"Nun", sagte der Zwerg, "wenn der Oheim zum großen Geiste geht, wird er nicht allein sein - Puck ist an seiner Seite."
"Ja, mein guter Junge, das wird wohl nicht gehen, dem Naturgesetze nach werde ich früher abberufen als du, wirst dir dann schon allein durchs Leben helfen müssen."
Der Zwerg antwortete nichts.
Der Trapper wechselte den Gegenstand des Gesprächs und fragte: "Dein Vater wohnte am Flusse selbst, Paul?"
"Ja, Herr, von unsrer Veranda aus blicken wir auf den Strom."
"Ist dicht besiedelt dort die Gegend, wie?"
"Das ganze County ist besiedelt und weit und breit angebaut. Auch haben wir die Städte Athen und Monmouth in unsrer Nähe, mit dem Dampfboot leicht zu erreichen."
"Hat sich gewaltig geändert, seitdem ich den alten Arkansas dort sah, streiften damals nur Jäger und Rothäute an seinen Ufern umher."
"So erzählte mein Vater, der mit dem Großvater sich vor vielen Jahren dort niedergelassen hat."
"Und hast die Schule besucht, Master Paul? Bist ein Gelehrter, he?"
"Nun", lachte der Knabe, "für einen Gelehrten würden mich wohl wenige halten."
"Hast dir einen Lebensberuf gewählt?"
"Ich weiß es nicht anders, als daß ich in meines Vaters Fußstapfen trete - freilich glaubte ich nicht", setzte er traurig hinzu, "daß es so bald geschehen werde."
"Ist denn jemand da, der nach deinem Eigen sieht, außer deinem Oheim?"
"Ja, Sir, da ist der alte Brown, der mit meinem Vater aufgewachsen ist, der sieht schon nach dem Rechten."
"So? Hm, gut. Taugt nichts, wenn eine große Farm herrenlos ist."
Nach einer Weile sagte er: "Verzeih, Kind, wenn ich eine schmerzliche Seite berühre, aber wie starb denn dein Vater?"
"Ach, Herr, er litt schon längere Zeit an einem Herzübel und ist ihm auch erlegen."
"So?" Er rauchte stumm weiter. "Ja, Junge", sagte er nach einiger Zeit, "es weiß keiner, wie das Leben mit ihm umspringt und wo und wie er endet. Bin, als ich jung war, auch in den Ansiedlungen gewesen, habe die Städte im Osten gesehen und auch die Schule besucht; wollte mein Alter einen rechten Kerl aus mir machen - und siehst mich heute als Trapper in der Wüste. Aber es ist gut so. Die Stürme des Lebens liegen hinter mir, meine Seele hat Frieden."
Wiederum versank er in Schweigen, nachdenklich vor sich hinblickend, bis er endlich sagte: "Wir wollen uns auf den Heimweg machen. Hole die Pferde, Puck."
Dieser ging sofort.
Leiser fuhr er dann fort: "Ich wünsche, Paul, da wir hier einige Zeit zusammenleben müssen, daß du dich mit dem armen Burschen auf guten Fuß stellst. Er ist ein herzensguter Junge, aber eifersüchtig auf alle, welche meine Teilnahme zu erregen scheinen, und gerät da leicht in eine gereizte Stimmung. Dem jungen Cheyenne, der bei mir weilte, hat er mehrere boshafte Streiche gespielt, so daß der eines Tages mit dem Messer ihm zu Leibe wollte und ich mit aller Macht dazwischen fahren mußte, obgleich der Indianer trotz des Messers sicher den Kürzeren gezogen hätte. Also sei freundlich gegen Puck und trage es ihm nicht nach, wenn er einmal übellaunisch ist."
"Ich werde gewiß freundlich gegen ihn sein und bewundere aufrichtig seine Kraft, seine Geschicklichkeit, seinen Mut."
"Gut, mein Sohn."
Puck führte die Pferde heran; sie schwangen sich in die Sättel und ritten langsam davon.
Der Trapper äußerte: "Wir müssen für andre Kleider sorgen, Paul, diese werden dir bald in Fetzen von Leibe fallen. Mußt Puck ein gutes Wort geben, der hat bei den Squaws der Cheyennes Unterricht im Gerben der Büffelhaut und im Schneidern genommen; wenn er will, kann er dir zu einem Jagdhemd und langen Gamaschen verhelfen, wie sie die Steppe nötig machen."
"Es wäre sehr freundlich von Puck, wenn er mir beistehen wollte und ich würde ihm von Herzen Dank wissen."
Der Zwerg antwortete eine Weile nicht und fragte dann plötzlich: "Wie lange bleibst du hier, Junge?"
"Nur so lange, bis mich der Oheim zu den Ansiedlungen schicken kann."
Hierauf sagte Puck: "Es ist gut, ich will dir ein Jagdhemd nähen."
Befriedigt nickte der Trapper.
Sie setzten dann ihre Pferde in Galopp und legten in scharfer Gangart eine große Strecke Weges zurück. Paul war jetzt so ermüdet, daß er sich kaum auf dem Sattel zu halten vermochte.
Als ihren Augen endlich die Wipfel der Bäume im Flußthale sichtbar wurden, sagte Puck: "Indianer!"
"Wo?" fragte rasch der Trapper.
"Bei Shanty."
"Cheyennes?"
"Ich denke es ist Cayugas"
"'s ist richtig, dort hält eine Rothaut mit langer Lanze."
So sehr Paul auch seine Augen anstrengte, er vermochte nichts wahrzunehmen.
Der Trapper zog ein kleines Teleskop aus der Tasche, reichte es ihm und gab ihm die Richtung an, in welcher er suchen müsse.
Vor dem Glase erschien denn auch ein Pferdekopf und über ihm das federngeschmückte Haupt eines Indianers, neben dem eine Lanze emporragte. Der Reiter hielt in der Vertiefung.
Der Alte nahm dann das Glas, sah hindurch und sagte, es einsteckend: "Es ist der junge Häuptling."
Als sie näher kamen, gewahrten sie endlich Roß und Mann, welche ruhig dort hielten und ihr Herankommen erwarteten.
Pauls Auge erblickte auf einem nach indianischer Weise reich geschmückten Rosse einen jungen Ureingeborenen, dessen leichte, anmutige Haltung und schön gebildetes Gesicht sehr für ihn einnahm.
"Der Häuptling der Cheyennes ist willkommen!" rief ihm der Trapper herzlich entgegen.
Worauf der Indianer heransprengte und, indem er das Haupt neigte, sagte: "Cayugas grüßt den Grauen Bären."
"Herzlich willkommen, Junge." Und der Trapper reichte ihm die Hand, die der Cheyenne schüttelte.
Sich zu Puck wendend, fragte der letztere: "Bin ich dem Medizinmann auch willkommen?"
Puck lachte: "Ja, du bist dem Medizinmann auch willkommen, Cayugas."
Der Indianer gab ihm die Rechte, und der Zwerg erwiderte seinen Druck.
Paul wurde von dem Fremden nicht beachtet.
Sie ritten nach dem Shanty und stiegen von den Pferden. Der Cheyenne sowohl als die andern nahmen ihren Pferden Sattelzeug und Zaum ab und ließen sie laufen, bis auf den Schimmel, welcher angepflockt wurde.
Sie betraten die Behausung des Trappers, wo Puck alsbald Anstalten traf, den Gast zu bewirten.
Trotz seiner großen Erschöpfung und der ihn überkommenden Müdigkeit war das Interesse Pauls an der fremdartigen Erscheinung des roten Mannes groß genug, ihn am Einschlafen zu verhindern.
Auf dem Boden zeigte sich der Indianer, der ganz nach der Art seines Volkes gekleidet war, als ein Jüngling von hoher kraftvoller Gestalt. Auf dem bartlosen, gutgebildeten Gesicht lagerte ein stolzer Ernst, der jetzt durch einen freundlichen Ausdruck gemildert ward. Außer Lasso und Lanze, welche er vor der Hütte gelassen, war er mit einem breiten und langen Messer, welches er am Gürtel trug, einer kurzstieligen Axt und einer schönen Büchse bewaffnet.
Auf die Einladung des Trappers setzte er sich nieder. Dieser reichte ihm eine Thonpfeife und Tabak; der Indianer zündete sie an, und beide rauchten schweigend eine Weile, während Puck am Herde Wasser zum Sieden brachte, um Thee zu bereiten.
Als der indianischen Etikette Genüge gethan schien, fragte der Trapper: "Was verschafft mir die Freude, den Großen Springer an meinem Feuer zu sehen?"
"Die