Sie horcht. Ihre Augen vergrößern sich. Ein Mann tritt ein. Benzoni! Man küßt sich.
Verwandlung.
Eine Frau wankt am Gitter entlang. Theresita! Wankt durch eine Straße, wankt durch noch eine Straße, wankt über eine Brücke, wankt in eine Gartenanlage, fällt um, fällt gegen einen eisernen Pfahl. Ist ohnmächtig.
Verwandlung.
Ein schneeweißes Bett in einem Spital. Eine Rote-Kreuz-Schwester nickt tieftraurig mit dem Kopf. Ein Arzt mit einem schwarzen Bart nickt tieftraurig mit dem Kopf. Eine Patientin liegt da. Auf dem weißen Bette erscheint der Schatten einer riesigen Hutschleife und stört die tiefe Traurigkeit.
HIERLINGER: Sie! Sie! Tean S’ Eahnern Huat owa!… An Huat owa… sag i…
FRAU HIERLINGER ihre Tränen trocknend: Eine solchane Unvaschämtheit! Mit an solchan Trumm Schloafa…
HIERLINGER: Owa – sag i…
FRAU HIERLINGER: Was de Deanstbot’n für Hüat auf hamm…
HIERLINGER: Sie da vorn! Tean S’ Eahnern Huat owa!
STIMMEN: Ssssst! Ruhä!… Sssst!
Der Film geht weiter. Die Kranke schlägt die Augen auf. Wo – bin – ich? Der Arzt lächelt human. Die Rote-Kreuz-Schwester lächelt human. Der Schatten der riesigen Hutschleife zittert in heftiger Bewegung. Der Schatten eines gebogenen Handgriffes eines Spazierstockes angelt nach dem Schatten der Hutschleife.
DIE HUTBESITZERIN greift nach ihrer bedrohten Kopfbedeckung: Hören S’ auf! Führen S’ Ihnen net so ungebüldet auf!
HIERLINGER angelt weiter: Je! De ander mit da Buidung! Setz’n S’ koan solchan Datschi auf!
FRAU HIERLINGER: Dös g’hört si net für Deanstbot’n!
DIE HUTBESITZERIN: Hören S’ auf! Hören S’ auf, Sie Lümmel, Sie roher!
HIERLINGER: Eahna Kindabadwanna tean S’ oba, Sie Bauernsocka, Sie gräuslicha!
STIMME: Werd heut gar koa Ruah?
ANDERE STIMMEN: Ssssssst! Ru-hä!
HIERLINGER: An Huat owa!
DIENER: Es muß absolute Ruhä herrschen…
Die Hutbesitzerin nimmt ihre Kopfbedeckung mit zornigen, ruckartigen Bewegungen ab.
Der Film geht weiter. Der Arzt fühlt den Puls und schüttelt schwermütig das Haupt. Die Ärmste wird von uns genommen werden. Das Harmonium setzt ein. Die Kranke lächelt und bewegt die Finger, als wenn sie Klavier spielte. Ihre letzten Gedanken gehören ihm und dem Klavier.
Verwandlung.
An der Schwelle des Krankenhauses sitzt ein Mann und starrt mit furchtbaren Blicken ins Leere. Benzoni.
Die Reue nagt an ihm. Immer stärker. Noch stärker.
Die Töne des Harmoniums schwellen an.
Verwandlung.
Der Arzt beugt sich über eine Tote. Sie ist dahin, und das Schicksal erfüllte sich. Zur Türe herein wankt Benzoni, wankt an das Bett, fällt über das Bett. Schluß.
Es wird hell.
Frau Hierlinger trocknet ihre rinnenden Tränen, Hierlinger sitzt betäubt und schnupft auf. Über seine dicken Backen rollen ebenfalls Tränen.
FRAU HIERLINGER seufzt tief: Ah… so was!
SOPHERL: Mammi… was g’schieht jetzt?
FRAU HIERLINGER: Han?
SOPHERL: Was tuat jetza der Mann von dera arma Frau?
FRAU HIERLINGER: Heirat’n tuat a wieda. An anderne.
SOPHERL: Woaß ma dös?
FRAU HIERLINGER: O ja! Dös woaß ma.
SOPHERL: Er is aba da so trauri g’wen!
FRAU HIERLINGER: O mei! Die Mäh…na! In an Vierteljahr speanzelt a scho lang mit einer andern…
HIERLINGER: Dös kennst net, daß dös lauta Schmarrn is?
FRAU HIERLINGER: Dös is aus ‘n Leb’n geschöpft…
HIERLINGER: Ja! Am… gebrochenen… Härzen, sag’ i… Geh’ ma, sunst schöpfst d’ a no was aus ‘n Leb’n… sie stehen auf.
DIE HUTBESITZERIN: Da hört si alles auf! Der grobe Laggl, der unkultifierte, möcht mir an Huat abi stöß‘n… und sei Schmieslmadam hat selba den größt’n Bletschari auf!
HIERLINGER im Abgehen: Tean S’ Eahna halt’n, Sie! Sunst wer i ungalant, Sie Mistamsel, Sie abscheilige!…
HUTBESITZERIN: Ah! Ah…
FRAU HIERLINGER: Geh zu, Xaver! Mit keiner solchenen Sunntagsbagaschl streit man doch nicht!… Die Familie Hierlinger geht ab. Es wird dunkel.
DIENER: Es muß ab-solu-te Ruhä herrschen… Nächster Film.
Das Duell
Personen:
Professor Dr. Adolar Weller
Elsa, seine Frau
Botho von Lenin, Gutsbesitzer, Major a. D., und Gertrud, seine Frau, Eltern der Frau Dr. Weller Hans von Lenin, Assessor, deren Sohn Fritz von Platow, Leutnant Wilhelm von Sassen, Leutnant
Szene: Wohnzimmer des Dr. Adolar Weller. Gewöhnlich möbliert. Professor Weller sitzt am Schreibtische. Es klopft.
DR. WELLER: Herein! W. von Sassen in Infanterieuniform tritt ein.
SASSEN: Habe ich die Ehre, Herrn Professor Dr. Weller zu sprechen?
DR. WELLER: Gewiß.
SASSEN steif: Gestatten! Wilhelm von Sassen, Sekondeleutnant. Sie hatten gestern kleines Rencontre mit Kamerad von Platow?
DR. WELLER: Ich hatte eine sehr ernste Sache…
SASSEN: Na, das geht mich nichts an. Ich habe Ihnen im Auftrage des Herrn von Platow eine Forderung zu überbringen. Pistolen. Fünfzehn Schritt Distanz. Dreimaliger Kugelwechsel.
DR. WELLER: Was? Herr von Platow fordert mich? Das ist stark!
SASSEN: Ich bitte, keine Kritik. Bin lediglich Kartellträger. Wollen mir Dritten bestimmen, mit dem ich Näheres vereinbare.
DR. WELLER: Da hört doch alles auf.
SASSEN drohend: Sie verweigern die Satisfaktion?
DR. WELLER sehr bestürzt: Weigern? Nein. Das heißt, ja. Oder vielmehr, das ist unglaublich. Satisfaktion, das heißt doch Genugtuung, die verlangt doch nur der Beleidigte. Nicht der Beleidiger. Erlauben Sie mir, das ist doch keine Vernunft!
SASSEN: Das spielt hier keine Rolle. Ich komme in einer Stunde wieder und erwarte Ihre definitive Entscheidung. Ab.
DR. WELLER erregt auf-und abgehend: Das ist unglaublich. Das ist unerhört. Ich erwische den Herrn in der denkbar kitzlichsten Situation bei meiner Frau – und