Bettina Fahrenbach Staffel 6 – Liebesroman. Michaela Dornberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michaela Dornberg
Издательство: Bookwire
Серия: Bettina Fahrenbach Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740934880
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      Bettina fühlte sich schlecht, allmählich bekam sie eine leise Ahnung davon, wie der arme Jan sich jetzt fühlen musste, dem sie, der glücklich und sehnsuchtsvoll zu ihr geeilt war, praktisch den Stuhl vor die Tür gesetzt hatte.

      Schrecklich!

      Ganz fürchterlich!

      Jetzt war es gesagt, aber sie würde es so nicht im Raum stehen lassen, sondern Jan noch einen langen, erklärenden Brief schreiben. Schließlich war so vieles noch nicht gesagt worden.

      Und dann hoffte sie, wünschte es sich aus tiefstem Herzen, dass Jan ihr verzeihen würde.

      Und sich selbst wünschte sie sich, dass ihr so etwas niemals passieren möge. Einen kleinen Vorgeschmack hatte sie ja schon gehabt, als sie erfahren hatte, dass Thomas verheiratet war. Sie hatte sich von ihm getrennt, ihm keine Chance gegeben, sich zu rechtfertigen, sie hatte schrecklich gelitten, um dann zu erfahren, dass Thomas und Nancy längst getrennt waren, Jahre schon, als sie und Tom sich wieder begegnet waren. Aber da war Jan sehr schnell an ihrer Seite gewesen und sie hatte den scheinbaren Betrug von Tom vergessen. An Jans Seite war jetzt niemand, der ihn auffing, ihn tröstete, ihn aufrichtete.

      Stop! Sie durfte sich da jetzt nicht hineinsteigern, sonst würde sie vollkommen ausflippen, sie befand sich ja bereits am Rande eines Zusammenbruchs.

      Sie hätte sich doch nicht anders entscheiden können.

      Sie liebte Tom, sie wollte ihn heiraten, eine Ehe zu dritt gab es nicht.

      Als Bettina das Haus verlassen wollte, sah sie auf der obersten Treppenstufe einen Zettel, vermutlich war er Jan aus der Tasche gefallen.

      Sie hob ihn auf, strich ihn glatt.

      Termin beim Standesamt machen, las sie in seiner unverkennbaren, markanten Schrift. Isabella als Trauzeugin?

      Auch das noch!

      Bettina knüllte den Zettel zusammen und brachte ihn zum Papiercontainer.

      Er hatte es wirklich ernst gemeint mit der baldigen Hochzeit, von der er am Handy gesprochen hatte.

      Aber warum hatte er seinen Verlobungsring nicht getragen?

      War das jetzt wirklich noch wichtig?

      Hielt sie sich an Banalitäten fest, um vom Wesentlichen abzulenken?

      Bettina raste wie eine Besessene über den Hof, und noch nicht einmal die Hunde, die ihr in freudiger Erwartung auf ein Leckerli entgegengelaufen kamen, konnten sie stoppen.

      *

      Bettina wusste, dass sie alles richtig gemacht hatte, das wurde ihr auch von allen bestätigt, aber dennoch, ein flaues Gefühl blieb zunächst einmal zurück, das man auch schlechtes Gewissen nennen konnte.

      Leni hatte Jans Sachen zusammengepackt, und sie waren auch binnen weniger Tage abgeholt worden.

      Bettina wusste auch, dass seine Sachen aus dem Bootshaus seinem Refugium, weg waren, dennoch hatte sie ein Problem damit, das Bootshaus zu betreten.

      Erst nach mehr als einer Woche wagte sie es schließlich.

      Thomas machte irgendwas mit Markus, und sie war ein bisschen durch die Gegend geradelt, um den Kopf frei zu bekommen, als sie schließlich irgendwann, ihr selbst vollkommen unbewusst, am See landete.

      Jetzt am Bootshaus vorbeizufahren oder eine andere Richtung einzuschlagen wäre albern, das wusste Bettina. Also lenkte sie ihr Fahrrad dorthin, ließ es an den Zaun fallen, dann ging sie den Weg entlang, der Kies knirschte unter ihren Füßen. Je näher sie dem Bootshaus kam, umso langsamer wurden ihre Schritte. Schließlich musste sie sich zusammenreißen, jetzt nicht aus lauter Feigheit zuerst zum Bootssteg zu gehen, sich an dessen Ende auf die Bank zu setzen.

      Tapfer kramte sie den Schlüssel aus dem Versteck, schloss auf, machte von innen die Fensterläden auf, öffnete die Fenster, um frische Luft hineinzulassen, dann sah sie sich um.

      Auf den ersten Blick sah es aus wie immer.

      Aber dann entdeckte sie, dass Bücher fehlten, Computerpapier, sein Drucker. Seine Aktenordner waren verschwunden, und der Schreibtisch war blank und leer.

      Bettina setzte sich auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch, und da bemerkte sie, dass Jan auch ihr Foto mitgenommen hatte, das immer in einem schmalen Silberrahmen dort gestanden hatte.

      Oder hatte er es entsorgt?

      Sie zog den Papierkorb vor, doch auch der war leer, nicht ein Fitzelchen Papier befand sich darin.

      Außerdem, warum hätte Jan ihr Bild wegwerfen sollen? Eine solche Reaktion passte nicht zu ihm, die war pubertär. Aber er hätte das Foto stehen lassen können. Hatte er nicht. Er hatte es mitgenommen.

      Und sie? Was hatte sie getan?

      Jetzt schämte sie sich richtig. Sie hatte alle Fotos zusammengesucht und mit zu seinen Sachen gepackt.

      Sie konnte das nicht.

      Damals, als sie geglaubt hatte, mit Tom sei alles aus, hatte sie alle Fotos von ihm verbrannt.

      Das hatte sie mit denen von Jan nicht tun müssen, sie war nicht enttäuscht und nicht im Zorn von ihm gegangen. Aber als Erinnerung wollte sie sie auch nicht behalten. Wie sollte sie später wohl ihren Kindern einmal erklären, wer dieser Mann auf dem Foto war? So in etwa wie – das ist der Mann, den ich wegen eures Vaters verlassen habe?

      Jan würde immer einen Platz in ihrem Herzen behalten, das war gewiss. Und hier und da würde sie auch an ihn denken. Doch um Erinnerungen aufrechtzuerhalten, dazu brauchte sie keine Fotos.

      Was würde Jan wohl mit ihrem Foto machen?

      Aufstellen bestimmt nicht, aber um es in der hintersten Ecke seines Kleiderschrankes verschwinden zu lassen, dazu hätte er es nicht mitnehmen müssen.

      Doch welche Rolle spielte das schon. Ganz gewiss hatte er sich etwas dabei gedacht.

      Bettina hörte schnelle Schritte, die sich dem Bootshaus näherten.

      »Hallo, ist hier jemand?«, erkundigte sich eine Stimme, die unzweifelhaft als die von Linde zu erkennen war.

      »Ich bin hier draußen«, antwortete Bettina, »komm rein, Linde.«

      Das ließ Linde sich nicht zweimal sagen. Sie kam hereingepoltert und ließ sich in einen Sessel fallen, von dem aus man einen ganz wunderbaren Blick auf den See und zum gegenüberliegenden Ufer hatte, das dicht mit Bäumen bewachsen war. Aber Linde war gewiss nicht gekommen, um die schöne Aussicht zu genießen.

      »Ich wollte etwas von meinem Hüftgold abtrainieren«, sagte sie, »und ein bisschen durch die Gegend strampeln, als ich dein Fahrrad entdeckte. Was machst du denn hier um diese Zeit? Arbeiten ja wohl nicht, dazu ist der Schreibtisch zu blank.«

      »Das wird er auch immer bleiben, denn er kommt hier wieder raus. Ich habe ihn ja nur wegen Jan hier hereingestellt.«

      »Und um darüber nachzudenken, hast du so versunken dran gesessen?«

      »Nein, ich …, nun, ich bin hergekommen, um endgültig von Jan Abschied zu nehmen … Nenne es einfach Sentimentalität.«

      »Sag mal, Bettina, wie bist du denn drauf? Du musst doch nicht um einen Mann, den du«, sie betonte das »du« nachdrücklich, »verlassen hast, so ein Bohei machen …, oder tut es dir leid? Willst du ihn wieder haben?«

      »So ein Quatsch, natürlich nicht. Ich liebe Tom, und daran wird sich nichts ändern. Mit Tom will ich den Rest meines Lebens verbringen. Aber mit Jan, das war doch auch schön, und es tut mir leid, dass ich ihm weh tun musste.«

      »Bettina, Bettina, du mit deinem großen Herzen. So ist nun mal der Lauf der Dinge, irgendjemand bleibt immer auf der Strecke.«

      Bettina zögerte einen Augenblick. Linde war sich sicher gewesen, dass Christian sie mit seiner französischen Kollegin Genevieve betrog und hatte ihn zur Rede stellen wollen. War es zutreffend gewesen und sie nun auf der … Strecke geblieben?

      Sie