Zu dir – zu dir, du einsames Geschwister,
Euch Töchtern des Geschickes, flieht
Bei meiner Laute leiserem Geflister
Schwermütig süß mein Minnelied.
Ihr einzigen, für die noch kein Sonett gegirret,
Um deren Geld kein Wucherer noch warb,
Kein Stutzer noch Klag-Arien geschwirret,
Kein Schäfer noch arkadisch starb.
Die ihr den Nervenfaden unsers Lebens
Durch weiche Finger sorgsam treibt,
Bis unterm Klang der Schere sich vergebens
Die zarte Spinnewebe sträubt.
Daß du auch mir den Lebensfaden spinntest,
Küß ich, o Klotho, deine Hand; –
Daß du noch nicht den jungen Faden trenntest,
Nimm, Lachesis, dies Blumenband.
Oft hast du Dornen an den Faden,
Noch öfter Rosen drangereiht,
Für Dorn’ und Rosen an dem Faden
Sei, Klotho, dir dies Lied geweiht.
Oft haben stürmende Affekte
Den weichen Zwirn herumgezerrt,
Oft riesenmäßige Projekte
Des Fadens freien Schwung gesperrt;
Oft in wollüstig süßer Stunde
War mir der Faden fast zu fein,
Noch öfter an der Schwermut Schauerschlunde
Mußt er zu fest gesponnen sein:
Dies, Klotho, und noch andre Lügen
Bitt ich dir itzt mit Tränen ab,
Nun soll mir auch fortan genügen,
Was mir die weise Klotho gab.
Nur laß an Rosen nie die Schere klirren,
An Dornen nur – doch wie du willst.
Laß, wenn du willst, die Totenschere klirren,
Wenn du dies eine nur erfüllst:
Wenn, Göttin, itzt an Laurens Mund beschworen
Mein Geist aus seiner Hülse springt,
Verraten, ob des Totenreiches Toren
Mein junges Leben schwindelnd hängt,
Laß ins Unendliche den Faden wallen,
Er wallet durch ein Paradies,
Dann, Göttin, laß die böse Schere fallen!
O laß sie fallen, Lachesis!
An den Frühling
Willkommen, schöner Jüngling!
Du Wonne der Natur!
Mit deinem Blumenkörbchen
Willkommen auf der Flur!
Ei! ei! da bist ja wieder!
Und bist so lieb und schön!
Und freun wir uns so herzlich,
Entgegen dir zu gehn.
Denkst auch noch an mein Mädchen?
Ei, Lieber, denke doch!
Dort liebte mich das Mädchen,
Und’s Mädchen liebt mich noch!
Fürs Mädchen manches Blümchen
Erbettelt’ ich von dir –
Ich komm und bettle wieder,
Und du? – du gibst es mir?
Willkommen, schöner Jüngling!
Du Wonne der Natur!
Mit deinem Blumenkörbchen
Willkommen auf der Flur!
Die Blumen
Kinder der verjüngten Sonne,
Blumen der geschmückten Flur,
Euch erzog zu Lust und Wonne,
Ja, euch liebte die Natur.
Schön das Kleid mit Licht gesticket,
Schön hat Flora euch geschmücket
Mit der Farben Götterpracht.
Holde Frühlingskinder, klaget!
Seele hat sie euch versaget,
Und ihr selber wohnt in Nacht.
Nachtigall und Lerche singen
Euch der Liebe selig Los,
Gaukelnde Sylphiden schwingen
Buhlend sich auf eurem Schoß.
Wölbte eures Kelches Krone
Nicht die Tochter der Dione
Schwellend zu der Liebe Pfühl?
Zarte Frühlingskinder, weinet!
Liebe hat sie euch verneinet,
Euch das selige Gefühl.
Aber hat aus Nanny’s Blicken
Mich der Mutter Spruch verbannt,
Wenn euch meine Hände pflücken
Ihr zum zarten Liebespfand,
Leben, Sprache, Seelen, Herzen,
Stumme Boten süßer Schmerzen,
Goß euch dies Berühren ein,
Und der mächtigste der Götter
Schließt in eure stillen Blätter
Seine hohe Gottheit ein.
Der Flüchtling
Frisch atmet des Morgens lebendiger Hauch;
Purpurisch zuckt durch düst’rer Tannen Ritzen
Das junge Licht und äugelt aus dem Strauch;
In gold’nen Flammenblitzen
Der Berge Wolkenspitzen.
Mit freudig melodisch gewirbeltem Lied
Begrüßen erwachende Lerchen die Sonne,
Die schon in lachender Wonne
Jugendlich schön in Auroras Umarmungen glüht.
Sei, Licht, mir gesegnet!
Dein Strahlengruß regnet
Erwärmend hernieder auf Anger und Au.
Wie flittern die Wiesen,
Wie silberfarb zittern
Tausend Sonnen im perlenden Tau!
In säuselnder Kühle
Beginnen die Spiele
Der jungen Natur.
Die Zephyre kosen
Und schmeicheln um Rosen,
Und Düfte beströmen die lachende Flur.
Wie