Gesammelte Sci-Fi-Romane in einem Band. Hans Dominik. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Hans Dominik
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788075831613
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Jede Schraube, jede Niete wurde erkennbar. Er mußte dauernd regulieren, um das schnell fahrende Schiff in dieser Vergrößerung nicht aus dem Gesichtsfelde zu verlieren.

      Jetzt stimmten Regulierung und Flugschiffbewegung genau überein. Regungslos verharrte das Schiff in der Mitte der Bildfläche. Vorn dicht hinter der breiten Zellonscheibe der Kabine standen Silvester und Jane. Hand in Hand, glücklich lächelnd, blickten sie vor sich nieder in die fruchtbare italienische Ebene.

      »Alle diese Kriegsgerüchte sind … ich will den Ausdruck unserer Zeitungsleute gebrauchen … sind stark verfrüht. Die Welt gehört den Anglosachsen. Sie wären Toren, wenn sie sich gegenseitig zerfleischen wollten. Der innere tiefliegende Grund zum Kriege fehlt, und deshalb wird es trotz allen Pressegeschreis und aller Nervosität keinen Krieg geben. Das ist meine persönliche Ansicht … und nicht meine Ansicht allein.«

      Dr. Glossin sprach in der überzeugenden und beinahe hypnotisierenden Art, über die er so gut verfügte.

      Lord Horace Maitland saß ihm in der Bibliothek von Maitland Castle gegenüber. »Ihre Worte in Ehren, Herr Doktor. Aber warum versucht Amerika die europäische Stahlproduktion aufzukaufen?«

      Lord Horace ließ die scharfen grauen Augen forschend auf dem Arzte ruhen. Dr. Glossin hatte seine Muskeln in der Gewalt. Es war ja vorauszusehen, daß die Bemühungen der amerikanischen Agenten den Engländern nicht verborgen bleiben würden.

      »Es ist eine wohldurchdachte Maßnahme des Herrn Präsident-Diktators, um den Frieden der Welt aufrechtzuerhalten.«

      »Ich muß gestehen, daß mir die Zweckmäßigkeit dieses Weges nicht völlig einleuchtet.«

      »Eure Herrlichkeit wissen vielleicht nicht, daß ich geborener Schotte und nur durch Naturalisation Amerikaner bin. Ich betrachte es als meine vornehmste Aufgabe, die guten Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu pflegen … Sie werden einwenden, daß für diesen Zweck die gegenseitigen Botschafter der beiden Mächte vorhanden sind. In erster Linie gewiß! Aber ein Botschafter ist immer eine offizielle Persönlichkeit. Was er spricht, spricht er amtlich im Namen seines Standes. Vieles darf er nicht sagen, was zu sagen doch bisweilen gut ist.«

      Lord Horace strich mit beiden Händen die Zeitung auf dem Tisch glatt. Ein leichter Sarkasmus lag in den Worten seiner Erwiderung.

      »Sie dagegen, Herr Doktor, sind nicht mit der Last der Amtlichkeit beschwert, obwohl wir in England ziemlich genau wissen, daß Sie der vertraute Ratgeber des Präsident-Diktators sind. Sie sprechen ganz privatim als Herr Doktor Glossin mit Lord Maitland, der zufälligerweise der Vierte Lord der englischen Admiralität ist. So meinen Sie es?«

      »Genau so, Lord Horace. Und so erwidere ich denn: Wir erfuhren, daß die Agenten Englands auf dem Kontinent Kriegsmaterial in größtem Maße bestellten und kauften. Wir hätten mit gutem Rechte das gleiche tun können. Die Rüstungen beider Staaten wären dadurch bis zur Fieberhitze in die Höhe getrieben worden. Wir zogen es vor, unsere friedliche Gesinnung dadurch zu zeigen, daß wir nur den unverarbeiteten Rohstahl kauften. Es ist uns leider nicht in dem beabsichtigten Umfange gelungen. Ihre Regierung läßt nach unseren Ermittelungen Kriegsmaterial auf dem Kontinent bauen, durch das Ihre Luftstreitkräfte um fünfzig von Hundert verstärkt werden. Die Industrie auf dem Kontinent versteht es leider nur zu gut, aus der politischen Spannung Kapital zu schlagen. Immerhin werden Ihre Rüstungen durch unsere Stahlkäufe in solchen Grenzen gehalten, da wir selbst nicht neu zu rüsten brauchen.«

      Die Worte Dr. Glossins verfehlten ihre Wirkung auf Lord Horace nicht. Es war richtig, daß Amerika bisher nur Stahl gekauft hatte. Den freilich in ungeheuerlichen Mengen. Noch gab sich Lord Maitland nicht gefangen.

      »Sie werden die erworbenen Mengen nach den Staaten bringen und dort selbst die Waffen daraus schmieden.«

      Erstaunen malte sich auf Glossins Zügen. »Wir denken gar nicht daran, die zehn Millionen Tonnen Stahl, die wir bisher erwarben, nach den Staaten zu bringen. Es genügt uns, daß sie der Kriegsindustrie entzogen sind. Und … vergessen Eure Herrlichkeit nicht … wir haben schnell gekauft. Haben noch zu erträglichen Preisen gekauft.

      Eine Entspannung der politischen Lage wird über kurz oder lang eintreten. Die Völker der Welt werden sich, wie es immer nach solchen Situationen geschah, mit erneutem Eifer der Produktion für den Frieden hingeben. Aber das Rohmaterial wird dann teurer sein …« Doktor Glossin fuhr mit erhobener Stimme fort: »Dann werden wir über diesen riesenhaften Vorrat frei verfügen. Wir haben es verhindert, daß Schwerter daraus gefertigt wurden, wir werden dann Pflugscharen daraus schmieden lassen. Die Wunden, die dieser Stahl schlagen wird, sollen fruchtbringende Ackerfurchen werden. So ist es die Meinung und der Wille meines …«

      Er brach jäh ab, als habe er zuviel gesagt.

      »… meines Herrn, des Präsident-Diktators Cyrus Stonard«, ergänzte Lord Maitland die Worte Glossins in Gedanken. Jetzt war er überzeugt.

      Der Doktor behandelte die Kriegsgefahr als nicht vorhanden. Das konnte Verstellung sein, zu plump, um einen englischen Staatsmann auch nur eine Sekunde zu täuschen. Aber Dr. Glossin entwickelte gleichzeitig ein Zukunftsgeschäft, das den Amerikanern Milliarden von Golddollars bringen mußte, wenn die Spannung sich friedlich löste. Der Größe dieser wirtschaftlichen Aussichten konnte der Engländer sich nicht entziehen. Busineß bleibt Busineß. Der Grundsatz saß zu tief im englischen Denken und Fühlen, um nicht zu wirken.

      Eine Meldung des englischen Geheimdienstes hatte Lord Horace darüber unterrichtet, daß Dr. Glossin erst vor wenigen Tagen eine lange Unterredung mit Cyrus Stonard gehabt hatte. Es war außer Zweifel, daß er im Auftrage des Diktators sprach. Amerika suchte den Krieg zu vermeiden, machte dabei aber gleichzeitig ein Milliardengeschäft. Die Taktik war eines Cyrus Stonard würdig. Er vermied den Krieg, dessen Ausgang unter allen Umständen unsicher war, und schuf gleichzeitig die Prosperität, die seine Gewaltherrschaft wieder auf eine Reihe von Jahren sichern mußte.

      Blitzschnell gingen diese Gedanken Lord Horace durch den Kopf. Er prüfte in kurzen Minuten des Schweigens den Plan nach allen Richtungen und fand ihn wohldurchdacht. Das Netz war gut gewoben. Keine Masche war von der Nadel gefallen.

      Von diesem Augenblick an neigte er zu der Überzeugung, daß Cyrus Stonard ehrlich den Frieden wolle. Die Frage, ob auch England ihn wolle, stand auf einem anderen Brett. Es hatte danach jedenfalls die Möglichkeit, sich die Zeit für einen Konflikt nach Gefallen zu suchen.

      Lord Maitland hielt die Angelegenheit für wichtig genug, um zu einer Besprechung nach London zu fahren. Er überließ Dr. Glossin der Gastfreundschaft von Maitland Castle und der Gesellschaft von Lady Diana.

      Maitland Castle war in der Tudorzeit erbaut. Spätere Umbauten hatten im Innern mehr Luft und Licht geschaffen, ohne das Äußere bemerkenswert zu verändern. Vor der Südfront des Schlosses lag eine breite Terrasse, gegen den Garten durch eine Sandsteinmauer begrenzt, mit Efeu und Monatsrosen übersponnen.

      Die Wasserkünste des Schlosses spielten. Aus gewaltigen Löwenrachen schossen die breiten Strahlen in Muschelschalen, fielen regenbogensprühend von Kaskade zu Kaskade die Mauerhöhe hinab, füllten ein großes Bassin, um schließlich in Form eines schilfumrandeten Baches dem See zuzufließen.

      Im Schatten einer Ulme saß Lady Diana in einem bequemen Korbstuhl. Das Buch, in welchem sie gelesen hatte, lag lässig in ihrer Hand.

      Ihr gegenüber saß Dr. Glossin.

      »Herr Doktor … Ihr Interesse für meine Person versetzt mich in Erstaunen. Es geht weit über das hinaus, was meine anderen Gäste mir entgegenbringen, und … was ich entgegengebracht haben möchte.

      Mein Gemahl sagte mir, daß Sie im Interesse unseres Vaterlandes nützliche Arbeit tun, den Frieden zwischen beiden Ländern erhalten helfen. Das ist in meinen Augen ein großes Verdienst. Es gibt Ihnen manche Freiheit. Aber jede Freiheit hat Grenzen …«

      Diana Maitland zeigte Bewegung, als sie von der Erhaltung des Friedens sprach. Zum Schluß klang ihre Stimme kalt abweisend.

      »Eure Herrlichkeit legen meinen Worten einen falschen Sinn unter. Was ich sagte, hängt mit dem Wohlergehen unserer beiden Länder