„Deine Tochter? Fast habe ich vergessen, daß du eine hast!“ ließ sich Lord Milthorpe daraufhin vernehmen.
„Bettina war in einem französischen Internat“, erklärte Sir Charles. „Eigentlich hätte sie schon debütieren sollen, aber Sheila Buxton, ihre Patin, erkrankte. Und vor kurzem ist die Ärmste gestorben.“
„Ja, das hörte ich. Eine wunderbare Frau. Ich fand sie immer überaus sympathisch“, bemerkte dazu Lord Milthorpe.
„Du hast also eine Tochter, um die du dich kümmern mußt, Charles“, stellte der Herzog bedächtig fest,
„So ist es.“
„Dann muß deine Tochter einfach mitkommen“, sagte der Herzog, „da wir dich und deine gute Laune keinesfalls entbehren können.“
In Sir Charles’ Blick leuchtete etwas auf.
„Ist das dein Ernst?“
„Ja, natürlich. Eine Person zusätzlich spielt keine Rolle. Und noch etwas ... ich werde einen jungen Mann für deine Tochter miteinladen - warum nicht meinen vermutlichen Erben?“
„Du meinst doch nicht etwa Eustace?“ rief Lord Milthorpe entgeistert.
„Natürlich meine ich Eustace. Es wird meinem Halbbruder nicht schaden, wenn er von seinen ewigen Moralpredigten abgelenkt wird und meine Freunde im Oberhaus endlich in Ruhe läßt. Ständig bekomme ich ihre Klagen zu hören, weil er ihnen mit seinen Horrorgeschichten Angst einflößen will und sie gleichzeitig dazu drängt, ihre Taschen zu leeren.“
Keiner seiner Freunde gab ihm darauf eine Antwort. In seiner Gegenwart wagte es niemand, an seinem Halbbruder Kritik zu üben, im Gegenteil, man bemühte sich, etwas Nettes über ihn zu sagen.
„Varien, ich finde es sehr großzügig, daß du Bettina mitnehmen willst“, brach Sir Charles nach einer Weile das Schweigen. „Ich kann nur hoffen, das Kind ist keine Langweilerin geworden. Seinerzeit war sie nicht auf den Mund gefallen und wußte zu allem etwas zu sagen.
„Wenn sie auch nur ein bißchen nach ihrem Vater geraten ist, wird sie wie ein Lebenselixier auf unsere Gesellschaft wirken“, scherzte Lord Milthorpe gut gelaunt.
„Danke, George“, sagte darauf Sir Charles. „Ich werde mich sehr bemühen, meiner Rolle zu entsprechen.“
Der Herzog lachte.
„Charles, du fällst nie aus der Rolle, und du weißt sehr gut, daß ohne dich jeder Gesellschaft die Würze fehlt.“
Sir Charles wollte eben darauf antworten, als der Butler ankündigte: „Lady Daisy Sheridan und die ehrenwerte Mrs. Dimsdale, Euer Gnaden!“
Zwei Damen, beide auffallende Schönheiten, betraten den Salon. Als der Herzog sich erhob und ihnen entgegenging, ließen Lady Daisys Blick und seine Miene keinen Zweifel daran, daß sie einander viel bedeuteten.
Sie reichte ihm ihre behandschuhten Hände, die er an die Lippen führte.
„Entschuldige unser Zuspätkommen“, sagte Lady Daisy atemlos. „Kitty ließ sich nicht davon abbringen, noch eine Auswahl neuer Hüte zu kaufen, die sich eigentlich keine von uns leisten kann, doch wir konnten einfach nicht widerstehen.“
„Wie könnte es anders sein?“ erwiderte der Herzog mit einem zynischen Lächeln.
Er wußte sehr wohl, wer für diesen Hutkauf aufkommen mußte, ebenso wie er wußte, daß jeder Besuch der beiden Damen von der Erwartung begleitet wurde, er würde sich finanziell großzügig zeigen.
Daisys kleine Ränke und Schachzüge waren ihm nur zu vertraut.
Wären ihre Liebhaber nicht für ihre Rechnungen aufgekommen, hätte Lady Daisy Sheridan, deren Ehemann dem Kartenspiel leidenschaftlich verfallen war, ihren Ruf als einer der elegantesten Frauen Londons nicht aufrechterhalten können.
Der Herzog war nur zu gern bereit zu tun, was von ihm erwartet wurde, wenngleich er es bedauerlich fand, daß Daisy ihre Absichten so deutlich erkennen ließ.
Als wüßte sie, daß ihr Wunsch so gut wie erfüllt war, spürte er, wie ihre Hand die seine einen kurzen Augenblick lang fester umfaßte. Dann steuerte sie wie ein Schwan auf Lord Milthorpe zu und reichte diesem hoheitsvoll die Hand.
„Lieber George, ich wußte, du würdest da sein. Wie schön, dich zu sehen“, sagte sie huldvoll.
„Hoffentlich hast du Kitty nicht zu neuen Extravaganzen verführt“, seufzte er. „Meine beiden Jagdpferde, die ich mir erst kürzlich zulegte, sind noch nicht bezahlt.“
„Unsinn!“ antwortete Lady Daisy. „Du bist reich wie Krösus und weißt gar nicht, wieviel du besitzt.“
„Das kann man leider von mir nicht behaupten“, meinte darauf Sir Charles mit einem Lächeln.
„Nein, wirklich nicht“, erwiderte Lady Daisy, „wir alle aber wissen, wie großzügig du wärest, wenn du könntest.“
„Ich glaube, das ist so ungefähr das Netteste, was man mir je sagte“, meinte Sir Charles nach einer kleinen Pause.
„Du verdienst es, Charles“, sagte Lady Daisy. „Und jetzt möchte ich erfahren, was ihr drei Musketiere vor unserer Ankunft zu besprechen hattet.“
„Die Antwort sollte klar sein, ist es aber nicht“, entgegnete Sir Charles.
„Die Rede war nicht von uns?“ lautete Lady Daisys erstaunte Reaktion. „Das ist ja ungeheuerlich! Varien, bist du mir etwa untreu geworden? Das würde ich nicht ertragen können!“
„Im Gegenteil“, sagte der Herzog, „wir haben uns etwas ausgedacht, das euch weitaus größeres Vergnügen bereiten wird als die Jagdbälle, die Fasanenjagd und die zahlreichen Gesellschaften, die euren Terminkalender im Moment füllen.“
„Was für ein Vorschlag könnte das sein?“
„Wir werden an der Eröffnung des Suezkanals teilnehmen“, antwortete der Herzog.
Der entzückte Aufschrei, der seinen Worten folgte, kam für ihn nicht unerwartet.
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