Die wichtigsten Werke von Johann Karl Wezel. Johann Karl Wezel. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Johann Karl Wezel
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788027222193
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kann ich? Und dann – mag ich auch nicht; – ich weiß nicht, was mich so äußerst drängt, diesen Sieg zu erkämpfen oder – niemals mehr siegen zu wollen. – Merkst du es nicht? Das letzte wird mich wohl treffen, leider!«

       ISAB

      »So bin ich Ihre Dienerin, nehme mein Paket und –«

       EMIL

      »Und was?«

       ISAB

      »Und – nehme einen Mann.«

       EMIL

      »Du machst mich zu lachen. – Gibt es nicht ein Volk, wo ein Mädchen fünf, sechs Männern die Ehre antun kann – Hast du nicht so etwas gelesen?«

       ISAB

      »O spotten Sie nicht! – Ich werde mich nach Ihrem Beispiele richten. – Topp! Sie verseufzen den Rest ihres fünfundzwanzigjährigen Lebens in den hypochondrischen Armen ihres weisen hochgelahrten Herrn Selmanns, und ich, Ihre treue Dienerin, nehme demütig mit seiner Meerkatze vorlieb.«

      Das war aller Wahrscheinlichkeit nach mein Held, Tobias Knaut.

       EMIL

      »Böses Mädchen! Ich war so hübsch ernsthaft, du wirst mich bald um meine ganze Gravität bringen.«

       ISAB

      »Geb es der Himmel! – Ein Rat! Wagen Sie morgen noch einen entscheidenden Versuch; wo sein Hypochonder aushält, so tun wir auf die beschwerliche Ehre des Sieges Verzicht; wir wandern weiter.«

       EMIL

      »Nein, Isabelle, wir bleiben! – Sage mir nur, Mädchen, wo mein Witz, meine Munterkeit hingekommen ist! – Mein Kopf ist so hart wie ein Kieselstein! – Bringe mich zu Bette! Sonst könnte ich mich darüber ärgern. Hurtig!«

       Inhaltsverzeichnis

      Ist unser Kopf nicht eine bloße Wand, auf welche unser Herz und unser Körper nach Gefallen die Farbe der Zufriedenheit und Unzufriedenheit werfen? – Man schreibe darauf die verborgensten Geheimnisse der Natur, ihren ganzen schönen vollkommnen Plan, man zeichne alle reiche und mannigfaltige Quellen der menschlichen sublunarischen Glückseligkeit – genug man male Leibnizens beste vollkommenste Welt darauf! –, sollte man nun nicht denken: Ei, der Mann muß froh, muß zufrieden sein! – Weit gefehlt! Die Hauptsache kömmt darauf an, was für ein Licht unser Empfindungssystem auf unsre Begriffe wirft! Ist dieses ein heller, lichter, strahlender Glanz? – Gut! so sind wir zufrieden! – Ist es ein düstrer, trüber Schimmer? – Wehe! wehe unsrer Zufriedenheit!

      Man hat oft gesagt, daß die Philosophie die Mutter der Zufriedenheit sei; ohne ihrer Ehe zu nahe zu treten, muß ich bekennen, daß ich zweifle. – Die Mutter Natur ist die Mutter der Zufriedenheit; sie gießt sie in unsre Adern und Nerven. Die Philosophie, ihre beständige Nachäfferin, präpariert zwar auch ein Mittelchen, das sie wirken soll, was es auch zuweilen tut; aber wie lange hält die Wirkung an? – Wer den Samen der Krankheit von Mutterleibe an mit sich herum trägt, der verschlinge alle Apotheken und alle medizinische Rezepte, er wird darum nie völlig gesund, höchstens auf einige Zeit weniger krank; und wer den Samen der Unzufriedenheit mit sich an das Tageslicht brachte, dem wünsche ich Glück, wenn ihm die beste Philosophie seine Unzufriedenheit mindert.

      Aber das rührt von nichts her, als weil unsre Gedanken wahrhafte Chamäleone sind! Sie nehmen die Farbe unsrer Empfindungen an, und einer und derselbe ist daher bald pechschwarz, bald von dem muntersten Glanze. – Ich erschrecke, wenn ich daran denke, daß das Rosenrot, das itzt von Gesundheit und Fröhlichkeit auf meine Gedanken zurückfällt, vielleicht einst wie das Rot auf den Wangen einer irdischen Göttin verschwinden und sich ins todblasse verlieren wird; daß ich vielleicht über das weine, worüber ich itzt lache; daß die anscheinenden Unordnungen und Unvollkommenheiten der Natur, über die ich itzt gern weghüpfe, vielleicht einst große Gebürge für mich werden, die ich nicht ohne Grauen ansehn kann – doch wer wird denn über etwas erschrecken, was eine Veranstaltung der Natur ist?

      Wenn sie inzwischen verhüten wollte, daß ich nicht in dem Grade wie Selmann bösen Empfindungen preisgegeben würde, so wäre das allerdings eine so große Gefälligkeit als für eine Schöne, der sie ihr hübsches Gesichtchen ein paar Jahre über den gewöhnlichen Termin läßt. Mit dem guten Manne hat sie es weit kommen lassen! Eben die Meinungen, die Begriffe, die ihm sonst Toleranz und Menschenliebe einflößten, machen ihn itzt unduldsam; die Fehler, die Laster, die Torheiten der Menschen, um derentwillen er es sonst für Pflicht hielt, nachsichtig gegen jedermann zu sein, bringen ihn itzo auf und reizen ihn, nicht nachsichtig zu sein. Wenn ich es nur wagen dürfte, eins seiner Selbstgespräche hieher zu setzen! man würde ein Bild, mit Gift und Galle gemalt, sehn.

      Noch wäre es erträglich, wenn mit seinen Klagen nicht ein gewisses schmerzhaftes Gefühl vergesellschaftet wäre, das alle körperliche Schmerzen überwiegt und seine Ruhe Tag und Nacht verfolgt. Nichts ist guten Seelen schmerzlicher als die Empfindung des Hasses und der Verachtung, habe ich vorhin schon gesagt; um soviel trauriger mußte es daher für ihn sein, nichts sehen, nichts denken zu können, ohne daß sich nicht ein Widerwille an seine Vorstellung hing.

      Wer, sagte er sich einst, kann aber eine so allgemeine Verderbnis des menschlichen Geschlechts bewirkt haben? Wer kann es in den Pfuhl gestoßen haben, in welchem es sich herumwälzt? – Die Natur? – Nein, gewiß nicht! Wären wir ihr getreu geblieben, hätten wir uns nicht über uns selbst erheben wollen, so wären wir noch Menschen. – Aber warum setzte uns die Natur auf eine solche niedrige Stufe der Einschränkung? Warum legte sie den Samen so vieler Schwachheiten und Torheiten in die Masse, aus welcher sie den Menschen bereitete? Ist sie nicht die Urheberin derselben? Warum muß das Schicksal die fehlerhaften Anlagen der Natur begünstigen? Von dem Strome der Notwendigkeit hingerissen, ist also unser Geschlecht ein solcher elender Haufe geworden! – Von der Notwendigkeit? Nein! der Mensch ist der Schöpfer seiner Torheiten! Er will die Erde zum Garten und sich zum Engel umschaffen; er will die Sterne messen, er will die Geheimnisse des Schicksales enträtseln und ist sich selbst ein unauflösliches Rätsel; er will die Grenze von Wahrheit und Irrtum bestimmen und weiß nicht, was Wahrheit ist; er dreht sich in einem Kreise von Meinungen herum, daß ihm schwindelt, und am Ende hat er Schwindel im Kopfe und Staub in den Augen –

      Der Mensch wagte zu viel; er sollte nichts wissen, und er wollte alles wissen. – Was nützt es, sich in den Nebel der Wissenschaft hineinzuwagen? daß man geblendet wird, sich einbildet, mehr als andre zu wissen, und nicht merkt, daß man nichts mehr weiß und nur mehr zu wissen glaubt. Wenn man alle Gelehrsamkeit durchwandert ist, so hat man zuletzt – müde Beine. – Weg, ihr elenden menschlichen Wissenschaften! du großsprecherische Gelehrsamkeit! Mache deine Anbeter zu bessern Menschen, dann will ich dich für das erkennen, wofür du dich ausgibst! Löse meine Zweifel auf, nimm mir meine Unruhe – du eitle Törin!

      Die Menschen können nicht anders sein, als sie sind. – Freilich, in dem gegenwärtigen Tumulte ihrer Leidenschaften! Tändeleien, Puppen, Steckenpferde, das sind die großen Gegenstände ihrer Begierden! Sie verschwatzen, sie verputzen, sie verspielen die Zeit; sind das vernünftige Geister! – O Welt! du Wohnung der Torheit, wie fade, wie unschmackhaft bist du! Glücklich, wer dich nicht kennt – und nicht – Er hörte auf, weil der Abenteurer zu ihm hereintrat, dessen oben gedacht worden ist, der ihm täglichen Stoff zu seinem Mißvergnügen lieferte und ihm um soviel willkommner war, weil einem Unzufriednen niemand gefällt, als wer seinen Kummer vermehrt.

       Inhaltsverzeichnis

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