Butler Parker 126 – Kriminalroman. Günter Dönges. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Günter Dönges
Издательство: Bookwire
Серия: Butler Parker
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740923358
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und lenkte eindeutig ab, um einer weiteren Debatte über Höchstgeschwindigkeiten aus dem Weg zu gehen.

      »Natürlich fahre ich allein, Mylady«, erklärte der Fahrer, der Stanley Hudson hieß und sein nicht gerade billiges Hobby auf dem Umweg über seine Süßwarenfabrik finanzierte, die ihm gehörte. »Ich brauche unterwegs keine Ablösung oder einen Butler.«

      Während er das mit einiger Herablassung sagte, maß er Josuah Parker mit abschätzendem Blick.

      »Darf ich mir die Freiheit nehmen, Sir, eine Frage zu stellen?« schaltete Parker sich ein.

      »Wenn es sich nicht vermeiden läßt? Ich will schließlich weiter.«

      »Den Anschluß schaffen Sie mit dieser müden Kutsche nie«, stichelte Agatha Simpson.

      »Das ist eine ... Herausforderung.« Stanley Hudson besann sich im letzten Moment, wie prominent die Lady war. Und wie immens reich dazu. Sie war mit dem Blut- und Geldadel der Insel verschwistert und verschwägert. Ihr Einfluß reichte weit, da war es besser, sich ein wenig unter Kontrolle zu halten.

      »Sie sind sicher, Sir, einen derben Schlag gegen den Hinterkopf erhalten zu haben? Kann es sich unter Umständen um ein Wurfgeschoß gehandelt haben?« Parker ließ sich nicht aus dem Konzept bringen und brachte seine Frage an.

      »Ob Schlag oder Wurfgeschoß, was weiß denn ich?« Stanley Hudson kletterte in seinen Oldtimer. »Für mich kommt es auf dasselbe heraus, verstehen sie? Ich habe kostbare Zeit verloren, ich muß weiter. Viel Erfolg, Mylady!« Als er saß, erinnerte er sich, daß seinem Oldtimer der Anlasser fehlte. Er stieg also wieder aus und beschäftigte sich ausgiebig mit der Anwerfkurbel. Der Motor reagierte aber darauf überhaupt nicht, er schwieg beharrlich.

      »Ich kenne einen Schrottplatz, auf dem man Ihre Kutsche besonders schonend abwracken wird«, stichelte die Sechzigjährige wieder. Sie stieg würdevoll in ihren Wagen und nickte ihrem Butler gnädig zu. Josuah Parker beugte sich zur Kurbel des »Victor« hinunter und drehte kurz und ruckartig. Dann sprang er erstaunlich schnell und unter Verzicht auf jedwede Gelassenheit einen halben Schritt zurück und lauschte den Geräuschen, die der Motor von sich gab.

      Er knatterte, schien sich aus seiner Verankerung lösen zu wollen, brachte den gesamten Wagen in lange Schwingungen und lief dann plötzlich erfreulich rund. Parker nahm neben Mylady Platz und wappnete sich. Agatha Simpson mußte nämlich den ersten Gang einkuppeln und dazu einen langen Hebel aus bestem Schmiedestahl bewegen.

      Alles klappte ausgezeichnet.

      Victor machte einen Satz nach vorn, streckte sich und nahm dann Fahrt auf. Gleichzeitig aber hüllte er sich wieder in eine blauschwarze Rauchwolke und nebelte den Vanguard ausgiebig ein.

      »Was sagen Sie zu diesem blutigen Anfänger?« wollte Agatha Simpson dann wissen. »Er ist weder niedergeschlagen noch beworfen worden, wenn Sie mich fragen. Er ist einfach in der Kurve aus seinem Wagen gefallen. Dieser Mann hatte noch nie eine besondere Kurventechnik!«

      »Mylady werden verzeihen, wenn ich mir die Freiheit nehme, in diesem Fall zu widersprechen«, gab Josuah Parker höflich zurück und präsentierte seiner Herrin einen Zettel. »Diese Botschaft befand sich in der Hand des besinnungslosen Mr. Hudson.«

      »Botschaft?« Agatha Simpson runzelte ausgiebig die Stirn und schaute ihren Butler an. Danach geriet ihr Victor sofort aus der Kurve, denn seine Lenkung war mehr als defekt.

      »Der Straßengraben, Mylady«, erinnerte Parker diskret.

      »Wieso Straßengraben? Sprachen Sie eben nicht von einer Botschaft, Mr. Parker? Sie machen einen sehr zerstreuten Eindruck auf mich. Ist Ihnen nicht wohl?«

      »Der Straßengraben«, erinnerte der Butler noch mal. »Mylady nähern sich ihm mit Vehemenz.«

      »Ach so, das!« Agatha Simpson korrigierte den Kurs im letzten Moment, ohne aber auch nur die Spur einer gewissen Aufregung zu zeigen. »Lenken Sie mich gefälligst nicht immer ab. Was ist das mit der Botschaft?«

      »Im Grund, Mylady, handelt es sich um eine Mordandrohung.«

      Diesmal hatte der Butler aufgepaßt.

      Als Lady Simpson vor freudiger Überraschung voll auf das Bremspedal trat, schob Parker sich nicht wieder auf die Motorhaube. Er hielt sich gründlich fest.

      »Eine Mordandrohung, Mylady«, wiederholte Parker. »Falls Mr. Stanley Hudson nicht bereit ist, in Richmond fünftausend Pfund zu zahlen, will der Mörder ihn durch einen gezielten Schuß an der Weiterfahrt hindern.«

      *

      »Das kann doch nur ein geschmackloser Scherz sein«, sagte Agatha Simpson.

      »Davon sollten Mylady besser nicht ausgehen«, erwiderte Josuah Parker.

      »Hier scheint sich ein neuer Kriminalfall anzubahnen.« Die passionierte Detektivin war von dieser Aussicht offensichtlich recht angetan.

      »Vielleicht sollte man Mr. Hudson warnen, Mylady«, schlug der Butler vor. »Der Vanguard passiert gerade die Kurve.«

      »Ich werde ihn stoppen.« Lady Simpson wartete die Antwort ihres Butlers gar nicht erst ab, stieg ein wenig mühsam aus dem Victor und baute sich mitten auf der Landstraße auf. Sie winkte mit den Armen und wollte Mr. Hudson veranlassen, das Bremspedal zu treten.

      Stanley Hudson jedoch schien das Gefühl zu haben, daß man ihn erneut belästigen wollte. Er tat daher so, als habe er nicht recht verstanden und winkte zurück. Dann fuhr er in elegantem Bogen um die verdutzte Lady herum und brauste weiter. Er wandte sich noch mal um und winkte erneut.

      »Dieser Trottel«, grollte die Detektivin. »Er fährt direkt seinem Tod entgegen, Mr. Parker, Mr. Parker!?«

      »Mylady?« Parker stand bereits dicht hinter seiner Herrin und lüftete erwartungsvoll die schwarze Melone.

      »Ihm nach«, befahl Agatha Simpson. »Wir werden alles aus dem Victor herausholen, Mr. Parker. Ich verlange genaue Angaben darüber, wie ich die nächsten Kurven nehmen muß.«

      Parker begab sich zurück an die Drehkurbel und versuchte ehrlich, den Motor wieder in Gang zu bringen, doch diesmal sperrte er sich. Wahrscheinlich war er der Ansicht, bereits genug geleistet zu haben, kurz, er setzte sich nicht in Bewegung.

      »Lassen Sie sich endlich etwas einfallen«, fuhr die resolute Dame ihren Butler schließlich gereizt an. »Wo bleiben denn die übrigen Wagen?«

      »Möglicherweise ein Massensterben der Motoren, Mylady«, vermutete Parker gemessen.

      »Warum haben Sie Hudson nicht rechtzeitig gewarnt?« Agatha Simpson war nervös geworden und sah Parker vorwurfsvoll an.

      »Ich muß bekennen, Mylady, daß ich den Text zu spät zu entziffern vermochte.«

      »Wie erreichen wir jetzt diesen Hudson, Mr. Parker?«

      »Falls Mylady einwilligen, könnte ich dort drüben vom Haus aus anrufen und die zuständigen Behörden verständigen.«

      »Tun Sie das. Normalerweise bin ich ja gegen Behörden, aber jetzt muß es wohl sein.«

      Parker lüftete noch mal seine schwarze Melone und machte sich dann auf den Weg zu dem einzelstehenden Landhaus, das von einer hohen Taxushecke umgeben war.

      Parker warf sich ehrlich vor, nicht rechtzeitig geschaltet zu haben. Er nahm diese Erpressung mit gleichzeitiger Mordandrohung sehr ernst. Hier hatte sich kein sogenannter Witzbold einen geschmacklosen Scherz geleistet.

      Er hatte die hohe Taxushecke erreicht, ging auf das Tor zu und eilte dann zum Haus. Es handelte sich um einen langgestreckten, einstöckigen Bau aus dicken Backsteinquadern. Dieses Haus machte auf den Butler leider einen recht verschlossenen und verlassenen Eindruck.

      Und seine Annahme war richtig.

      Auf sein Klingelzeichen hin rührte sich nichts im Haus. Es blieb totenstill. Parker bemühte sich um die nächste Hausecke, um auf der Rückseite nach Bewohnern zu fahnden. Arglos ging er um diese Hausecke herum, passierte dann einen kleinen Vorbau, der wohl zur