Gesammelte Gedichte von Rainer Maria Rilke. Rainer Maria Rilke. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rainer Maria Rilke
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027211470
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      Unsre Mütter sind schon müd;

       Inhaltsverzeichnis

      Unsre Mütter sind schon müd;

       und wenn wir sie ängstlich drängen,

       lassen sie die Hände hängen,

       und sie glauben fernen Klängen:

       Oh, wir haben auch geblüht!

       Und sie nähen an den weißen

       Kleidern, die wir schnell zerreißen,

       in dem staubigen Stubenlicht.

       Wie sie sich so treu befleißen,

       und da sehn sie unsre heißen

       Hände nicht...

       Und wir müssen sie dir zeigen,

       wenn die Mutter nicht mehr wacht;

       und sie werden in der Nacht

       wie zwei weiße Flammen steigen.

      Ich war einmal so kinderkühl

       Inhaltsverzeichnis

      Ich war einmal so kinderkühl:

       da traf mich alles wie ein Bangen.

       Jetzt ist mir jede Angst vergangen,

       nur diese wärmt mir noch die Wangen:

       ich fürchte mich vor dem Gefühl.

       Es ist nicht mehr das Tal, darin ein Lied

       wie schützend seine lichten Schwingen breitet, -

       es ist ein Turm, der vor den Fluren flieht,

       bis meine Sehnsucht hoch vom Saume sieht

       und zitternd mit der fremden Stärke streitet,

       die sie so selig von den Zinnen zieht.

      Maria, du weinst

       Inhaltsverzeichnis

      Maria,

       du weinst, - ich weiß.

       Und da möcht ich weinen

       zu deinem Preis.

       Mit der Stirne auf Steinen

       weinen...

       Deine Hände sind heiß;

       könnt ich dir Tasten darunterschieben,

       dann wäre dir doch ein Lied geblieben.

       Aber die Stunde stirbt ohne Vermächtnis...

      Gestern hab ich im Traum gesehn

       Inhaltsverzeichnis

      Gestern hab ich im Traum gesehn

       einen Stern in der Stille stehn.

       Und ich fühlte: Madonna sprach:

       Diesem Stern in der Nacht blüh nach.

       Und ich nahm alle Kraft zu Rat.

       Grad und schlank aus des Hemdes Schnee

       streckte ich mich. - Und das Blühen tat

       mir auf einmal weh...

      Wie kam, wie kam aus deinem Schoß

       Inhaltsverzeichnis

      Wie kam, wie kam aus deinem Schoß,

       Maria, so viel Lichte los

       und so viel Gram?

       Wer war dein Bräutigam?

       Du rufst, du rufst, - und du vergisst,

       dass du nicht mehr dieselbe bist,

       die mir in Kühle kam.

       Ich bin ja noch so blumenjung.

       Wie soll ich auf den Zehn

       vom Kindsein zur Verkündigung

       durch alle deine Dämmerung

       in deinen Garten gehn?

      Deiner ernsten Engel einen

       Inhaltsverzeichnis

      Deiner ernsten Engel einen

       stell am Rand der Sehnsucht hin

       und befiehl ihm, dass er meinen

       Schwestern sagt: ihr werdet weinen -

       Denn es sind die Rosenreinen

       allen Prüfungen und Peinen

       wie ein Spiel von Anbeginn.

       Weil sie überwunden wähnen,

       was die Kindheit kindisch litt,

       gehn sie lächelnd zwischen Zähnen, -

       und sie tragen keine Tränen

       in die neuen Leiden mit...

      Oh, dass wir so endlos werden mussten

       Inhaltsverzeichnis

      Oh, dass wir so endlos werden mussten!

       Immer noch Entfalten um Entfalten,

       und wir haben unsrer Kälte Krusten

       lange, lange für den Grund gehalten.

       Und ob wir uns aneinander binden

       und in Furcht uns immer fester fassen

       und uns langsam, wie von Brunnenwinde,

       weiter in uns selber gleiten lassen:

       keine kann mit ihren blassen, blinden

       Händen tastend unsre Tiefen finden.

      Mir wird mein helles Haar zur Last

       Inhaltsverzeichnis

      Mir wird mein helles Haar zur Last,

       als wäre darin verwühlt

       ein dunkler Limonenast,

       der schon in seinem Blühn verblasst

       und schwerer wird, weil er schon fast

       erfüllt den Frühling fühlt.

       Nimm du von mir

       die bange Zier!

       Du bist noch kühl und grün,

       weil unter deinen Dornen dir

       die Mädchenmyrten blühn.

      Und in allen Jahren war ich feierlich und froh

       Inhaltsverzeichnis

      Und