Es schmerzte mehr, als er zugeben wollte, dass diese Ankündigung Frankie noch mehr zu verängstigen schien als die Aussicht, sich das Bett mit Paul und Arthur zu teilen.
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Frankie sah zu, wie Marcus Gesicht sich verdunkelte, und sein Bauch zog sich wieder zusammen. Er ist schwul oder kommt zumindest mit zwei schwulen Mitbewohnern klar, sagte er sich, aber es fiel ihm schwer sich vorzustellen, dass es sicher war, neben jemanden zu schlafen, der so wütend war. »Niemand muss für mich auf sein Bett verzichten. Ich schlafe auf dem Boden.«
Paul und Arthur versuchten, sich in ihrem Protest gegenseitig zu übertönen, aber Marcus schnitt ihnen in seinem ruhigen Papa-Bär-Modus das Wort ab. »Wir haben nicht mehr Decken und die, die du mitgebracht hast, ist noch feucht. Es wird heute sicher nicht wärmer als 10 Grad. Du wirst dir mit irgendeinem von uns das Bett teilen müssen.« Er setzte einen finsteren Blick auf und Frankie war sich nicht sicher, ob Marcus die Idee hasste, dass sie sich ein Bett teilen würden, oder ob er Frankie verbieten wollte, die Treppe mit den anderen beiden nach oben zu gehen.
Vielleicht war er hoffnungslos verklemmt, aber Frankie wollte nicht auf ihr eindeutiges Angebot eines Dreiers eingehen. Es war nicht so, dass er etwas gegen Dreier hatte – er hatte selbst schon ein paar gehabt und sie waren nicht schlecht gewesen –, aber er war sich nicht sicher, ob Arthur und Paul die beste Kombination abgaben. Fast die ganze Zeit über schienen sie wütend aufeinander zu sein und es gab Anzeichen von Schmerz, der stumm von beiden Seiten ausgestrahlt wurde. Frankie wollte buchstäblich nicht dazwischen geraten. Diese Entschuldigung klang auch ziemlich verklemmt, aber er war müde und überwältigt und dachte gerade nicht wirklich an Sex. Was sich anfühlte, als würde er den schwulen Ehrenkodex brechen, gefangen im Schneesturm mit drei stämmigen Bären, die wirklich Bären waren, und nicht willens, mit ihnen einen Amateurporno durchzuexerzieren. Das war irgendwie Frankies Lebensgeschichte: Er war nicht einmal gut im Schwulsein.
Josh war absolut begeistert gewesen, als Frankie ihm gesagt hatte, wo er gelandet war. Frankie war in die am weitesten entfernte Ecke des Raums gegangen, während er mit seinem Mitbewohner telefoniert hatte. Er hatte ihm einen schnellen Überblick über die Situation und über die sexuelle Orientierung seiner Retter gegeben.
»Volltreffer«, hatte Josh gesagt. Hätte er von den potentiellen Gruppenaktivitäten gewusst, wäre er sicher in Jubelschreie ausgebrochen.
Gott, Frankie war so armselig. Er sah zum Dachgeschoss hoch und gab sich eine letzte Chance, um nicht langweilig zu sein, aber am Ende wählte er den Weg des Feiglings und flüchtete ins Badezimmer.
Er hatte vorgehabt, sich Zeit zu lassen, aber es war verdammt kalt hier drin, also beeilte er sich. Er pinkelte, wusch sich das Gesicht mit lauwarmem Wasser und putzte sich die Zähne mit einem Finger und etwas Zahnpasta, die er in einer Schublade gefunden hatte.
Auf der anderen Seite der Tür konnte er Streit hören. Arthur wurde laut, Marcus knurrte und Paul schwankte zwischen Gereiztheit und dem Versuch, vernünftig zu bleiben. Gegen den Lüftungsschacht gelehnt, wartete Frankie, bis es stiller wurde. Als er Schritte auf der Treppe hörte, öffnete er die Tür.
Marcus stand auf der anderen Seite des Raums und hielt ihm eine Trainingshose und ein Sweatshirt entgegen.
»Die gehören Paul, aber sie werden trotzdem etwas zu groß sein.« Er musterte Frankie von oben bis unten und runzelte die Stirn. »Wird wohl das Beste sein, wenn du sie über deine Kleidung ziehst. Du siehst halb erfroren aus.« Er drückte Frankie die Klamotten in die Hände und wandte sich ab. »Ich werde das Feuer anfachen.«
Obwohl seine tief verwurzelte Minnesotahöflichkeit wollte, dass er protestierte und Marcus sagte, sich keine Umstände zu machen, war Frankie wirklich halb erfroren, also schluckte er die Höflichkeit hinunter und zog wie befohlen Sweatshirt und Trainingshose über Shirt und Jeans, ehe er wieder zum Kamin eilte. Die Couch war ausgezogen und in ein Bett verwandelt worden, auf der sich einige Decken stapelten. Frankies Steppdecke aus dem Wagen war über zwei Stühle in der Nähe des Feuers ausgebreitet, das Marcus mit einer großzügigen Menge Feuerholz anreicherte.
Er nickte zur trocknenden Decke. »Wenn dir heute Nacht kalt wird, dann schnapp sie dir. Sie sollte in ein paar Stunden trocken sein. Aber vielleicht ist dir warm genug, immerhin sind wir zu zweit unter der Decke.«
Diese Beobachtung ging mit einem finsteren Blick einher und Frankie wünschte sich inständig, er könnte damit davonkommen, auf dem Boden oder zumindest in dem Lehnstuhl zu schlafen. Alles, nur nicht neben Kapitän Stinkstiefel schlafen.
»Es tut mir so leid, euch derartige Umstände zu machen.«
»Was, hast du dein Auto etwa absichtlich in den Graben gesetzt?«
Wieso war dieser Kerl so wütend und wieso wurde er immer wütender, je mehr Frankie sich entschuldigte, weil er ihm zur Last fiel? »Es tut mir einfach leid, das ist alles.«
Marcus zuckte mit den Achseln, grummelte etwas in sich hinein und ging in Richtung Badezimmer.
Frankie war sich nicht sicher, auf welcher Seite er schlafen sollte, also nahm er einfach die, die ihm am nächsten war, hob die Decken an und kletterte schnell darunter.
Das ausgeklappte Sofa war größer als die meisten, auf denen Frankie bisher geschlafen hatte, aber als er sich hinlegte, merkte er, dass Klappsofas doch irgendwie alle gleich waren. Egal wie gut die Matratze auch war, man konnte doch die Stange in der Mitte spüren, die sich in den Rücken bohrte. Aber immerhin war es so warm, wie Marcus versprochen hatte, besonders als der größere Mann neben ihn kroch. Frankie hoffte nur, dass er sich in der Nacht nicht wie eine Rakete, die auf Wärme reagierte, an seinen Schlafpartner kuscheln würde.
Der Wind erschütterte die Hütte, brachte das Holz zum Knarren und wehte harte Schneekügelchen gegen die Fenster. Wenn es in der Stadt schneite, dann waren die Nächte fast so hell wie der Tag. Die weiße Schneedecke reflektierte die Straßenlichter. Hier gab es überhaupt kein Licht und in der Hütte war es pechschwarz, abgesehen von dem sanften Leuchten des Feuers, das Marcus entzündet hatte. Frankie dachte, wie dunkel es gewesen wäre, wenn er immer noch in seinem Auto gefangen wäre, und zitterte. Seine Fantasie ergänzte den Gedanken, wie kalt es dort draußen wahrscheinlich inzwischen war, und Frankie zitterte noch mehr.
Die andere Seite des ausgeklappten Betts bewegte sich, als Marcus sich umdrehte. »Alles okay?«
Frankie fühlte sich wie ein Idiot, als er nickte. »Ja, entschuldige. Ich hab nur daran gedacht, wie kalt und dunkel es in meinem Auto jetzt ist und was für ein Glück ich habe, dass ich einen Schlafplatz für die Nacht gefunden habe.«
Für Frankie war das ein verletzlicher Moment der Beichte und er erwartete, dass Marcus sich erweichen lassen und ihm vielleicht »Du bist jetzt in Sicherheit« oder etwas ähnlich Harmloses entgegen brummen würde, das als Eisbrecher funktionierte. Doch anstatt aufzutauchen, wandte Marcus Frankie wieder den Rücken zu und klang gereizt, als er sagte: »Wird viel länger sein als eine Nacht. Das ist ein Albtraum von einem Sturm.«
Verletzt und verwirrt drehte auch Frankie sich weg. »Ich werde morgen eine Möglichkeit finden, zu einem Hotel zu kommen, damit ich euch nicht weiter zur Last falle.«
»Das nächste Hotel ist in Eveleth. Da kommst du so schnell nicht hin.«
Frankie wünschte, er wäre die Art von Arschloch, die sich dazu entscheiden konnte, solange wie möglich bei Marcus zu bleiben und ihm dafür aus Rache auf die Nerven zu fallen. Aber das war er nicht. »Dann finde ich eben etwas anderes in der Stadt.«
»Du bleibst hier. Jetzt sei still und schlaf, denn ich bin ziemlich sicher, dass morgen interessant wird.«
Frankie kuschelte sich tiefer in seine Decken, schloss die Augen und schluckte hart. Er befahl sich,