War Burning Daylight in früheren Tagen vor dem großen Goldfunde Carmacks der Held von Yukon gewesen, so wurde er jetzt der Held des großen Fundes. Weit und breit erzählte man sich die Geschichte seiner Chance, und wie er sie verfolgt hatte. Er hatte sie gut ausgenutzt, denn die fünf Glücklichsten besaßen zusammen nicht soviel Claims wie er. Und er verfolgte seine Chance immer weiter, ohne daß sein Glück ihn verließ. Die Klugen schüttelten den Kopf und prophezeiten, daß er jede Unze, die er gewonnen hatte, wieder verlieren würde. Er handelte, behaupteten sie, als bestände das ganze Land aus Gold, und keiner könnte gewinnen, der es so machte wie er.
Andererseits berechnete man den Wert seiner Claims auf Millionen, und manche hielten die für verrückt, die gegen Daylight wetteten. Hinter seiner prachtvollen Freigebigkeit und sorglosen Gleichgültigkeit in Geldsachen lagen eine gesunde, praktische Urteilskraft, Phantasie und die Kühnheit des großen Spielers. Er sah voraus, was er nie mit eigenen Augen gesehen hatte, und spielte so, daß er entweder viel gewinnen oder alles verlieren mußte.
»Es ist zuviel Gold hier in Bonanza,« behauptete er, »als daß es nur eine ›Tasche‹ sein sollte. Es muß bestimmt von einer Mutterader irgendwo herkommen, und andere Creeks werden das beweisen. Behaltet den Indian-River im Auge. Die Bäche, die auf der anderen Seite der Wasserscheide hineinfließen, können ebensogut Gold führen wie die hier.«
Und er glaubte so fest an diese Theorie, daß er ein halbes Dutzend Expeditionen ausrüstete, um die Gegend um den Indian-River, jenseits der großen Wasserscheide, zu untersuchen. Andere Männer, die selbst nicht das Glück gehabt hatten, sich Claims an den guten Flüssen abzustecken, ließ er auf seinen Bonanza-Claims arbeiten. Er bezahlte sie gut – sechzehn Dollar täglich für die Achtstundenschicht, und er arbeitete in drei Schichten. Er hatte Proviant genug, um die Sache in Gang zu bringen, und als die »Bella« mit Vorräten beladen landete, überließ er Jack Kearns ein Grundstück zur Errichtung eines Warenhauses gegen die Verpflichtung, alle seine Leute den Winter 1896 über mit Proviant zu versorgen. Als zudem eine Hungersnot ausbrach und das Mehl für zwei Dollar das Pfund verkauft wurde, konnte Daylight doch ständig die drei Schichten auf seinem Bonanza Creek arbeiten lassen. Andere Minenbesitzer zahlten ihren Leuten fünfzehn Dollar täglich, aber er war der erste gewesen, der andere für sich arbeiten ließ, und hatte ihnen von Anfang an eine ganze Unze täglich bezahlt. Der Erfolg war, daß er nur ausgesuchte Männer hatte, die mehr herausholten als ihren hohen Lohn.
Eines seiner wildesten Spiele fand im Frühwinter statt, als eben alles zugefroren war. Hunderte von Neuankömmlingen waren, nachdem sie ihre Claims anderswo am Bonanza abgesteckt hatten, gekränkt den Fluß hinunter nach Forty Mile und Circle City gereist. Daylight nahm bei der Alaska Commercial Company eine Anleihe auf einen seiner Bonanza-Claims auf und steckte ein Akkreditiv in die Tasche. Dann spannte er seine Hunde vor den Schlitten und fuhr mit einer Schnelligkeit, wie nur er sie kannte, über das Eis hinab. Ein Indianer auf der Hinfahrt, einer auf der Rückfahrt und vier Gespanne Hunde waren sein Verbrauch auf dieser Reise. Und in Forty Mile und Circle City kaufte er haufenweise Claims. Wie sich später zeigte, waren viele von ihnen ganz wertlos, aber andere gaben noch verblüffendere Ergebnisse als die am Bonanza. Er kaufte rechts und links und zahlte alle möglichen Preise von fünfzig Dollar bis fünftausend. Dies war der höchste Preis, den er bezahlte, und das betreffende Geschäft wurde im Tivoli abgeschlossen. Es war ein Claim am oberen Eldorado; als er abgeschlossen hatte, erhob sich Jacob Wilkins, einer von den Alten, der gerade von einer Besichtigung der Elchweiden zurückgekehrt war, und verließ den Raum mit den Worten:
»Ich kenne dich nun seit sieben Jahren, Daylight, und ich hab' dich immer für einen vernünftigen Menschen gehalten. Aber jetzt läßt du dich regelrecht ausplündern. Das ist ja der reine Straßenraub. Fünftausend für einen Claim in der verfluchten Elchgegend, das ist Schwindel. Das kann ich nicht mit ansehen, wie du dich beschwindeln läßt.«
»Und ich sage dir, Wilkins,« erwiderte Daylight, »Carmacks Fund ist so groß, daß wir ihn noch gar nicht übersehen können. Es ist die reine Lotterie. Jeder Claim, den ich kaufe, ist ein Los. Und es gibt sicher mächtige Gewinne.«
Jacob Wilkins, der in der offenen Tür stehengeblieben war, schnaufte ungläubig.
»Gesetzt, Wilkins,« fuhr Daylight fort, »gesetzt, ihr wüßtet, daß es Suppe regnen würde. Was würdet ihr tun? Löffel kaufen, selbstverständlich. Schön, ich kaufe Löffel. Es wird Suppe regnen in Klondike, und wer Gabeln hat, kriegt nichts ab.«
Aber jetzt schlug Wilkins die Tür hinter sich zu, und Daylight schloß den Kauf des Claims ab.
Als er wieder nach Dawson zurückgekehrt war, arbeitete er wie nie zuvor in seinem Leben, obwohl er seinem Wort, weder Hacke nach Schaufel je wieder anzurühren, treu blieb. Er hatte tausend Eisen im Feuer, und die hielten ihn in Atem. Er mußte oft nach den verschiedenen Flüssen und Bächen reisen, um zu entscheiden, welche Claims er abstoßen und welche er behalten sollte. Ehe er nach Alaska kam, hatte er in Quarzminen gearbeitet, und er träumte davon, die Mutterader zu finden. Ein Goldwäscherlager, das wußte er, war vergänglich, aber ein Quarzlager behielt seinen Wert. Er schickte Männer in die Berge, die monatelang nach der Mutterader suchten. Aber sie wurde nie gefunden, und viele Jahre später schätzte er, daß ihn das Suchen fünfzigtausend Dollar gekostet hatte.
Aber er spielte hoch. Waren seine Ausgaben groß, so waren seine Einnahmen noch größer. Er nahm alles mit, kaufte halbe Anteile, teilte mit den Männern, die er verproviantierte, und nahm selbst Ortsuntersuchungen vor. Tag und Nacht waren seine Hunde bereit; er besaß die schnellsten Gespanne, so daß er immer unter den ersten war, wenn ein neuer Fund gemacht wurde. Er fuhr in den längsten und kältesten Nächten, bis er seine Pfähle zunächst dem Entdeckerplatze angebracht hatte. Jedenfalls kam er in den Besitz von Claims an allen guten Flüssen, gar nicht zu reden von vielen wertlosen, und so besaß er Gründe am Sulphur, am Dominico und Excelsis, am Siwash, am Cristo, Alhambra und am Doolittle. Die Tausende, die er hinauswarf, kamen in Zehntausenden zurück. Die Leute von Forty Mile erzählten die Geschichte von seinen zwei Tonnen Mehl und berechneten, was sie ihm eingebracht hatten; es mußte zwischen einer halben und einer Million sein. Eines wußte man ganz sicher, daß der Eldorado-Claim, den er für einen halben Sack Mehl gekauft hatte, heute fünfhunderttausend wert war. Andererseits wurde erzählt, daß er der Tänzerin Freda, die in einer Petersboroughjolle von der anderen Seite der Pässe kam und tausend Dollar für zehn Sack Mehl bot, aber niemand finden konnte, der es ihr verkaufen wollte, das Mehl als Geschenk schickte, ohne sie auch nur sehen zu wollen. Ebenso sandte er dem einsamen katholischen Geistlichen, der im Begriff war, das erste Hospital zu errichten, zehn Sack.
Seine Freigebigkeit war zügellos. Manche nannten sie wahnsinnig. Es war ja auch der reine Wahnsinn, einer Tänzerin und einem Pfaffen zwanzig ganze Säcke zu schenken, wenn ein Sack Mehl ihm eine halbe Million einbrachte. Aber das war nun einmal seine Art. Geld bedeutete ihm nicht mehr als Spielmarken. Nur das Spiel hatte Wert für ihn. Der Besitz von Millionen bewirkte keine Veränderung bei ihm, nur betrieb er das Spiel noch leidenschaftlicher. Von seltenen Gelegenheiten abgesehen, war er immer mäßig gewesen, aber jetzt, da er in der Lage war, sich jeden Tag Spirituosen in unbegrenzten Mengen zu verschaffen, trank er noch weniger. Die durchgreifendste Veränderung war, daß er, außer auf Schlittenreisen, nicht mehr selbst kochte. Ein verkrachter Minenarbeiter hauste mit ihm in seiner Blockhütte und kochte für ihn. Aber es war dasselbe Essen: Speck, Bohnen, Mehl, Pflaumen, Dörrobst und Reis. Auch seine Kleidung war immer noch die gleiche: Überziehhosen, lange Strümpfe, Mokassins, Flanellhemd, Pelzmütze und ein wollener Rock. Zigarren, von denen die billigsten einen halben oder einen Dollar das Stück kosteten, rauchte er nicht. Er begnügte sich mit Zigaretten aus Bull-Durham-Tabak und braunem Papier, die er sich selbst drehte. Es ist wahr, daß er mehr Hunde hielt als andere und riesige Preise für sie bezahlte. Aber das war kein Luxus, sondern Geschäft. Seine Fahrten und Reisen erforderten Eile. Und nur, um Zeit zu sparen, nahm er sich einen Koch. Er hatte keine Zeit, selbst zu kochen, das war alles. Es wäre ein schlechtes Geschäft gewesen, Zeit zu verschwenden, wenn man um Millionen spielte.
In diesem Winter des Jahres 1896 wuchs Dawson mit reißender Schnelligkeit.