Einen mythischen Hintergrund haben die Sagen von gespenstischen Hunden, Hähnen und Hasen. Erstere erscheinen gewöhnlich schwarz, vereinzelt aber auch feurig, und erschrecken die einsamen Wanderer. Vielleicht sind sie in einigen unserer Sagen auf die Hunde der Schicksal verkündenden Nornen zurückzuführen, und damit sind sie auch Verkündiger des Todes oder Krankheit bringend, wie der schwarze Pudel, welcher sich zuweilen auf dem Hemberge bei Bockau sehen läßt. Wo der Hund in Gesellschaft einer Jungfrau im Innern des Berges Schätze hütet, ist derselbe Sarmr, der Hund der Unterwelt.
Daß auch der Hahn mythisch ist, erzählt uns die nordische Götterlehre, nach welcher der Hahn Fialan kräht, ehe das Weltende herannaht; durch Hähne werden Hexen und böse Geister verscheucht und ein schwarzer Hahn ist nach dem Volksglauben dem Teufel geweiht. Ebenso tritt auch der Hahn in den Schatzsagen auf. So führt z. B. ein solcher diejenigen irre, welche auf dem Burgberge bei Lichtenberg den daselbst liegenden Schatz heben wollen. In böhmischen Sagen vertreten goldene Hähne die Stelle von Schätzen, und Hühner legen auch nach anderen Überlieferungen goldene Eier. – Endlich sprechen für die mythische Bedeutung des Hasens viele abergläubische Meinungen; so ist z. B. im Vogtlande ein Hase, welchen man beim ersten Ausgange zuerst erblickt, Unglück verkündend. Er ist ein Göttertier, denn die Göttin Hulda ließ sich bei ihrer nächtlichen Wanderung, welche sie als Mond ausführte, von Hasen Lichter voraustragen. Als einst ein Arbeiter in Blauenthal nach einem an der nahen Steinwand, wo sich auch andere Spukgespenster sehen lassen, wiederholt nächtlich erscheinenden weißen Hasen schlug, war er in der nächsten Nacht tot.
Unter den erzgebirgischen Spukgeschichten giebt es viele, nach denen die Seelen verstorbener Menschen, welche der himmlischen Ruhe nicht teilhaftig geworden sind, auf Erden umherwandeln. »Sie gehen um«, wie der Volksmund sagt, denn sie bleiben als schattenhafte Wesen in der Nähe des Ortes, welcher ihnen einst in ihrem irdischen Leibe als Wohnplatz angewiesen war. Nicht immer ist dies, wie bei dem Rachhals zu Aue, nach dem Volksglauben eine Strafe für begangenes Unrecht, oft sind diese Gespenster warnende Geister, ja sie haben sich vereinzelt selbst zu gutmütigen Hausgeistern umgewandelt. Andererseits aber werden auch solche Gespenster zu Quälgeistern, die sich gleich böswilligen Kobolden dem Wanderer aufhocken, oder ihre Angehörigen in anderer Weise ängstigen; dies thun z. B. das Gespenst, welches als feuriger Hund bei Graslitz erscheint, und die gespenstischen Frauen, welche ihre Ehemänner beunruhigen. Der »schwarze Mann«, mit welchem Namen sich häufig die Kinder gegenseitig schrecken, ist ein Schattengeist, der zuweilen nur erscheint, um zu drohen, ohne jemandem sonst weiter ein Leid zuzufügen. Teilweise, wie in Schneeberg, meldet die Sage bloß, daß er sich sehen läßt, sie teilt aber über die Bedeutung und Ursache seines Erscheinens nichts weiter mit. An anderen Orten, wie in Königswalde, ist er ein bösartiges Wesen, welches ein eben getauftes Kind holen will; er erinnert so an den Vernichtungsgott Surtr. Ursprünglich aber ist der schwarze Mann wohl auf den Schutzgeist zurückzuführen, welchen jeder Mensch zu eigen hatte. (Rochholz, deutscher Glaube und Brauch, I. S. 104.)
Die Sagen von den umherwandelnden Geistern Verstorbener werden durch altheidnischen Glauben begründet. Nach demselben tritt mit dem Tode keine Vernichtung ein, ja der Krieger ist nach solchem Glauben imstande, auch im Grabe einen ins Land fallenden Feind zurückzuschrecken. Der deutsche Häuptling Iwar befiehlt sterbend, daß man ihn an derjenigen Landesgrenze begrabe, an welcher am meisten feindliche Einfälle zu befürchten seien. (Rochholz a. a. O., S. 117.) Nach der Darstellung der Edda behalten die Helden ihren Körper; kämpfen sie doch in Walhalla mit vollkommenem Leibe, den keine Wunden töten; aber die Bösen,
»die Männer, die Meineid und Mord verübt
Und zur Untreu' verleitet des andern Geliebte,«
kommen in einen Saal, »fern von der Sonnen, das Thor gegen Norden am Leichenstrand. Da saugt und frißt an entseelten Leichen der wölfische Neidhagen«. (Edda, die Kunde der Wala 13.) Wenn also nach diesem altheidnischen Glauben der Leib der Bösen vernichtet und in den Urstoff aufgelöst wird, so müssen ihre Seelen ruhelos auf der Erde umherwandeln, bis ihre Strafzeit vorüber ist und sie einen anderen Leib finden.
So ist also der Gespensterglaube ein Überrest heidnischer Vorstellungen, welche in die Gegenwart hineinragen, deren Ursprung jedoch dem Volke nicht bekannt, deren tiefere Bedeutung vergessen worden ist.
11. Das wütende Heer bei Annaberg.
(Christ. Lehmann, Histor. Schauplatz etc. S. 77.)
Insonderheit hatte der höllische Jäger vor und in dem 30jährigen Kriege auf den hohen Wäldern sein Affenspiel, indem es, vornehmlich, wenn etwa eine feindliche Armee einbrechen sollte, wie ein starkes Jägergeschrei »Hu! hu! hu!« erschallte. Man hieß es insgemein das wütende Heer, und war ein böser Vorbote. Anno 1626 ritt Junker Rudolf von Schmertzing, Erbsaß auf dem Hammergute Förstel, halbtrunken von Annaberg ganz allein, und vermeinte den geraden Weg über Schlettau auf die Scheibenbergischen Mühlen durch die Unter-Scheibner Räume zu nehmen. Es verführte ihn aber eine Jagd mit Jägergeschrei und Hundegebell, welchem er nachritt, und fiel mit seinem Pferde in einen Morast, darin das Pferd halbversunken stecken blieb. Er arbeitete sich endlich heraus, lief nach den benachbarten Vorwerken, kleidete sich um und ließ Leute auftreiben, welche das Pferd mit Stangen und Seilen aus dem Morast zogen.
Einst reiste auch ein alter Priester von Wiesenthal sehr frühe durch den Wald nach Annaberg. Da erhob sich mitten im Walde ein ungemeines Jägergetöne, um welche Zeit doch kein Arbeiter und Jäger in dem Walde zu finden war. Sein Fuhrmann besann sich bald darauf und sagte: »Herr, es ist das wütende Heer; wir wollen in Gottes Namen fahren, es kann uns nicht schaden.«
12. Das wütende Heer bei Weißbach.
(Mündlich.)
An dem von der Straße in Weißbach nach Kirchberg abführenden Hohlwege soll sich oftmals das wütende Heer haben hören lassen.
13. Der wilde Jäger zwischen Stangengrün und Hirschfeld.
(I. Gräße, Sagenschatz d. K. Sachsen, No. 499. II. Mündlich.)
I. Eines Tages sind zwei Brüder, Spitzenhändler, auf der Straße von Stangengrün nach Hirschfeld geritten, da haben sie plötzlich am hellerlichten Tage auf freiem Felde das laute Hohoschreien des wilden Jägers gehört, aber ihn selbst nicht gesehen; nur unter ihren Pferden, die sich furchtbar gebäumt, sind eine Menge kleiner Dachshunde herumgelaufen, ohne daß sie jedoch einen derselben hätten von den Pferden treten sehen, und plötzlich ist alles wieder verschwunden gewesen.
II. Zwischen Hirschfeld und Stangengrün liegt der Teufelswald. In demselben hat man mehrmals die wilde Jagd gesehen und gehört. Dies widerfuhr unter anderen einem Tischler, welcher einst des Nachts um 12 Uhr mit einem Karren durch den Wald fuhr. Da hörte er Pfeifen und Gebell, und darauf sah er auch den wilden Jäger als schwarze Gestalt zu Fuße an sich vorübergehen; derselbe führte zwei Hunde bei sich.
14. Die wilde Jagd bei Komotau.
(Grohmann, Aberglauben und Gebräuche aus Böhmen und Mähren. 1. B. 1864. S. 5.)
Eine alte Frau aus Komotau erzählte: Geht man an Adam und Eva früh zur heiligen Beichte und Kommunion und fastet dann den ganzen Tag, selbst abends, und geht dann um Mitternacht auf einen Kreuzweg, so sieht man die wilde Jagd vorüberziehen, und der letzte aus derselben giebt einem einen Thaler, der, so oft man ihn