Im Zeichen der Liebe. Barbara Cartland. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Barbara Cartland
Издательство: Bookwire
Серия: Die zeitlose Romansammlung von Barbara Cartland
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9781788670746
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      „Als Adresse ist Madame de Vesaries Institut angegeben“, sagte er. „Sollen wir das Institut direkt benachrichtigen?“

      „Ja, bitte“, gab Bettina zur Antwort. „Falls sie Angehörige und ein Zuhause hat, so ist mir davon nichts bekannt.“

      „Hm, ich verstehe. Nun, Miss Charlwood, seien Sie versichert, daß alles Nötige unternommen wird. Ich ließ bereits vom Krankenhaus aus einen Priester verständigen. Er war darauf vorbereitet, die Sterbesakramente zu erteilen und wird jetzt für eine Beerdigung auf einem katholischen Friedhof sorgen.“

      „Haben Sie vielen Dank. Sie haben sich sehr um Mademoiselle bemüht.“

      „Es tut mir unendlich leid, daß wir ihr nicht helfen konnten.“

      Der Arzt drückte Bettina stumm die Hand, eine Geste, die ihr ins Gedächtnis rief, daß sie ihn auf sein Honorar ansprechen sollte, doch da fiel ihr ein, daß Lord Eustace versprochen hatte, sich um alles zu kümmern.

      Papa muß es ihm zurückzahlen, sagte sie sich.

      Sehr wahrscheinlich kannte Lord Eustace ihren Vater, der seinerseits fast alle Mitglieder der Aristokratie kannte.

      Nachdem der Arzt gegangen war, setzte Lord Eustace sich ans Feuer.

      „Ich sollte Ihnen die Adresse meines Vaters geben,“ sagte Bettina. „Vielleicht kennen Sie ihn auch. Mein Vater ist Sir Charles Charlwood, ein Freund des Prince of Wales.“

      Zu ihrer Verwunderung schien Lord Eustace daraufhin zu erstarren.

      „Ich habe von Ihrem Vater gehört, doch verkehre ich nicht in seinen Kreisen.“

      „Nein?“

      Bettina war überrascht.

      „Wenn Sie die Wahrheit wissen wollen .., ich mißbillige den Lebenswandel des Prinzen und seiner sogenannten Freunde.“

      Wie um seine Ungehörigkeit wiedergutzumachen, beeilte er sich hinzuzusetzen: „Bitte, glauben Sie nicht, daß ich auch Ihren Vater, den ich nicht persönlich kenne, ablehne. Doch das Leben des Prinzen gibt Anlaß zu viel Klatsch und Tratsch, ein Umstand, der angesichts des Elends und der Not in unserem Land höchst verwerflich ist.“

      „In Frankreich ist Seine Königliche Hoheit Gegenstand uneingeschränkter Bewunderung“, gab Bettina zu bedenken. „Er erfreut sich dort großer Beliebtheit.“

      „Ja, man weiß, daß Seine Königliche Hoheit in Paris einen sehr guten Eindruck hinterließ“, mußte Lord Eustace zugeben. „Dies kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, daß seine Extravaganz und die seiner Freunde ebenso wie die rauschenden Feste, die diese veranstalten, in krassem Widerspruch zur sozialen Situation der unteren Klassen stehen.“

      „Ist es ... so schlimm?“

      „Ja, Miss Charlwood. Ich persönlich bin zutiefst betroffen über die Gleichgültigkeit und Interesselosigkeit derer, denen diese Probleme, die einem in jeder größeren Stadt Englands begegnen, am Herzen liegen sollten.“

      Sein aufrichtiger Ton veranlaßte Bettina zu der Äußerung: „Man spürt, daß Sie den Armen helfen wollen.“

      „Ja, das will ich, aber leicht ist es nicht. Ich kann Ihnen versichern, Miss Charlwood, daß man es nicht nur mit Gleichgültigkeit, sondern auch mit der selbstsüchtigen Ignoranz jener zu tun hat, deren Pflicht es wäre, besser informiert zu sein.“

      „Die Armen können sich glücklich schätzen, daß Sie sich ihrer Sache annehmen“, antwortete Bettina mit einem Lächeln.

      „Eines Tages möchte ich Ihnen zeigen, was ich unternehme, um den vom Glück weniger begünstigten Mitgliedern unserer Gesellschaft zu helfen. Leider ist es nur ein winziger Tropfen auf den heißen Stein.“

      Lord Eustace brachte das alles mit großer Eindringlichkeit vor, so daß Bettina ihn mit neu erwachtem Interesse musterte. Der tragische Tod von Mademoiselle Bouvais hatte ihr kaum Zeit gelassen, sich den Mann näher anzusehen, der so freundlich um sie bemüht gewesen war.

      Jetzt erst nahm sie bewußt wahr, daß er zwar gut aussah, sein scharfgeschnittenes Gesicht mit der hohen, intelligenten Stirn aber zu ernst, um nicht zu sagen grimmig wirkte.

      Seine dezente Eleganz erweckte den Eindruck von beabsichtigter Unauffälligkeit, wenngleich ein Blick genügte, um festzustellen, daß seine Kleidung von einem erstklassigen Schneider stammte.

      ,Ein Mensch, der den Bedrängten stets hilfreich zur Seite steht, dachte Bettina, ,und deshalb hat er auch mir geholfen.

      Lord Eustace warf einen Blick auf die Uhr.

      „Unser Zug müßte jeden Augenblick eintreffen“, sagte er. „Warten Sie hier. Ich werde einen Träger suchen, der feststellt, wo sich unsere Plätze befinden.“

      Als er den Wartesaal durchschritt, sah Bettina, daß er breitschultrig und stattlich, wenn auch nicht sehr hochgewachsen war.

      Ein sehr ungewöhnlicher Mensch, dachte sie. So ganz anders als die anderen Männer, die ich kenne.

      Sie dachte an die Freunde ihres Vaters, die sie jovial und gut gelaunt in Erinnerung hatte, mit der unvermeidlichen Zigarre zwischen den Lippen und dem ebenso unvermeidlichen Glas in der Hand. Rückblickend mußte sie sich eingestehen, daß deren Gehabe und deren Vergnügungssucht leichtfertig, wenn nicht gar frivol waren. Sie waren ebenso ganz anders als dieser ernsthafte junge Mann, dem das Schicksal der Armen so zu Herzen ging.

      Ich hatte großes Glück, daß ich ihn ausgerechnet in diesem Moment traf, sagte sie sich mit einem leisen Seufzer. Ich wünschte, wir könnten im Zug nebeneinandersitzen und das Gespräch fortsetzen.

      Ein Windstoß fegte durch die Park Lane und erfaßte den Zylinder des Gentleman, der vor Alveston House seinem Viersitzer entstieg.

      Nur mit Mühe den Zylinder festhaltend, trat er durch die mächtige Tür und wurde in der Halle von einem livrierten Diener empfangen.

      „Ein stürmischer Tag, Mylord“, bemerkte der Butler, der ihm aus dem Mantel half.

      „Und kalt dazu“, brummte Lord Milthorpe, „aber damit muß man im Oktober schon rechnen.“

      „Ganz recht, Mylord“, gab der Butler respektvoll zurück.

      Er ging voraus und führte den Gast einen langen, mit Marmorfliesen ausgelegten Flur entlang, an dessen Ende er die hohen Türflügel aus Mahagoniholz öffnete und ankündigte: „Lord Milthorpe, Euer Gnaden!“

      Der Herzog, der am anderen Ende des Raumes vor dem Kamin saß, blickte lächelnd auf.

      „George, du hast dich verspätet“, rief er statt einer Begrüßung.

      „Charles und ich fragten uns schon, was dir zugestoßen sein könnte.“

      „Der Prinz hielt mich auf“, antwortete Lord Milthorpe.

      Er ließ sich in einem bequemen Armsessel neben den anderen beiden Herren nieder und nahm von einem Diener ein Glas Sherry entgegen.

      „Dachte ich es mir doch“, sagte der Herzog. „Wie geht es Seiner Königlichen Hoheit?“

      „Der Prinz ist äußerst schlecht gelaunt und deprimiert“, lautete Lord Milthorpes Antwort.,

      „Was ist denn nun schon wieder passiert?“ wollte Sir Charles Charlwood wissen. „Laß mich raten: Vermutlich hat ihm die Königin wieder einmal einen Strich durch die Rechnung gemacht. Es ist doch immer wieder dasselbe bei dem guten alten Bertie.“

      „Erraten!“ rief Lord Milthorpe aus.

      „In diesem Fall wirklich eine echte Schikane“, äußerte der Duke of Alveston lakonisch.

      „Varien, ich finde es einfach beschämend, ach, was heißt hier beschämend, es ist ein Skandal“, ereiferte sich Lord Milthorpe, „daß wir bei der Eröffnung des Suezkanals nur durch unseren Botschafter in Konstantinopel vertreten werden sollen.“

      „Allmächtiger!“