Hund ist, sich selbst überlassen, sozusagen tierisch ernst. Wenn er nichts zu tun hat, gähnt er, denkt nach, fängt Flöhe, nagt an einer Bürste oder an einem Schuh. Aber er spielt nicht. Solange er allein ist, wird er nie seinen Schweif haschen, auf der Wiese Zirkuspferd spielen, Zweiglein im Maul tragen oder einen Stein vor sich herrollen. Zu all dem braucht er einen Partner, einen Zuschauer, ein teilnahmsvolles Wesen, in dessen Interesse er seine frenetischen Spiele betreibt.

      Sein Spiel ist der Ausbruch geselliger Freude. So wie er nur dann mit dem Schwanz wedelt, wenn er einer verwandten Seele begegnet – sagen wir einem Menschen oder einem Hund –, so spielt er nur dann, wenn ihm dabei wenigstens durch Zusehen Gesellschaft geleistet wird.

      Es gibt empfindsame Hunde, die das Spiel in dem Augenblick verdrießt, da man aufhört, sich um sie zu kümmern. Es scheint, als freue sie das Spiel nur, solange sie beim Mensch Erfolg haben. Der Hund braucht also ermunternden Kontakt mit einem Partner. Das gehört zu seiner geselligen Natur.

      Die Katze spielt auch, wenn Sie dazu den Anstoß geben. Sie kann aber auch spielen, wenn sie allein ist. Sie tändelt nur für sich, einsiedlerisch und unmitteilsam. Sperren Sie sie ein! Ein Knäuel genügt ihr, eine Quaste oder eine baumelnde Schnur und schon ergibt sie sich ihrem stillen, graziösen Spiel. Sie amüsiert sich nur für sich. Der Hund will jemanden anderen unterhalten. Die Katze interessiert sich nur für sich. Der Hund bemüht sich darum, dass jemand sich für ihn interessiere. Er lebt ganz und glückstrahlend nur dann, wenn er im Rudel ist. Zwei sind auch ein Rudel.

      Wenn er seinem Schweif nachjagt, schielt er immer mit einem Auge nach Ihnen: Was sagst du dazu, Mensch und Rudelgenosse?

      Das würde die Katze nie tun. Sie gibt sich auch ihrem Spiel nie so schrankenlos, so ungehemmt hin wie der Hund. Sie steht immer über dem Spiel. Es sieht stets so aus, als würde sie sich wohlwollend und ein wenig verächtlich dazu herablassen, zu spielen. Der Hund spielt wann immer ganz, die Katze nur wie aus Laune.

      Sagen wir vielleicht so: Die Katze ist vom Stamme der Ironiker, die Unterhaltung in sich finden. Sie spielen mit Leuten und mit Dingen, jedoch nur der eigenen inneren Belustigung wegen.

      Der Hund ist aus dem Geschlecht der Humoristen. Er ist gutmütig und vulgär wie der Anekdotenerzähler, der sich ohne Publikum vor Langeweile in die Nase beißen müsste. Der Hund gibt aus Drang nach Geselligkeit sich selbst zum Besten. Er ist bereit, sich vor Eifer in Stücke zu reißen, wenn ein Gesellschaftsspiel zustande kommt. Der Katze genügt das Selbsterleben. Die Katze ist Subjektivistin. Der Hund lebt in einer geselligen Welt, in einer objektiven also. Die Katze ist geheimnisvoll wie ein Tier. Der Hund ist unkompliziert und naiv wie ein Mensch. Die Katze hat etwas von einem Ästheten. Der Hund ist wie ein gewöhnlicher Mensch. Es ist etwas an ihm, das ihn einem anderen zukehrt, allen anderen. Er lebt nicht nur für sich allein. So wie ein Schauspieler nicht nur für den Spiegel spielen könnte, ein Dichter Verse nicht nur für sich schreiben und ein Maler nicht nur Bilder malen, um sie verkehrt aufzuhängen.

      In allem, womit wir Menschen wirklich und mit voller Seele spielen, liegt derselbe eindringliche Blick, der sich um Teilnahme und Interesse des ganzen großen lieben Menschenrudels müht.

      Und wir können uns vor Eifer in Stücke reißen …

       Die Katze

      Sie schleppt sich mit schwerem Bauch und durchgedrücktem Ziegenrücken durch die Wohnung. Sie sucht, sie sucht ohne Unterlass. Kein Winkel ist ihr versteckt genug und so weich gepolstert, dass sie dort ihre fünf blinden, pfeifenden Jungen zur Welt bringen wollte. Sie versucht mit den Pfötchen den Wäscheschrank zu öffnen. Ich bitte dich, Katze, ausgerechnet in dieser Fülle schwanenweißer Wäsche möchtest du niederkommen?

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      Sie blickt mich mit ihren goldfarbenen Augen an: »Mensch, öffne das für mich, willst du?« Es geht nicht, Katze. Sieh doch, da habe ich dir einen ausgepolsterten Korb hergestellt, was möchtest du Besseres?

      Jetzt versucht sie mit den Pfötchen den Bücherschrank zu öffnen.

      Du willst doch deine Jungen nicht inmitten der schönen Literatur zur Welt bringen? Und weiter sucht sie in mütterlicher Ungeduld und Unruhe.

      Na ja, sie hat jetzt schon ihre Erfahrungen. Mindestens zweimal im Jahr beschenkt sie mich mit der Regelmäßigkeit und Pünktlichkeit eines Naturfahrplanes mit vier oder fünf mehr oder minder schwärzlichen Kätzchen und überlässt es mir, diesen eine anständige Existenz zu sichern. Alle meine Freunde und Bekannten müssen bereits für diese üppige Fruchtbarkeit meiner Miez einstehen. Sie kennt sich, wie gesagt, jetzt schon aus.

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      Doch als das erste Mal ihre Stunde herankam – damals war sie noch ein verwundertes, halberwachsenes Katzenfräulein –, suchte sie ihren Winkel, ebenso kennerisch und wählerisch, als wüsste sie bis ins Detail, was ihrer harre. Ihr Benehmen wäre ganz plausibel, würde sie in der Katzensprache zu sich sagen: »Mir scheint, dass ich Junge bekomme. Ich muss mir also einen versteckten Winkel suchen, wo meine Babys Ruhe und Sicherheit finden.« Doch die Katze weiß nichts von alledem. Könnte sie wirklich sprechen, hieße es so: »Komisch ist das! Fortwährend sagt mir etwas: ›Such, such! Finde einen gewissen besonderen Platz! Nein, dieser Lehnstuhl ist es nicht! Das Kissen, auf dem du da zu schlafen pflegst, auch nicht!‹ Was soll ich eigentlich suchen und warum? Etwas sagt mir, dass ich in diesen Wäschekorb gelangen sollte. Oder ins Bett kriechen und mich unter der Zudecke verstecken – mein Gott, welche Unruhe! Was geht nur mit mir vor?«

      Tatsächlich sieht sie in manchen Augenblicken so unendlich ernst und konzentriert drein, als lausche sie angestrengt, was ihr das herrische Etwas zu sagen habe. Sie führt es dann mit großer Sicherheit aus, und wir Menschen sagen »Trieb« dazu, damit das Etwas nicht ohne Namen bleibe.

      Nun gut. Eines Morgens – die Bescherung stellt sich nämlich zumeist während der Nacht ein – findet sich in irgendeinem Winkel ein halbes Dutzend pfeifender Katzenjungen. Die Katze antwortet ihnen mit einem süßen Gurren, das in ihrem Tonregister nur für diesen Zweck aufscheint. Es ist keine Stimme, es ist ein ganzer Akkord in harmonischer Terz und Quint, sehr ähnlich einem Akkord auf der Mundharmonika.

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      Die Katze geht über vor ostentativer Mutterschaft. Jede ihrer Bewegungen ist schützend und weich. Ihr zerzauster Bauch, der geduldig gekrümmte Rücken