Katze, was schnurrst du. Elfriede Ott. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Elfriede Ott
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783902862914
Скачать книгу
große dunkle Striche in den Augen, ganz ruhiger Blick. Er schaut dich an, dass du nachdenken musst. Ist das Liebe oder Verachtung? Man hat ihn nie zu stören, wenn er schläft. Und das tut er den ganzen Tag an verschiedenen Lieblingsplätzen, die man nur erahnen kann. Man sagt, die dreifärbigen seien Glückskatzen. Vielleicht – ich weiß es nicht. Für mich sind es alle. Mein Katerle, nein, ich darf dich nicht klein machen! Du bist ein großer, stiller, sanfter Bube, nein: »Herr«! Nicolaus ist dein Name, hörst aber nicht auf ihn. Ich soll Katzen beschreiben, aber das geht ja nicht – es gibt schon so viel über dich, Texte, die deine Seele, deine Launen beschreiben.

      Vor einigen Tagen besuchte mich das Fernsehen, die Seitenblicke. Ich war aber nicht die Hauptfigur. Sie stürzten sich auf Nicolaus und er war so schön im Bild nachher. Man hat dann auf nichts anderes geschaut.

      Wo du dich aufhältst, fragt mich die Dame, die dich interviewen möchte. »O, bist du ein schöner Kater«! Ein Blick auf sie. Er steht auf, wendet sich und geht. Auf seinen Lieblingsplatz. Ja? Wo ist der? Das möchte ich nämlich auch gern wissen. Jedenfalls nicht dort, wo ich ihn vermute. Er wechselt ständig. Gestern war es der: mit dem Hinterteil auf dem Klavier, mit dem Kopf auf der Stehlampe, der lange weiße Schweif hängt in der Luft herunter. Unten sitzt Pipsi, mein Chihuahua. Sie starrt auf Nicolaus, ihr kleiner Schweif ist ein rasender Propeller. Nein, nicht jetzt! Diese Situation endet nämlich immer in einem Rasen durch die Wohnung. Pipsi bellt, aus Nico kommen Schreie. Bei uns kann man nämlich im Kreis rennen. Vorzimmer – Wohnzimmer – Computerzimmer – Malzimmer – Esszimmer – Küche – Vorzimmer – Wohnzimmer – Computerzimmer – Malzimmer … über Möbel und alles, was man überspringen kann. Aber nichts wird zerstört!

image image

      Miez – Miez – Miez! … Keine Reaktion. Dieses »Miez« ist eine Beleidigung, nur Katzen reagieren auf solche Zurufe. Aber zu einem stolzen Kater kann man doch nicht lieblich »Miez« sagen. Noch dazu, wenn er ein Perser ist, ein weißes Fell besitzt, so schöne grünblaue Augen hat, die er verändern kann.

image

      Katerle, wie bist du eigentlich zu uns gekommen, in unsere Familie? Wir bestehen aus drei Personen. Da ist einmal die Fritzi, die seit ihren Kindertagen bei uns ist. Mit ihr bin ich »übrig« geblieben, und Goran, mein Adoptivsohn. Alle anderen, die zu mir gehört haben, sind nicht mehr auf dieser Welt. Ob es eine andere gibt, weiß vielleicht mein Kater.

      Ja, wieso ist er bei uns? Ich möchte so gern erfahren, wie er bis zum Eintreffen in unsere Familie gelebt hat. Er musste weg, wie so viele seiner Artgenossen, wegen einer Katzenhaarallergie.

      Er war bei einer Frau, die drei Katzen besaß. Ihre Mutter wurde ein Pflegefall und hatte eine Katzenhaarallergie. Sie nahm die Mutter zu sich, musste sich aber von ihren Katzen trennen. Wir beschlossen, eine aufzunehmen. So fuhren wir alle drei zur Katzenadresse in einem Vorort von Wien zu einem Gemeindebau. Wir hatten alle drei Herzklopfen. Wie wird er sich mit unseren Hunden Pipsi und Annie verstehen?

      Eine weinende Frau öffnet uns. In ihrem Arm ist ein weißes Knäuel. Goran spricht mit ihr, erledigt den Vorgang, und ich habe dieses Etwas in meinem Arm. Wir waren sofort verliebt in den weißen Perser. Bei uns zu Hause angekommen, wurde der Neue von allen Seiten beschnuppert, und wir wussten: akzeptiert!

      Wir versuchten, ihm alles zu geben, von dem wir dachten, dass es ihm Freude bereite, aber es interessierte ihn nichts. Er setzte sich sofort in eine Schachtel, die beim Computer stand, und verließ sie drei Tage nicht.

      Dann nahm alles seinen gewöhnlichen Katzenablauf. Wir lieben ihn mehr als er uns. Er ist sehr edel und tut, was er will. Und wissen Sie, was er will? Schlafen. Und zwar den ganzen Tag. Wie kann ein Wesen nur so viel schlafen?! Tag und Nacht. Nur um zu fressen erwacht er. Aber wenn ich mich abends zum Computer setze, um eine Nachricht zu öffnen oder zu schreiben, ist es für mich unmöglich. Er springt herauf, wenn er nicht schon vor dem Computer schläft, und geht ungefähr 35 Mal vor dem Bildschirm hin und her. Dann setzt er sich direkt davor, und ich habe überhaupt keine Chance mehr. Seine Beweglichkeit ist unglaublich. Er ist der einzige Adelige in unserer Familie. Wenn er genug hat, legt er seinen Kopf in meine Hand, und wenn er zu schnurren beginnt, weiß ich, jetzt geht er bald schlafen. Er ist halt vom Schlafen müde, das muss man verstehen.

      Es finden natürlich bei uns auch Spieldramen statt. Pipsi, die große Sympathien zu Nicolaus hat, bekommt gegen Abend oft den Rappel. Sie jagt den Kater durch die ganze Wohnung im Kreis, immer wieder und zwickt ihn in den weißen Schwanz, worauf sie selber plötzlich einen weißen Bart hat. Ich bin entsetzt, aber es macht beiden nichts. Er schläft auf der Stelle wieder ein, und sie sitzt an meinen Füßen.

      Hans Weigel, der sein Leben mit Schreiben verbrachte, lebte in den letzten zwanzig Jahren mit Katzen. Sie besuchten ihn sogar auf seinem Schreibtisch in Maria Enzersdorf, von dem er den schönen Blick auf die Weinbergkette hatte. Ob Katzen Ausblicke schätzen? Auf alle Fälle haben sie ihm viel von ihrem Leben eröffnet. Mit einem Theaterstück gab er ihnen etwas zurück:

      HANS WEIGEL

       Hund und Katze

      Viertes Spiel (Zwischenspiel)

      Atmosphäre für eine intime Duoszene. Bei Minka.

      TASSO: (zart, gehemmt) Fräulein Minka

      MINKA: Oh – Herr Tasso.

      TASSO: Sind Sie allein?

      MINKA: Ja, die ganze Familie ist fort.

      TASSO: Störe ich?

      MINKA: Aber nein, im Gegenteil.

      TASSO: Ja, merkwürdig, da lebt man Tag für Tag ganz nebeneinander, und einer weiß nichts vom andern.

      MINKA: Oh, ich weiß viel von euch. Ich habe euch oft zugesehen.

      TASSO: Gesehen? (nachdenkend) Ja, vielleicht – aber ohne Nase erkennt man doch niemanden. Höchstens die eigenen Leute. Eine Katze sieht doch aus wie die andere.

      MINKA: Aber nein! Das könnte man eher von den Hunden sagen. Die Familien kenne ich auseinander, Dackel, Pudel, Terrier – aber die einzelnen? Die sind für mich wie die Menschen.

image

      TASSO: Interessant. So geht’s mir mit den Katzen. Kein Gesicht.

      MINKA: Und können Sie mich jetzt auch sehen?

      TASSO: Ja, Sie! Weil Sie’s sind! (lächelnd) »Hund und Katze«.

      MINKA: (nachdenklich) Ich weiß selbst nicht.

      TASSO: Schöne Minka.

      MINKA: Schöner Tasso!

      TASSO: Meine Minka.

      MINKA: Mein Tasso.

      TASSO: Weißt du, wir haben viel vor. Wir wollen, dass es den Hunden besser geht. Wir wollen nicht länger die Herren mit uns machen lassen, was sie wollen. Erzähl das den Katzen, damit sie wissen, wer wir sind.

      MINKA: Ich möchte euch so gern helfen. Ich finde das großartig, was du da machst.

      TASSO: Du kannst mir helfen. Wenn die Katzen sich anders stellen zu uns, werden meine Hunde wissen, dass ich das gemacht habe.

      MINKA: Die Katzen werden sich anders benehmen. Hund und Katze werden Freunde werden. Hund und Katze müssen Freunde werden – Tasso.

      TASSO: Ja, aber es ist schwer, Minka,