– Aber nicht abgeschlossen! Und dein Kontrakt soll morgen abgeschlossen werden, das hat er dir gesagt.
– Meinst du, dass ich ihn zuerst unterzeichnen werde? O, nicht doch! Es ist gut, dass du mich vorsichtig gemacht hast. Mein Name soll nicht anders daran stehen als unter dem deinigen.
– Schwörst du mir das?
– O pfui, willst du mich um eine Sache schwören lassen, welche du so gewiss weißt? Wahrhaftig, du hast mich heute Abend nicht lieb, oder du willst mir wehe tun, denn du stellst dich, als ob du an meiner Liebe zweifeltest.
Bei diesem Gedanken schwollen Consuelo’s Augen an, und sie setzte sich mit einer kleinen schmollenden Miene, die ihr reizend stand.
– Im Grunde bin ich toll und närrisch, dachte Anzoleto. Wie mochte ich nur einen Augenblick daran denken, dass es dem Grafen glücken könnte, eine so reine Seele, und eine so vollkommene Liebe zu besiegen? Ist er doch genug bewandert, um auf den ersten Blick zu erkennen, dass Consuelo kein Fang für ihn ist! Hätte er wohl aus bloßer Großmut mich heute Abend an seiner Stelle in die Gondel steigen lassen? Oder hat er nicht vielmehr deutlich vorausgesehen, dass er an ihrer Seite die Rolle eines lächerlichen Gecken gespielt haben würde? Nein, nein! mein Loos ist mir gewiss, meine Stellung ist unnehmbar. Möge ihm doch Consuelo gefallen, möge er sie doch lieben, möge er ihr doch den Hof machen, das alles wird ja nur dazu dienen, mein Glück zu befördern, denn sie wird alles von ihm erlangen, was sie will, ohne sich bloß zu geben. Consuelo wird in diesen Sachen bald besser Bescheid wissen als ich. Sie ist fest, sie ist klug. Die Anmaßungen des lieben Grafen werden mir zum Vorteile und zur Ehre ausschlagen.
Und allen seinen Zweifeln im Herzen absagend, warf er sich zu den Füßen seiner Freundin nieder und überließ sich den Entzückungen der Leidenschaft, die ihn jetzt für sie durchglühte, und die nur seit einigen Stunden von seiner Eifersucht zurückgehalten war.
– O meine Schöne! meine Heilige! mein Teufel! meine Königin! rief er aus, vergib mir, dass ich nur an mich gedacht habe, anstatt mich vor dir niederzuwerfen und dich anzubeten, wie ich es gesollt hätte, seit wir allein sind in dieser Stube! Ich habe sie heute Morgen im Zank mit dir verlassen. Ja, ja, ich hätte sie nicht anders wieder betreten sollen, als mich auf meinen Knien schleppend! Wie kannst du noch solch ein Tier, wie ich bin, lieben und freundlich anlächeln? Zerschlage deinen Fächer auf meinem Gesichte, Consuelo. Setze deinen Fuß auf meinen Kopf. Du bist größer um hundert Ellen als ich, und ich bin dein Sklave, von heute an auf ewig.
– Ich verdiene diese schönen Worte nicht, erwiderte sie, sich seinem Drücken überlassend. Deine Zerstreuungen entschuldige ich gern, denn ich weiß sie mir zu erklären. Ich sehe wohl, dass die Furcht von mir getrennt zu werden, und ein Leben zerspalten zu sehen, das nur eines für uns beide sein kann, dir diesen Kummer und Zweifelmut eingeflößt hat. Du hast nicht auf Gott vertraut, und das ist viel schlimmer als wenn du mir eine Schlechtigkeit vorgeworfen hättest. Aber ich werde für dich beten und sprechen: Herr, vergib ihm, wie ich ihm vergebe.
Sie äußerte nun ihre Liebe ohne Rückhalt, und in ihrer schlichten Weise, und mischte, wie immer, jene spanische Devotion hinein, voll irdischer Zärtlichkeit und ungezwungener Hingebung: wie war sie da so schön! Die Ermüdung und Aufregung des Abends hatten ein so liebliches Schmachten über sie verbreitet, dass Anzoleto, schon verzückt durch jene Vergötterung, aus welcher er herkam, und durch welche sie ihm in einer neuen Gestalt erschienen war, endlich alle Raserei einer heftigen Leidenschaft für dieses Schwesterchen fühlte, das er bis dahin so ruhig und still geliebt hatte. Er war einer von denen, welche sich nur für das entflammen was von anderen erst durch Lob, Verlangen und Wetteifer verherrlicht worden ist. Die Wonne, den Gegenstand so vieler Wünsche, welche er um sich her entglühen und lodern gesehen, sein zu nennen, jagte in ihm nicht mehr zu zügelnde Begierden auf, und zum ersten Male war Consuelo in seinen Armen wirklich in Gefahr.
– Sei meine Geliebte, stammelte er, sei mein Weib. Sei ganz mein und auf ewig.
– Wann du willst, antwortete Consuelo mit englischem Lächeln. Morgen, wenn du willst.
– Morgen! Warum erst morgen?
– Du hast recht, Mitternacht ist vorüber, und wir können uns schon heut heiraten. Sobald es Tag wird, können wir zu dem Priester gehen. Wir haben beide keine Eltern, es wird nicht viele Umstände machen. Ich habe mein Indiennekleid, das ich nun noch nicht getragen habe. Siehst du, mein Freund, als ich es mir machte, dachte ich: um mir ein Hochzeitkleid zu schaffen, wird mein Geld nicht reichen; und wenn mein Freund mit mir an einem dieser Tage Hochzeit machen wollte, so müsste ich in einem Kleide, das schon eingeweiht wäre, zur Kirche gehen. Das bringt Unglück, sagen die Leute. Als mir dann meine Mutter im Traume erschien und es mir wegnahm und in den Schrank hängte, wusste sie wohl, was sie tat, die arme Seele! Es ist also alles in Bereitschaft. Morgen, mit Sonnenaufgang werden wir uns die Treue geloben. Und damit hast du gewartet, schlechter Mensch! um erst Gewissheit zu erlangen, ob ich auch nicht hässlich wäre?
– O, Consuelo! rief Anzoleto gepeinigt, du bist ein Kind, ein wahres Kind! Wir können uns ja nicht so von heut auf morgen heiraten, ohne dass es bekannt werde; und der Graf und Porpora, deren Protection uns noch so nötig ist, würden über uns wer weiß wie aufgebracht sein, wenn wir einen solchen Entschluss fassten, ohne sie um Rat gefragt, ohne sie auch nur davon benachrichtigt zu haben. Dein alter Lehrer ist mir nicht besonders gut, und der Graf, wie ich von guter Hand habe, hat die verheirateten Sängerinnen nicht gern. Wir brauchen Zeit, um ihnen ihre Einwilligung zu unserer Heirat abzugewinnen; oder wir müssen doch wenigstens ein Paar Tage haben, wenn wir uns im Stillen heiraten wollen, um eine Sache, die so viel Behutsamkeit erfordert, heimlich einzuleiten. Wir können nicht nach San Samuel laufen, wo uns alle Welt kennt, und wo nur die erste beste alte Klatschschwester zu sein braucht, um die Sache in Zeit von einer Stunde im ganzen Kirchspiel herumzubringen.
– An das alles habe ich nicht gedacht, antwortete Consuelo. Aber sage, was wolltest du denn jetzt eben? Warum sprachst du schlechter Mensch: »sei meine Frau!« wenn du doch wusstest, dass es noch nicht anginge? Ich habe nicht davon angefangen, Anzoleto! Ich habe zwar oft genug daran gedacht, dass wir jetzt in dem Alter wären, einander zu heiraten, und an die Hindernisse, von denen du sprichst, habe ich nie gedacht, allein ich hatte es mir zur Pflicht gemacht, die Bestimmung darüber deiner Klugheit, und, soll ich so sagen? deiner Eingebung zu überlassen; denn ich sah wohl, dass du keine große Eile hattest, mich deine Frau zu nennen, und ich zürnte dir darum nicht. Du hast mir oft gesagt, man müsste, ehe man einen Hausstand gründet, die Lage seiner zukünftigen