Puppenhaus und Zinnsoldat. Katrin Unterreiner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Katrin Unterreiner
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783902862365
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      Sabine Fellner · Katrin Unterreiner

       Puppenhaus und Zinnsoldat

      Sabine Fellner · Katrin Unterreiner

       Puppenhaus und Zinnsoldat

      Kindheit in der Kaiserzeit

       Mit 32 Abbildungen

      Inhalt

       Vorwort

       Bürgerkinder

       »Das harmonische Ebenmaß aller körperlichen und geistigen Kräfte« Pädagogik zur Jahrhundertwende

       »Der edelsten Bestrebung geweiht« Die Mutter

       »Die Amme muß überhaupt gesund und blühend sein« Die zweite Mutter

       Bonne, Kinderfrau, Gouvernante Das Erziehungspersonal

       Die Offizierstöchter-Erziehungsanstalt Eine Berufsausbildung

       Die gefesselte Phantasie Marie von Ebner-Eschenbach

       Erziehung zu Höherem Anton Wildgans

       »Zur Förderung des Schönheits-, Thätigkeits- und Ordnungssinnes« Spielend lernen

       Arbeiterkinder

       »Zur Arbeitsamkeit anhalten« Kinderarbeit im 19. Jahrhundert

       »Wie gerne hätte ich viel gelernt« Adelheid Popp

       »… hatte ich den Instinkt, daß es etwas Unrechtes sei« Kindesmissbrauch und Kinderprostitution

       Kaiserliche Kindheit

       »Ich liebe die Kaiserin, aber ich fürchte sie sogar aus der Ferne« Die Kinder Maria Theresias

       »Spectacle müssen sein« Kindheit im Herrscherhaus

       »Tu felix Austria nube« Kinder als Opfer der Heiratspolitik

       Kinder als politische Problemfälle Der Herzog von Reichstadt

       Zum Kaiser dressiert Erzherzog Franz Joseph

       Kaltwassergüsse und Exerzieren Kronprinz Rudolf

       »Die Kinder sind seine größte Freude« Kaiserliche Enkel

       »Menschen unter Menschen« Erzherzog Leopold Ferdinand

       Anhang

       Quellen, Literatur

       Anmerkungen

       Bildnachweis

      Vorwort

      Wir sollten vor allem erzogen werden, überall das Bestehende als das Vollkommene zu respektieren, die Meinung des Lehrers als unfehlbar, das Wort des Vaters als unwidersprechlich, die Einrichtungen des Staates als die absolut und in alle Ewigkeit gültigen.

      Stefan Zweig beschrieb in seinen Erinnerungen »Die Welt von Gestern« klar die Ziele der Kindererziehung im 19. Jahrhundert.

      Selbstzucht, Mäßigung, Bescheidenheit und absoluter Gehorsam waren die Tugenden, die es den Kindern zu vermitteln galt, um sie für ihre Rolle in der Gesellschaft vorzubereiten. Um dieses Ziel zu erreichen, war man bei den Mitteln nicht zimperlich und scheute auch vor körperlicher Züchtigung nicht zurück.

      Selbst Kindsein bei Hof bedeutete keineswegs ein Leben im »Schlaraffenland«, sondern vielmehr einen von Geburt an exakt vorbestimmten Lebensweg und ab den frühesten Kindertagen die Vorbereitung auf ein diszipliniertes Erwachsenenleben voller Verpflichtungen. Die Eltern bestimmten dabei ausschließlich aus politisch-dynastischen Gründen über das Leben ihrer Kinder. Grund dafür war aber keineswegs mangelnde Liebe sondern vielmehr politische Notwendigkeit.

      Doch nicht nur kaiserliche Kinder wurden von Kindesbeinen an auf Ihre künftige Rolle vorbereitet; Disziplin und Pflichterfüllung waren auch in bürgerlichen Kreisen die Grundlagen der Kindererziehung, die streng geschlechtsspezifisch ausgerichtet war. Dies bedeutete für die Knaben in erster Linie eine Vorbereitung auf ein erfolgreiches Berufsleben, für die Mädchen eine Vorbereitung auf ihre Pflichten als Ehefrau und Mutter. Bereits die Spiele und das Spielzeug wurden unter diesen pädagogischen Voraussetzungen gezielt eingesetzt. Knaben spielten mit Zinnsoldaten, Kaufmannsläden oder Kinderaltären und sollten ihren Mut und ihre Kraft bei körperlichen Ertüchtigungen üben. Mädchen hingegen sollten ihre Bereitschaft zur Unterordnung, ihre Sanftmut und Fürsorglichkeit mit Hilfe von Puppen und Puppenstuben und dem Umgang mit Nadel und Faden ausbilden.

      Selbst Freizeit und unbeschwertes Spiel fanden unter den wachsamen Augen von Erziehern und Gouvernanten statt – kein Wunder, dass das freie unbeaufsichtigte Spiel der »Gassenkinder« bei manchem bürgerlichen Zögling neidvolle Sehnsucht auslöste.

      Für die sich in den Gassen herumtreibenden Kinder der Arbeiterschicht bedeutete diese scheinbare Freiheit freilich Hunger und ein Leben in Elendsquartieren. Hier prägte wirtschaftliche Notwendigkeit das harte Leben der Kinder und bedeutete oft ab dem achten Lebensjahr einen zwölfstündigen Arbeitstag und die Vernachlässigung der Schulbildung.

      Das vorliegende Buch geht der Frage nach, wie der Alltag der Kinder bei Hof, in der bürgerlichen Wohnstube sowie im Elendsquartier der Arbeiter tatsächlich aussah. Wer erzog diese Kinder, wer waren ihre