»Darüber darf ich leider nicht sprechen«, sagte Parker und schüttelte den Kopf. »Das würde mir mein junger Herr niemals verzeihen.«
Der Butler führte Jane Bracer auf sein hochbeiniges Monstrum zu, das traurig und verlassen am Straßenrand stand. Als er Jane Bracers skeptischen Blick bemerkte, schüttelte Parker sanft und verneinend den Kopf.
»Sie können sich mir und meinem Wagen ruhig anvertrauen«, meinte er. »Wir beide sind nicht gerade jung, aber doch sehr zuverlässig.«
Während der Fahrt versuchte Parker wieder mit Jane Bracer ins Gespräch zu kommen. Doch reagierte sie kaum auf seine Worte. Sie schien sehr nachdenklich geworden zu sein. Ob das ausschließlich mit Butler Parkers Worten in der Bar zusammenhing, ließ sich allerdings nicht genau erkennen.
»Es war mir ein ausgesprochenes Vergnügen, Sie begleitet haben zu dürfen«, meinte Parker umständlich, als das Ziel erreicht war. »Sollten Sie in irgendwelche Schwierigkeiten geraten, Mrs. Bracer, so rufen Sie mich einfach an, ja?«
»Ja, danke«, sagte sie nur zerstreut. Sie stieg aus und verschwand in dem grauen Mietshaus. Bevor Parker weiterfuhr, sah er sich in der Gegend sehr genau um.
Weit hinten auf der Straße grölte für einige Sekunden ein Angetrunkener. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite war ein Mann zu sehen, der eilig in einem Torbogen verschwand.
Josuah Parker war zufrieden.
Nach Lage der Dinge wurde das Haus von Sammy Porters Leuten gut unter Augenkontrolle gehalten.
Parker wendete sein hochbeiniges Monstrum und fuhr zurück in die Gegend, in der sich die Nachtbar befand. Er hatte allerdings nicht die Absicht, sich noch weitere Drinks zu leisten. Nein, harte Arbeit stand ihm bevor!
Er ließ den Wagen in einer Seitenstraße stehen, ging zu Fuß weiter und näherte sich der Mauer, die das Grundstück des Nachtlokals von hinten begrenzte. Von einer kleinen Gasse aus pirschte Parker sich an das Tor heran und ließ für Bruchteile von Sekunden seine Taschenlampe aufblitzen.
Das Torschloß war für ihn nur ein kleiner Fisch. Er hatte es schnell bezwungen, aber trotzdem ließ es sich nicht aufdrücken. Von innen war wohl ein Querbalken vorgelegt worden.
Parker hakte seinen Universal-Regenschirm vom Unterarm und löste eine versteckt angebrachte Sperrvorrichtung am Griff. Daraufhin ließ sich der Griff vom Schirmstock lösen. Eine dünne Nylonschnur wickelte sich ab.
Parker schleuderte den in einen Greifhaken verwandelten Griff hinauf auf die Mauer. Nach einigen Versuchen saß der Griff fest und rührte sich nicht mehr. Der Butler konnte sich an der Nylonschnur hochhangeln und erreichte in kurzer Zeit die Mauerkrone.
Von dort aus beobachtete er die Rückfront der Bar.
Lichter waren nicht mehr zu erkennen. Der Betrieb war inzwischen geschlossen. Ob er aber leer war, konnte niemand sagen. Parker mußte damit rechnen, daß so etwas wie eine Nachtwache zurückgeblieben war.
Vorsichtig hangelte er sich auf der anderen Seite in den Hof hinunter und ließ das Nylonseil im Schirm verschwinden. Würdevoll, als handelte es sich um einen Höflichkeitsbesuch, schritt er dann auf das dunkle Haus zu.
Er erreichte eine Rampe, die hinauf zu einer breiten Schiebetür führte. Irgendwo mußte ein Fenster offenstehen. Parker roch den noch unsympathischen Duft von gebratenem Fleisch. Hinter der Tür befand sich wohl die Küche des Nachtlokals.
Die Taschenlampe blitzte auf und leuchtete durch das vergitterte Fenster in den Küchenraum hinein. Parker hatte sich nicht getäuscht. Auf einem Arbeitstisch aus Holz standen einige Bräter, in denen Fleisch abkühlte.
Ob das Haus mit Alarmvorrichtungen versehen war?
Der Butler wollte sich jedoch in seinen Ermittlungen nicht stören lassen. Deshalb probierte er mit seinem Patentschlüssel am Schloß herum und nickte, als die Zuhaltung sich aufsperren ließ. Spaltbreit schob er die Tür zur Seite und betrat die Küche.
Bevor er aber weiterging, untersuchte er die Schiebetür sehr genau. Irgendwelche Kontakte, die auf eine elektrische Sicherung schließen ließen, konnte er nicht ausmachen.
Er kam an den Braten vorbei und blieb stehen. Der Duft des noch etwas warmen Fleisches stieg ihm verführerisch in die Nase. Es war ein verlockender Gedanke, sich erst einmal niederzulassen und in aller Ruhe zu speisen. Aber Parker riß sich zusammen und widmete sich weiter seiner Arbeit. Sein Ziel war das Büro des Lokalinhabers.
Es war nicht sonderlich schwer zu finden.
Der kleine, aber gut eingerichtete Raum befand sich gleich hinter der Bar. Die Tür zu diesem Raum, auf der das Schild »Office« angebracht war, fand der Butler offen. In Ruhe konnte er sich genau umsehen.
Er interessierte sich nicht für den großen Rollschrank, kümmerte sich auch nicht um den Schreibtisch und um zwei kleine Schränkchen. Zielstrebig suchte er nach einem Wandsafe, den er hier mit Sicherheit vermutete.
Sein Instinkt wies ihm den richtigen Weg.
Hinter einer Heizungsverkleidung fand er den gesuchten Tresor geschickt in die Wand eingelassen. Das Schloß war nicht gerade der letzte Schrei, aber immerhin war es mit Zahlenkombinationen versehen.
Bevor Josuah Parker sich als Einbrecher betätigte, traf er einige Sicherheitsvorkehrungen.
Er ging noch einmal zurück in die Bar und streute hier einige erbsengroße Gegenstände auf den Fußboden. Im Korridor und in der Küche verfuhr er genauso. Nach dieser Einlage befaßte er sich dann mit dem Safe.
Aus einer der unergründlichen Taschen seines Covercoats zog er ein Hörgerät hervor, das elektrisch verstärkt werden konnte. Parker schob sich einen Hörclip über das Ohr und begann am Kombinationsschloß herumzuspielen. Was wie Spielerei aussah, war selbstverständlich höchste Konzentration.
Der kleine, von der Batterie gespeiste, elektrische Verstärker meldete ihm das feine Klicken im Schloß. Parker, der jeden Berufseinbrecher blamiert hätte, kannte sich in solchen Schlösser sehr gut aus. Schon nach einer knappen halben Stunde hatte er es geschafft und konnte die schwere Tür aufziehen.
Der Butler machte sich daran, den Inhalt des Safes zu sichten. Seine Bewegungen waren gemessen und ruhig. Überraschungen schien er nicht zu befürchten.
Aber dann wurde seine Arbeit jäh gestört.
Irgendwo waren plötzlich laute Knalle zu hören, die an kleine Explosionen erinnerten.
Butler Parker raffte im Schnellverfahren alles an sich, was er fand, verstaute es in seinen Taschen und huschte aus dem Büro. Hinter der Theke ging er in Deckung und wartete ab.
Irgendwo in der Bar war ein unterdrückter Fluch zu hören. Sekunden danach explodierten weitere Knallerbsen, die Parker vorsorglich in der Bar verstreut hatte. Man sah sie nicht auf dem Boden, man trat auf sie und meldete sich derart an. In solchen Fällen war Butler Parker gerissen wie ein Fuchs.
Wenig später mußte der Butler dann mit Kanonen spielen. Licht flammte in der Bar auf. Und ausgerechnet über der Theke flammten nach einigem Flackern einige Neonstäbe auf. Parker, der sich absetzen wollte, sah sich gezwungen, diese Stäbe auszuschießen und damit lichtleer zu machen.
Das Mündungsfeuer seines Spezialcolts war gesehen worden. Einige Schüsse aus einer Automatik knallten auf und schrammten dicht über Parkers Melone in die Spiegelwand. Das einsetzende Klirren nutzte Parker aus, um sich eine andere Position zu verschaffen.
Aber sein Gegner - oder handelte es sich um mehrere Männer, die ihm beikommen wollten - hatten ebenfalls eine gute Schule hinter sich. Der davonhuschende Butler wurde gesehen und mit Feuer eingedeckt.
Zu seinem Leidwesen sah Parker sich gezwungen, einen Hechtsprung auf den Boden zu machen. Er haßte solche Anstrengungen, da er sie für würdelos hielt, aber was sollte er machen?
»Los, kommen Sie schon hoch, Sie sitzen in der Falle«, schrie von irgendwoher eine Stimme.
Parker dachte nicht im Traum daran,