Ich sage das nicht, denn vielleicht verdiente ich den Namen, da Lügen bei mir nicht, wie bei Manchen, in Gunst sind. Nach einiger Zeit entdeckten sie, dass ich rasch zu Fuß war, und da nannten sie mich: ›die Taube‹; denn dieser Vogel hat, wie Ihr wisst, eine schnelle Schwinge und fliegt in gerader Richtung.
Das war ein hübscher Name! rief Hetty: Tauben sind hübsche Vögel.
Die meisten Dinge, die Gott geschaffen, sind hübsch, in ihrer Art, mein gutes Mädchen, obgleich sie dann von den Menschen entstellt und verkehrt werden, sodass sie ihre Natur wie ihre äußere Erscheinung ändern. Vom Botschafttragen und vom Aufspüren blinder Fährten brachte ich es endlich dahin, den Jägern folgen zu dürfen, da man glaubte, ich sei rascher und sichrer in Auffindung des Wildes als die meisten jungen Burschen, und da nannten sie mich ›Schlappohr‹, weil ich, wie sie sagten, die Spürkraft eines Hundes besäße.
Der Name ist nicht so hübsch, bemerkte Hetty. Ich hoffe, den behieltet Ihr nicht lange.
Nicht länger, als bis ich reich genug war, eine Büchse zu kaufen, erwiderte der andere, und sein sonst so gelassenes und ruhiges Wesen verriet doch einigen Stolz, da zeigte sich’s, dass ich einen Wigwam mit Wildpret zu versehen vermochte; und bald bekam ich den Namen ›Wildtöter‹, den ich jetzt noch trage; – ein niedriger Name, nach der Ansicht von Manchen, die mehr Wert in den Skalp eines Mitmenschen setzen, als in das Geweih eines Hirsches.
Nun, Wildtöter, zu diesen gehöre ich nicht, versetzte Hetty arglos. Judith liebt sich Soldaten und schimmernde Kleider und schöne Federn; aber mir gelten alle die Nichts. Sie sagt, die Offiziere seien vornehm und munter, und führen eine so sanfte Sprache: aber mich machen sie schaudern, denn ihr Beruf ist, ihre Mitmenschen zu töten. Euer Beruf gefällt mir besser; und Euer letzter Name ist ein recht guter; – besser als Natty Bumppo.
Das ist ganz Eurer Gemütsart gemäß und natürlich, Hetty, und gerade so, wie ich es erwartet. Man sagt mir, Eure Schwester sei schön – ungemein schön für eine Sterbliche; und die Schönheit macht geneigt, Bewunderung zu suchen.
Habt Ihr Judith nie gesehen? fragte das Mädchen mit raschem Ernst, wenn dies ist, so geht sogleich und beschaut sie. Selbst Hurry Harry ist nicht hübscher anzusehen, obgleich sie ein Weib ist, und er ein Mann.
Wildtöter betrachtete einen Augenblick das Mädchen mit Teilnahme. Ihr blasses Gesicht hatte sich ein wenig gerötet, und ihr gewöhnlich so mildes und sanftes Auge geflammt bei jenen Worten, die ihre innern Regungen verrieten.
Ja, Hurry Harry, murmelte er vor sich hin, indem er durch die Cajüte nach dem anderen Ende der Arche schritt, das kommt vom guten Aussehen, wenn nicht auch eine leichtfertige Zunge ihren Anteil daran hat. Es ist leicht zu sehen, wohin sich die Gefühle des armen Geschöpfes neigen, wie es nun auch mit der Judith stehen mag.
Aber eine Unterbrechung erlitten die Galanterie Hurry’s – die Koketterie seiner Geliebten – das Nachdenken Wildtöters und die zärtlichen Gefühle Hetty’s durch das plötzliche Erscheinen des Canoe’s, das den Besitzer der Arche brachte, in der schmalen Öffnung zwischen den Gebüschen, die als eine Art Wassergraben seiner festen Stellung diente. Es schien, dass Hutter, oder Floating Tom, wie ihn alle Jäger vertraulich nannten, welche mit seiner Lebensart bekannt waren, das Canoe Hurry’s erkannt hatte, denn er zeigte durchaus kein Erstaunen, ihn auf der Fähre zu finden. Im Gegenteil war seine Begrüßung der Art, dass sie nicht nur Zufriedenheit verriet, sondern selbst Freude, gemischt mit etwas Verdruss darüber, dass er nicht einige Tage früher gekommen.
Ich erwartete Euch vorige Woche, sagte er in halb brummendem, halb freundlich begrüßendem Tone, und war ungemein verdrießlich, dass Ihr nicht kamet. Es kam ein eilender Bote durch, um die Jäger aller Gattungen zu benachrichtigen, dass die Kolonie und die Canada’s wieder in Unruhe und Hader seien; und ich fühlte mich gar einsam in diesen Gebirgen, mit drei Skalpen, die ich zu bewachen habe, und nur zwei Armen, sie zu schützen.
Das ist natürlich, versetzte March, und es hieß dies nur als Vater fühlen. Ohne Zweifel, wenn ich zwei Töchter hätte wie Judith und Hetty, wüsste ich aus eigner Erfahrung dieselbe Geschichte zu erzählen, obwohl ich in der Regel ebenso zufrieden bin, wenn der nächste Nachbar fünfzig Meilen weit von mir entfernt, als wenn er innerhalb Rufesweite in meiner Nähe ist.
Trotzdem mochtet Ihr nicht allein in die Wildnis kommen, nachdem Ihr wusstet, dass die Wilden in Canada sich wahrscheinlich regen werden, versetzte Hutter, einen halb misstrauischen und zugleich forschenden Blick auf Wildtöter werfend.
Warum sollte ich auch? Man sagt, ein schlechter Begleiter auf einer Reise hilft doch den Weg verkürzen, und diesen jungen Mann rechne ich für einen recht guten. Es ist Wildtöter, alter Tom, ein berufener Jäger unter den Delawaren, dazu als Christ geboren und erzogen wie Ihr und ich. Der Junge ist vielleicht nicht vollkommen, aber es gibt schlechtere Männer in dem Land, wo er herkommt, und wahrscheinlich findet er in dieser Gegend der Welt Manchen, der nicht besser ist. Sollten wir in den Fall kommen, unsre Fallen und unser Gebiet verteidigen zu müssen, so wird er uns Dienste leisten und Nahrung anschaffen; denn er ist ein ganzer Wildpretschütze.
Junger Mann, Ihr seid willkommen, brummte Tom, eine harte knöcherne Hand dem Jüngling zum Pfand seiner Aufrichtigkeit hinstreckend, in solchen Zeiten ist ein Bleichgesicht das Gesicht eines Freundes, und ich zähle auf Euch als einen Beistand. Kinder machen manchmal ein männliches Herz schwach, und diese meine zwei Töchter machen mir mehr Unruhe, als alle meine Fallen, Häute und Rechte im Land.
Das ist natürlich! rief Hurry. Ja, Wildtöter, Ihr und ich wissen das noch nicht aus Erfahrung; aber, alles zusammengenommen, sehe ich das als natürlich an. Wenn wir Töchter hätten, ist es mehr als wahrscheinlich, dass wir auch solche Gefühle hätten; und ich schätze den Mann, der sie bekennt. Was Judith betrifft, Alter, so schreibe ich mich sofort als ihr Soldat ein, und hier ist Wildtöter, um Euch Hetty beschützen zu helfen.
Großen Dank Euch, Meister March, versetzte die Schöne mit einer vollen, metallreichen Stimme, und mit einer Richtigkeit des Ausdrucks und der Betonung, die sie überhaupt mit ihrer Schwester teilte, und welche bewies, dass sie mehr Unterricht genossen, als ihres Vaters Lebensweise und äußere Erscheinung eigentlich vermuten ließen: großen Dank Euch; aber Judith Hutter besitzt so viel Einsicht und Erfahrung, dass sie sich mehr auf sich selbst verlässt, als auf gut aussehende Landstreicher wie Ihr. Sollte es nötig werden, den Wilden entgegen zu treten, so landet Ihr mit meinem Vater, statt Euch in Hütten zu verschlupfen, unter dem Vorwand, uns Weiber zu verteidigen, und –
Mädchen, Mädchen, fiel ihr der Vater ins Wort, zügle Deine glatte, kecke Zunge und höre die Wahrheit an. Schon sind Wilde am Ufer des See’s und niemand kann sagen, wie nahe sie uns in diesem Augenblick sein mögen, oder wann wir Mehr von ihnen zu hören bekommen!
Wenn dies wahr ist, Meister Hutter, sagte Hurry, in dessen Mienen ein Wechsel eintrat, der verriet, wie ernstlich er die Nachricht nahm, obgleich Nichts von unmännlicher Unruhe zeugte, wenn dies wahr ist, so befindet sich Eure Arche in der ungünstigsten Stellung; denn obschon das Schutzdach Wildtöter und mich täuschte, würde sie doch kaum übersehen werden von einem Vollblut-Indianer, der ernstlich auf die Jagd nach Skalpen ausginge.
Ich denke wie Ihr, Hurry, und wünsche von ganzem Herzen, wir lägen in diesem Augenblicke anderswo, als in diesem engen, krummen Fluss, der viele Vorteile für ein Versteck darbietet, aber den Entdeckten beinahe sicheres Verderben bringt. Zudem sind uns die Wilden nahe, und die Schwierigkeit ist, aus dem Fluss herauszukommen, ohne zusammengeschossen zu werden wie Wild, das am Trinkplatz steht!
Seid Ihr gewiss, Meister Hutter, dass die Rothäute, die Ihr fürchtet, wirkliche Kanadier sind? fragte Wildtöter mit bescheidenem aber ernstem Wesen. Habt Ihr einen gesehen? und könnt Ihr ihre Bemalung beschreiben?
Ich bin auf Anzeichen gestoßen, dass sie in der Nähe sind, habe aber Keinen gesehen. Ich war eine Meile oder so stromabwärts, um nach meinen Fallen zu sehen, als ich auf eine frische Spur stieß, welche über das Ende eines Morastes ging und nach Norden zu wies. Der Mann war noch nicht eine Stunde des Weges gekommen, und ich erkannte die Fußtapfe als die eines Indianers an der Gestalt des Fußes und der Zehen, selbst noch ehe