»Groß war die Freude der Pawnees, als die jungen Männer vor die Häuptlinge traten und diesen die Skalpe ihrer mächtigen Feinde vorzeigten, und laut war ihr Triumph; aber Ettowah, der größte der Häuptlinge, erhob seine Stimme, und alle waren still. – ›Männer der Pawnees!‹ so lauteten seine Worte: ›Ihr habt zwei Skalpe von den Häuptern des mächtigsten roten Volkes genommen, das zwischen der aufsteigenden und der niedergehenden Sonne lebt. Seine Krieger sind zahlreicher als die Büffel, ihre Rosse flüchtiger als der Blitz, ihre Rache tödlicher als der Biß der Schlange. Nicht lange, so werden sie die Berge überschreiten, und die Gebeine der Pawnees werden auf ihren Gründen erbleichen, ihre Wigwams werden in Flammen auflodern, ihre Skalpe von ihren Schädeln gerissen und im Rauche ihrer brennenden Hütten getrocknet werden. Männer der Pawnees! Das Auge Wacondahs sieht finster auf euch herab, eure Söhne sind gegangen, wo ihre Fußstapfen nimmermehr hätten gesehen werden sollen; sie haben das Kriegsgeschrei erhoben, als sie auf unrechtem Wege waren. Sie sind über Berge gedrungen, die der große Wacondah selbst als Grenzscheide zwischen den beiden Völkern gesetzt hat. Männer der Pawnees! Ihr müsset gerade machen, was eure jungen Krieger krumm gebogen; ihr müsset die Rache der großen Cumanchees versöhnen, weil ihr unrecht getan habt. Es ist besser, daß zehn unsrer Männer sterben, als das ganze Volk.‹
»So sprach der große Ettowah. Laut erschallte das Wehklagen unter den Pawnees, als sie die Rede ihres größten Häuptlings vernahmen, aber sie hörten auf seine Worte, keines fiel auf den Boden; denn der große Häuptling sprach wahr.
»Die Häuptlinge und Krieger versammelten sich im Rate, und bald darauf hörte das Wigwam den Todesgesang aus dem Kreise der Krieger und jungen Männer. Es war der Todesgesang von Blackeagle, dem einzigen Sohne Ettowahs, der Stütze seines schwankenden Alters. Der große Ettowah sah den jungen Krieger, seine Ohren fingen den Todesgesang auf, der seinen Lippen entströmte, aber er seufzte nicht, er trauerte nicht – seine Seele war mit Freude erfüllt. Von neun Zungen ertönte noch der Todesgesang, und zehn Krieger der Pawnees verließen ihr Wigwam, ihren eigenen Grabgesang singend. Sie überstiegen die Berge und ritten auf die Wigwams der Cumanchees zu.
»Die Cumanchees sind ein mächtiges, aber sie sind mehr, sie sind ein großmütiges und tapferes Volk, sie sind die Blüte und der Stolz des roten Geschlechtes. – ›Der große Geist verhüte! sprachen sie, daß wir diejenigen töten sollten, die in Frieden zu uns kommen; unsre Brüder haben nichts zu fürchten. Aber zwei Väter unsrer Krieger sind ohne Söhne; zwei von euern jungen Männern sollen ihnen Söhne sein, die übrigen mögen in ihre Wigwams zurückkehren.‹
»Blackeagle war einer der beiden, die gewählt worden waren, Söhne der Cumanchees zu werden. Blackeagle hatte noch nicht ganz zwanzig Sommer vorüberschreiten gesehen; aber er war bereits dreimal auf dem Kriegspfade gegen die Osagen gewesen, und er verstand einen Feind zu töten und ein wildes Pferd zu zähmen. Die Cumanchees liebten ihn, und ihre Töchter warfen sehnende Blicke nach dem großen Jäger; aber in seiner Seele war's leer und öde, seine Gedanken waren bei seinem Vater – seinem Volke – seinen Brüdern.
»Er liebte die Jagd der Büffel und der wilden Rosse.
»Einst als er durch die endlosen Wiesen der Cumanchees dahinflog, traf sein Blick ein Pferd, das, schneller als der Hirsch, weißer denn Schnee und stolzer als der Elk, über die Fluren hinwegsetzte. – Seine Seele verlangte nach dem Stolze des wilden Rosses, aber es schoß wie ein Blitz vor ihm weg. Zwei Sonnen war er seiner Spur gefolgt, gegen Mittag und immer gegen Mittag war er geeilt, als er es endlich auf den Wiesen des großen Häuptlings der Cumanchees fand, der gegen die heiß brennende Sonne zu lebte. Er warf seinen Lasso, und das Roß war sein eigen, als die Türe des großen Wigwams des Häuptlings aufflog und seine Tochter herauskam. – Es gehörte ihr. – Es war von den Wiesen gesprungen und hatte seine Brüder aufgesucht.
»Blackeagle sah Corah ins Auge, und der Lasso entfiel seiner Hand; denn die Tochter des größten der Häuptlinge der Cumanchees war schön, wie die aufgehende Morgensonne. Das weiße Roß sprang auf die Jungfrau zu, und sie hüpfte auf dessen Rücken.
»›Mein Bruder!‹ sprach sie, ›ist müde, und Corah wird ihn in ihres Vaters Haus führen, daß er seine Glieder ausruhen möge; er ist hungrig, und sie will ihn speisen; er ist durstig, und sie will ihn mit dem Safte der Palme tränken; er ist schläfrig, und sie will ein weiches Lager ausbreiten. Komm, mein Bruder!‹ »Blackeagle hörte auf, nach dem Wigwam der Pawnees sich zu sehnen, denn Corah war ihm nahe, als er das wilde Roß fing, und sein Auge sah den weißen Renner, wenn er auf die Jagdgründe flog.
»›Du bist mir teurer‹, lispelte die Tochter des großen Häuptlings, ›als das Licht meiner Augen, dein Atem ist mir süßer, als der kühle Morgenwind, deine Stimme wohltönender meinen Ohren, als der Gesang der Vögel. Bitte El Sol um Corah, er wird dir seine Tochter geben.‹
»Und El Sol sah die Taten Blackeagles auf den Jagdgründen, und seine Seele war mit ihm.
»›Blackeagle!‹ sprach er, ›meine Tochter sieht mit freundlichen Augen auf dich, den Pawnee; aber der Vater kann die Freude seines Herzens nicht seinem jungen Bruder geben, der noch keinen Feind seines Volkes getötet. Meine Krieger werden in kurzem gegen die weißen Männer Mexikos in den Krieg ziehen. Mein junger Bruder muß sich an sie anschließen. Wenn er mit dem Siegeszeichen wiederkehrt, so wird er El Sol als Sohn willkommen sein.‹
»Blackeagle hatte die Rede des großen Häuptlings gehört, und seine Seele war hoch erfreut. Er ging auf den Kriegspfad und brachte zwei der Häuptlinge, Männer der Mexikos, mit sich, und er wurde der Sohn des großen El Sols und lebte in seines Vaters großem Wigwam.
»Sie wurden«, sprach der junge Mann in langsam feierlichem Tone, »Vater und Mutter von El Sol, dem Häuptlinge der Cumanchees und der Pawnees.« –
Die Augen der ganzen Versammlung hingen in sprachloser Rührung an dem jungen Anführer, als er in tiefer Bewegung innehielt.
»Die Blätter der Palmen«, fuhr er fort, »haben sich nicht öfter denn einmal erneuert, als der große Geist den Vater Corahs in die glänzenden, grünen Wiesen abrief. Die Häuptlinge und Krieger der Cumanchees hatten sich versammelt, um die Worte des sterbenden El Sol zu hören, ihres größten und weisesten Häuptlings. ›Männer der Cumanchees,‹ sprach er, ›Blackeagle ist ein großer Krieger und wird ein großer Anführer werden; aber die Stimme unsrer Väter, die wir hören müssen, verbietet, daß er je Häuptling der Cumanchees werde. Aber das Blut Corahs muß wieder ein Cumanchee sein. Ehret im Sohne Corahs den ersten Häuptling unsers Volkes!‹
»Als der alte Häuptling diese Worte gesprochen, verließ seine Seele den Körper und flog zum großen Geiste. So wurde El Sol Häuptling der Cumanchees, als er nur erst wenige Monden zählte.
»Blackeagle kehrte ins Wigwam der Pawnees zurück, und Corah und El Sol folgten ihm. Vier Häuptlinge der Cumanchees begleiteten die Tochter El Sols und ihren Sohn, um den jungen Sprößling zu beschützen und zu bewahren und ihn zurückzuführen unter sein Volk, wenn er der Milch seiner Mutter nicht mehr bedürfen würde.
»Vierzehn Sommer waren verflossen, als weiße Männer kamen, die sagten, daß der große Vater das Land zwischen dem großen Flusse und der Salzsee der untergehenden Sonne gekauft habe, und daß sie kämen, auf den Jagdgründen der Pawnees sich Hütten zu bauen. Anfangs waren ihrer nur wenige, aber bald kamen sie in größerer Anzahl.
»Die Pawnees sahen ihre Fußstapfen mit gerunzelter Stirne; aber Blackeagle sprach zu ihnen