Im Thale des Todes. Karl May. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karl May
Издательство: Bookwire
Серия: Deutsche Herzen - Deutsche Helden
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783849610029
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zu mir, denn er leidet an der Bauchwassersucht!«

      Steinbach hätte laut auflachen mögen, dennoch sagte er ernsthaft:

      »Der Arme!«

      »O nein! Nennt ihn nicht arm! Er ist von der Natur überschüttet mit Vorzügen des Geistes und des Körpers. Er ist mein Freund, mein Einziger, mein Ewiger! O Heulmeier, Heulmeier!«

      Sie drückte den Klos an ihre Lippen.

      »Heulmeier?« fragte Steinbach verwundert.

      »Ja, Heulmeier! Er war Euch so ähnlich an Talent. Wundert Euch nicht, daß es Euch schwer fällt, diesen Namen auszusprechen! Heulmeier war ein Deutscher und alle diese Deutschen sind berühmte Zoologen.«

      »Dann bin ich auch ein Zoolog. Ich bin Deutscher.«

      »Ihr, auch Ihr? Ists möglich?«

      »Ja, ich bin ein Germano.«

      »Welch ein Tag! Ihr seid heute bereits der dritte Deutsche, den ich bei mir sehe. Wie ist Euer Name?«

      »Steinbach.«

      »Ein schöner Name, aber doch noch nicht so wohlklingend wie Heulmeier. Seid Ihr in Deutschland bekannt?«

      »So ziemlich.«

      »Kennt Ihr die dortigen Residenzen?«

      »Alle.«

      »So kennt Ihr auch wohl Her – her – – her – o, ich besinne mich nicht gleich. Die letzte Silbe war ›grün‹.«

      Jetzt ging Steinbach ein Licht auf. Hier hatte jedenfalls der lustige Sam die Hand im Spiele.

      »Herlasgrün etwa?« fragte er.

      »Ja. Es ist die größte Haupt- und Residenzstadt, nicht wahr, Sennor?«

      »Ja.«

      »Und hat eine Universität?«

      »Hm! Ja.«

      »Dort ist – – aber wart Ihr dort?«

      »Sehr oft.«

      »So müßt Ihr auch Heulmeier gesehen haben.«

      Er setzte sich den Fall zusammen. Zoolog, Universität – er war so kühn, zu fragen:

      »Ihr meint den berühmten Professor Heulmeier, Professor der Zoologie?«

      »Ja, und Rector der Universität. Sennor Professor Barth kennt ihn auch. Welch ein glücklicher Tag heute. Werdet Ihr einige Zeit in Prescott bleiben?«

      »Vielleicht.«

      »Wollt Ihr nicht bei mir logiren?«

      »Habt Ihr Platz?«

      »Für Euch gewiß. Ich habe zwar bereits einen Deutschen da, einen armen Goldsucher, welcher Günther heißt, aber für Euch ist auch noch Raum vorhanden.«

      »Ich werde es mir überlegen. Wo befindet sich der Professor Barth, von welchem Ihr spracht?«

      »Er ist im Hofe und sucht nach einem Reiter, welcher vorhin bei mir eingekehrt war.«

      »Ist dieser Reiter noch da?«

      »Nein. Er ist zu Sennor Robin, meinem Freunde, geritten.«

      »Dieser Sennor ist Euer Freund?«

      »Ja, ich bin ihm sehr verbunden.«

      »Darf ich erfahren, warum?«

      »Wegen einer Sennorita, einer nahen Verwandten von mir. Sie war ihren Eltern davongegangen, kam nach San Franzisko, dann nach Cincinnati und gar nach New-York. Sie wurde bei ihrer Rückkehr verstoßen und fand ein Asyl bei mir. Dann nahm Sennor Robin sie zu sich. Er hat ihr eine Existenz geboten. Darum schulde ich ihm großen Dank.«

      »So ist sie seine Frau?«

      »Nein, er heirathet nicht. Aber sie ist die Directrice seines Hauswesens. Sie ist eine große Schönheit. Sie hat mehrere Male Gelegenheit gehabt, eine ausgezeichnete Parthie zu machen; aber sie liebt die Freiheit. Sie hat mir viele Sorge gemacht, diese gute Donna Miranda; aber ich habe sie dennoch sehr lieb. Wenn Ihr bei mir bleibt, werdet Ihr sie wohl auch noch kennen lernen.«

      »Wißt Ihr vielleicht, ob Sennor Robin heute in seinem Hause ist?«

      »Ich glaube es. Er war gestern hier und hat von einer Reise nichts erwähnt. Wollt Ihr zu ihm?«

      »Vielleicht. Kann man einen Führer finden?«

      »Ihr braucht keinen. Ihr reitet die Straße fort, bis ein Weg rechts abgeht. Der Weg führt ganz untrüglich in die Berge und bis an Robin's Haus. Hoffentlich aber bleibt Ihr heute hier und reitet erst morgen zu ihm hinaus.«

      Jetzt kam noch ein Vierter an, nämlich Wilkins. Damit die Wirthin nicht auch diesen ins Examen nehmen möge, erklärte Steinbach ihr, daß sie alle Vier Gefährten seien und daß er nur auf den Professor Barth warte, um bestimmen zu können, ob sie heute weiter zu reiten hätten oder sich ausruhen könnten. Sie war von dieser Aufklärung einigermaßen betroffen. Sie begann zu ahnen, daß es sich um eine für Robin nicht freundliche Angelegenheit handle, aber sie wagte es nicht, eine Bemerkung zu machen. Der wortkarge, ernste Apache hatte ihr nicht imponirt, wenn sie aber in das stets so freundliche Gesicht Steinbachs und auf seine imposante Gestalt blickte, so war es ihr, als ob sie einen Souverän vor sich habe, den man nur mit dem tiefsten Respecte behandeln dürfe.

      Sie ließ darum die Gäste allein. Sie zog sich zurück, um ein anderes Gewand anzulegen und damit zu zeigen, daß sie so vornehmer Gäste auch wohl würdig sei.

      Bald kam Sam zurück.

      »Was habt Ihr denn eigentlich dieser armen Wirthin weiß gemacht?« fragte Steinbach. »Habt Ihr denn nicht bemerkt, daß sie schwachsinnig ist?«

      »Sogar verrückt ist sie! Wer das nicht sofort bemerkt, der ist selbst verrückt.«

      »Nun, über so unglückliche Menschen macht man sich doch nicht etwa lustig!«

      »Habe ich das gethan?«

      »Ja. Ihr habt Euch für einen Professor ausgegeben.«

      »Das bin ich auch, wenn es auch der Vereinigten-Staaten-Congreß unterlassen hat, mir den betreffenden Titel zu geben. Ich bin Professor des ›Fernen Westens‹. Jim und Tim und viele Andere sind meine Schüler, meine Studenten gewesen. Aber auch davon abgesehen. Ich habe mich über die Wirthin keineswegs lustig gemacht. Ich bin nur einfach auf ihre Idee eingegangen, damit wir von ihr profitiren können.«

      »War es dazu nothwendig, zu sagen, daß Herlasgrün eine Haupt- und Residenzstadt ist?«

      »Ja.«

      »Von welchem Reiche denn?«

      »Von Ober-, Mittel- und Niederoderwitz.«

      Jetzt mußte Steinbach selbst lachen. Dennoch meinte er, noch zürnend:

      »Ihr seid ein lockerer Vogel, Sam!«

      »Nagelt mich fest, dann bin ich nicht mehr locker. Uebrigens, laßt Euch erzählen!«

      Er berichtete, was er hier erfahren hatte, und fuhr dann fort:

      »Ich ging also nach dem Hofe, um das Pferd und auch den Reiter zu suchen. Beide sind aber nicht mehr da. Sie sind zu einer hinteren Thüre hinaus.«

      »Der Kerl hat Euch wohl kommen sehen?«

      »Jedenfalls. Der Kerl, welcher mit ihm ist, muß ein Verbündeter Walkers sein und unsere Wirthin steht mit ihnen im Bunde.«

      »Nein. Sie weiß nicht, was für ein Schurke Walker ist. Er hat sie sich zu Dank verpflichtet.«

      »Werden sehen. Uebrigens wäre ich beinahe wieder mit diesem Peon Petro in Prügelei gerathen; wir sind aber doch noch einig geworden. Er ist ein lustiger, braver Kerl. Der Magd Henriettina ist aber nicht zu