"Stone", sagte Paul, dem nach der Unterredung mit Krähenfeder auch nicht ganz wohl zu Mute war, ernst: "Euer ehrliches, dankbares Herz hat euch angetrieben, den, der euch das Leben gerettet hat, in der Not nicht zu verlassen, und ich hoffe, Gott wird auch uns nicht verlassen."
"Ist recht, Junge", sagte der Kentuckyer, "ist alles recht, ist ein braver Mann, der Alte, Dankbarkeit ist eine schöne Sache, und möchte ihm helfen, ist ein Fakt, wenn's nur nicht so gefährlich wäre. Denke, Junge, daß wir fort kommen von der Bande hier."
"Das würde in der That Verdacht erregen, und glaubt ihr, daß man uns ziehen lassen würde, ehe ihr eure Arbeit vollbracht habt?"
Stone kratzte sich den buschigen Kopf und entgegnete: "Könnt recht haben, Junge, lassen uns nicht fort. Dumme Geschichte, gefährliche Geschichte. Bin ein friedlicher Mann, der sich redlich nährt, kein Rowdy und dergleichen, bin nicht für Streit, wollte, hätte euch gelassen, wo ihr waret, wäre dann ganz ungefährdet hier. Dumme Geschichte."
Paul, der sich selber sagte, daß ihm die Gefahr, als Gefährte des Trappers erkannt zu werden, nahe drohe, und daß in diesem Falle er sowohl als Stone mindestens in eine sehr schlimme Lage gerieten, wenn nicht verloren waren, wurde durch die kleinmütige Rede des Büchsenschmiedes noch mehr betrübt.
Verdrossen machte sich dieser wieder an die Arbeit.
"Ist ein Glück", sagte Stone, "daß der Regen in der Nacht gefallen ist, und so alle Spuren verwischt sind. Lesen diese Roten die Zeichen des Bodens, wie wir die eines Buches. Vermute aus allem, daß sie Nachricht haben von den erschlagenen Kiowas, und daß sie nicht wissen, wem sie die Schuld zuschreiben sollen, ob den Cheyennes, ob dem kleinen Mann, dem Puck, dem Medizinmann. Wunderliches Volk, diese Roten, hassen uns, aber noch mehr ihre nächsten Stammesverwandten. Wollte Junge, wäre erst wieder im alten Kentucky", setzte er seufzend hinzu, und griff wieder zur Feile.
Unterdessen hielten die Indianer eine Beratung ab. Es war genau, wie Stone vermutete; sie hatten durch einen Späher Nachricht erhalten, daß einige ihrer Brüder erschlagen seien, doch der in der Nacht gefallene Regen hatte alle Spuren verwischt, welche einige Aufklärung über dieses Ereignis hätte geben können.
Der vor einigen Monaten erst verstorbene Häuptling der Kiowas, Manganna, ein bedächtiger, ruhiger Mann, hatte Frieden mit den Weißen und den benachbarten Stämmen zu halten gewußt. Kaum war aber der wilde und grausame Krähenfeder sein Nachfolger geworden, als er ein Bündnis mit den nördlicher wohnenden Dakotas oder Sioux, wie man sie gemeinhin nannte, schloß, um mit ihnen gemeinsam über die Ansiedlungen am Missouri herzufallen. Dann aber beeilte er sich, den unter dem Schutze der benachbarten Cheyennes stehenden Trapper, den er seit jenem früheren blutigen Zusammentreffen an dessen Shanty, welches so schmachvoll für die Angreifer endete, grimmig haßte, in seine Gewalt zu bringen, um ihn seiner Rache zu opfern. Die zufällige Abwesenheit rettete Puck und Paul vor gleichem Schicksal, vielleicht auch die abergläubische Scheu, welche der Zwerg den Kiowas einflößte.
Diese Scheu war so groß, daß sie nicht abgeneigt waren, den Tod der Ihren seiner übernatürlichen Kraft zuzuschreiben. An einem Kampfe mit den Cheyennes, so sehr er sie auch haßte, war Krähenfeder im Augenblick, wo er mit den Dakotas gegen die Ansiedlungen ziehen mußte, nichts gelegen, und den Hergang des Gefechtes, der seine Krieger zu Boden warf, kannte er nicht. Daß die Cheyennes die Gefangennahme des Trappers nicht ruhig hinnehmen würden, setzte er zwar voraus, doch war es zweifelhaft, wann ihnen die Kunde davon zukäme, auch hoffte er sie im Notfall besänftigen zu können oder sie durch den mit den Dakotas geschlossenen Bund einzuschüchtern. Der größere Teil seiner Leute war noch nordwärts mit der Büffeljagd beschäftigt, um Vorräte für den Winter einzuheimsen; dies allein hatte auch die sofortige Abschlachtung des Trappers verhindert, der in Gegenwart des ganzen Stammes unter unerhörten Qualen enden sollte.
Die Nachricht von dem Tode ihrer Brüder hatte die hier anwesenden Kiowas in wildeste Wut versetzt, und es galt um jeden Preis, sich Aufklärung über die näheren Umstände zu verschaffen, besonders darüber, wie weit Cheyennes dabei beteiligt waren.
Die Beratung Krähenfeders endete damit, daß nach verschiedenen Richtungen Reiter ausgesandt wurden, denen er bald mit sämtlichen anwesenden Kriegern nach Süden folgte.
Während nun die Häuptlinge und älteren Krieger berieten, waren den beiden Büchsenmachern noch eine Anzahl Gewehre zugestellt worden, die der Ausbesserung bedürftig waren. Unter diesen befand sich, wie Paul mit tiefer Erregung bemerkte, die ihm wohlbekannte Doppelbüchse des Trappers. Er sagte es Stone. "Hm", brummte der, "wollen dem alten Herrn diese Waffe in Ordnung bringen, hoffe, wird sie noch oftmals abfeuern." Es zeigte sich, daß ein festeres Anziehen der Schrauben die Büchse alsbald wieder brauchbar machte.
Als sie dann trübseligen Sinnes zu ihrem Nachtlager zurückgingen, um einige Speisen zu sich zu nehmen, bemerkten sie, daß nur sehr wenige ältere Männer noch anwesend waren.
Den ihnen begegnenden Chamulpa redete Stone an: "Nun, sind die Herren Kiowas zur Jagd geritten, alte Rothaut?"
Dieser nickte mit grimmigem Lächeln, und ging langsam mit ihnen zu der Höhle, die ihnen zum Aufenthalt angewiesen war. Als sie um die Felsecke bogen, sahen sie neben deren Eingang einen jungen Indianer sitzen, der ein wie es schien gänzlich erschöpftes Pferd am Zügel hielt.
Kaum erblickte er Paul, als er einen Ruf des Erstaunens hören ließ und rasch einige Worte in indianischer Sprache rief. Er hatte noch nicht ausgesprochen, als die Hand Chamulpas sich mit festem Griff um Pauls Kehle legte und der erschrockene Jüngling in des Wilden grimmiges Gesicht, in dessen wutfunkelnde Augen blickte. Jäh überrascht, entsetzt, zur Verzweiflung getrieben, den nahen Tod vor Augen sehend, griff Paul blitzschnell zum Messer, welches er im Gürtel führte, und bohrte es in des Indianers Seite. Dieser ließ Pauls Kehle los und taumelte zurück; der junge Indianer sprang mit einem gellenden Schrei auf sie zu, aber ein kunstgerechter Faustschlag Bills, zwischen seine Augen mit der ganzen Kraft des Kentuckyers geführt, streckte ihn besinnungslos nieder.
Dies alles geschah mit einer solchen Schnelligkeit, und so instinktiv, daß sich Bill und Paul ganz erstaunt ansahen, als die ihnen so plötzlich erstandenen Gegner darnieder geschlagen waren.
"Nun, bei Gott, das ist eine schöne Geschichte. Jetzt ist's vorbei. Aber lebendig sollen sie meines Vaters Sohn nicht haben."
Er sprang in die Höhle und erschien, während Paul noch immer vor sich hinstarrte, als ob er das Furchtbare nicht fassen könne, mit der Büchse in der einen Hand, Kugelhorn und Pulverhorn in der andern, im Freien.
"Komm, Junge, jetzt heißt's ums Leben rennen, hinaus zu den Maultieren."
Mit Staunen hatten zwei in der Nähe weilende Indianer dem allem zugesehen, und schrien jetzt wild auf, als Stone und Bill davonliefen, um in die Prairie zu gelangen. Andre sprangen herbei, und noch ehe die Flüchtlinge um die nächste Ecke biegen konnte, sauste ein Pfeil ihnen nach. Mit Schrecken sahen sie sich vor einer Felswand, sie hatten den Weg verfehlt.
"Zurück!" schrie Bill, "und drauf, ich bin ein friedlicher Mann, aber muß es gefochten sein, wird meines Vaters Sohn sich wehren."
Sie stürmten zurück, vier Indianer traten ihnen entgegen; Bill riß die Büchse an die Wange, sie entlud sich donnernd und einer der Männer stürzte nieder, die andern wichen vor den in wilder Aufregung Anstürmenden zur Seite. Nicht rasch genug, daß nicht ein Kolbenschlag Bills einen von ihnen kampfunfähig gemacht hätte. Beide liefen weiter und kamen wieder an den Kessel, an dem ihre Höhle lag.
"Nach dem Flusse", keuchte Bill. Sie eilten dahin.
In einer engen Schlucht traten ihnen wieder zwei Indianer entgegen, die wohl noch kaum wußten, was vorgegangen war. Der eine erhielt einen solch furchtbaren Stoß mit dem Büchsenlauf, daß er niedersank, der andre einen Schlag von des Kentuckyers gewaltiger Faust, daß er taumelnd sich an der Felswand hielt.
Weiter stürmten beide.
Sie bogen in das Felsenrund ein, welches der Oshonta durchströmte.
"Nimm