Gesammelte Werke. Robert Musil. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Robert Musil
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788026800347
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Hat die Welt je einen so undankbaren Sohn gesehn usw. Er: (heiter) Du Marktweib! Du .. Ich sage das, der das u das geleistet hat Sie: mit den Nägeln auf ihn los. Er: heiter abwehrend. Geht, kehrt um und erwürgt sie. Angewidert von dieser Menschenvariation. Nach der Tat gerührt von ihrem Zwang. Sieht ein Madelbild von ihr, holt einen Madelbrief von ihr aus dem Schreibtisch hervor.

      IV. Es ist nichts aufgekommen. Sohn u Vater. Der Schlag hat den Vater in der Rekonvaleszenz nicht gestört. Es ist doch eine Befreiung von ihr, ein Aufatmen; er ist viel kälter gegen den Gedanken an sie (im Unterschied von den Freunden) als man erwartet hätte. Aber auch ganz gleichgiltig gegen den Sohn. Alt und herzlos. Auf seine Freuden bedacht.

      Dem Sohn vielleicht irgend ein Menschheitswerk unterlegen, das er dann nicht mehr zuendeführen kann zb. Schaffung einer großen christl. Partei.

      Sie zwingt andre Leute zu ihrem Glück; tut ihnen gut, ob es ihnen gut oder schlecht tut. Analogie mit Glaubensverfolgungen.

      [Ein Kandidat der Philosophie]

[Ohne Titel – nach 1920?]

      Sträßchen – Birken, Lachen, wassergefüllte Radspuren Land mit flach gestrichenen Hügeln. Hie u da ein Vorwerk. Abseits vom Weg da und dort ein Dorf.

      An den Zweigen hängen nur rote u gelbe Blätter. Die Äcker? Aufgebrochen Es ging gegen das Dunkelwerden eines Spätoktobertags. Die Luft reizte die Wangen; die Hitze des warmen Tags war von der (in dieser Jahreszeit) rasch aufsteigenden Abendkälte jäh abgeschreckt worden.

      Die Blätter hatten etwas farbig Nasses.

      Der Mann, der diesen Gutsweg ritt, war ein Kandidat der Phil. Er hatte ein Felleisen u einen Mantelsack auf den Mietsgaul geschnallt, was etwas wunderlich breit aussah; aber er hatte, als er die Post verließ, um den Seitenweg einzuschlagen, keinen Wagen bekommen können und nicht warten wollen, denn er wünschte noch vor Nacht sein Ziel zu erreichen. Dieser Mann war jung u einer jener vielen Kand. d. Phil, die Professoren oder Dichter werden wollen und damals als Hauslehrer begannen, wenn sie kein Geld hatten. Er hatte sich, als er seine Mähre mietete, genau den Weg beschreiben lassen, der ihn zum Gut der Gfn …. führen sollte, wohin er sich durch Vermittlung eines seiner Lehrer für V2 Jahr verdingt hatte, u hatte so gut er es vermochte auf die Beschreibung geachtet, aber nun kam ihm schon eine völlige Weile sein Weg nicht ganz geheuer vor. Die Hügel von – er hatte den Namen vergessen, aber diese Hügel sollten zu seiner rechten Hand liegen, und da war nichts und kam nichts, während zur Linken immerhin eine in beträchtlicher Entfernung die Aussicht sperrende Bodenwelle für Hügel gelten mochte. Auch trat nirgends ein Kirchturm über einem Wald hervor, bei dessen Anblick der Weg sich teilen sollte. Allerdings legte sich nun vorne ein Wald querüber, aber die elende kleine Straße führte stracks hinein u von einer Weggabel war auch nicht die Andeutung da. Der Kandidat vertraute jedoch der Schlechtigkeit seines Gedächtnisses und nachdem er sich auf seinem Chronometer versichert hatte, daß die Zeit einigermaßen stimmte, setzte er nicht ohne Mühe seinen Gaul in Trott und hoffte, daß er nach Durchqueren des Waldes noch vor Einbruch der Dunkelheit des gräfl. Gutes ansichtig würde. Er mußte aber sein Pferd wiederholt von neuem aufrütteln, und des ungefügen Aufklopfens der tolpischen Hufe auf Steine u Wurzeln des Waldwegs wurde so wenig ein Ende wie des Waldes selbst. Den Reiter der dieser Bewegung überdies ungewohnt war überkam im Zwielicht Ermattung u Gleichgültigkeit. Er hinderte zuletzt das Pferd nicht mehr, in Schritt zu fallen, mit dem Licht verließ ihn die Vorstellung, das Tier zu lenken, eher fühlte er sich von dem warmen Körper geführt, auf dem er saß. Die spärlichen Vogelrufe waren verstummt, u der Gaul, den sein Herr beim Aufsitzen schändlich aussehen gefunden hatte, war unter ihm geradezu unsichtbar geworden. Als sie den Wald verließen, änderte sich nichts daran, denn die Nacht war eingefallen und die langsam wiegende Bewegung des schreitenden Vorwärtskommens dauerte fort. Sie hätten längst schon am Ziel sein müssen. Kandidat … beschränkte seine menschliche Intelligenz darauf, acht zu haben, daß sie in der alles ungewiß machenden Schwärze der lichtlosen Nacht zu keiner Seite an etwas vorbeikamen, dessen Schatten für einen Park-oder Gutseingang gelten könne, und als er rechts von sich ein Licht gewahrte, lenkte er ein.

      Er fand einen Einlaß in einer Hecke, die Hufe traten Gartenerde, ein Gebilde, das für das Schloß gelten konnte, trat aus der Dunkelheit, u. aus Gesindefenstern fiel Licht. Hunde schlugen an und eilten so unfreundlich herbei, daß es der Philosoph vorzog, nicht vom Pferde zu steigen u dieses vor die erleuchteten Fenster zu lenken, wo er sich bei den Bewohnern durch halblauten Anruf u Gebell der Hunde artig bemerkbar zu machen hoffte. Er konnte nicht wahrnehmen, daß man von ihm Kenntnis nahm, aber trotzdem erschien nach einer Weile anderswoher ein Mann mit einer Laterne u fragte nach seinem Verlangen …. stellte die Frage, ob er sich auf dem Gute des Gfn .. befinde, u der Knecht antwortete ihm, das sei das Gut … Der Alte machte einen mundfaulen Eindruck, u … der vom Pferd kommen wollte, begnügte sich mit der Antwort. Er sei der Hauslehrer, den der Herr Graf angeworben habe, erklärte er.

      Hier werde kein Hauslehrer erwartet, erwiderte der Alte.

      Doch! Er möge nur hineingehen und fragen. Der Herr Graf sei doch anwesend? schlafe doch noch nicht?

      Ja, der Herr Baron sei noch wach, aber kein Hauslehrer werde erwartet.

      Dann geh er doch, zum Teufel, u frage endlich!

      Der Knecht stellte die Laterne auf die Erde u ging mürrisch ins Haus. Das Pferd hatte die Vorderbeine breitgestellt, ließ den Kopf hängen u schien während der Verhandlungen eingeschlafen zu sein. Mähne u Ohren hingen ins Licht. Die Hunde hatten sich zurückgezogen, stacken aber sicherlich nicht weit weg im Dunkel …. bemerkte jetzt, daß im Stockwerk ein paar Fenster schwach beleuchtet waren. Es war ihm wohl aufgefallen, daß der Knecht seinen Herrn nicht Gf. sondern Baron genannt hatte, aber als er ihn gleich darauf, erbost über sein Widerstreben angeherrscht hatte, war ihm das gleich wieder entfallen und ging bloß mit allerhand anderen undeutlichen Eindrücken zu einem Gefühl zusammen, daß etwas nicht stimme.

      Er war beinahe selbst überrascht, als der Knecht verändert zurückkam u den Herrn abzusteigen bat. Er erfuhr, daß der Herr Baron heute nicht mehr in der Lage sei ihn persönlich zu empfangen, aber der Knecht hatte Auftrag das Pferd zu versorgen u von ihm herbeigerufen erschien auch eine ältere Frauensperson, die mit einem flackernden Licht im Tor stehn blieb. Trotzdem schien seine Ankunft nicht erwartet worden zu sein; man führte ihn in ein Zimmer, das bis auf Ofen, Wandspiegel u einen Stuhl noch völlig kahl war; Tisch, Bett, Weißzeug Licht u notdürftiges Waschgerät schleppten die beiden Hausbewohner nicht ohne allerhand Schwierigkeiten erst der Reihe nach herbei u trugen auch ohne Form einen einfachen Abendimbiß auf, der eher dem Gesindetisch entsprach als der Herrentafel. Aber es war darüber spät geworden, und … zu müde um Fragen zu stellen, nahm bloß ein paar Bissen Fleisch u Brot zu sich u legte sich, kaum die beiden andern gegangen waren, halb entkleidet in das halbfertige Bett, aus seinem Gepäck bloß eine Pistole hervorholend, was irgendwie eine durch seine Schlaftrunkenheit ohne jede Überlegung hervorgeholte Antwort auf die Eindrücke war, die ihm seine neue Umgebung machte.

      Er durchschlief die Nacht u wurde nur gegen Morgen kurz bevor er erwachte, durch einige sonderbare Geräusche beunruhigt, die vor seiner Türe andauerten u aus einem Kratzen, Scharren u sonderbar jaulenden Stimmlaute[n] bestanden, deren Herkunft er sich nicht erklären konnte.

      Die Unfreundlichkeit der Bedienung bleibt sich gleich (Er ruft den Knecht herauf zum Kleider reinigen), aber Schokolade in silberner Tasse wird ihm nun zum Frühstück serviert, was sehr gegen das Service am vorangegangenen Abend abstach.

      II. Ich ›bitte‹ Sie, zu bleiben.

      Beschreibung des Barons. Flüchtig der Bnin.

      Des Hauses von damals

      Des Cand. (Eine Zeit der Übertreibung. Ein edler Mann! Oh, edler Mann! Briefe zeigen usw. Das gleiche wie Fichte usw. Sie müssen eins so wenig ganz geglaubt haben wie das andere)

      Der Unterricht kann noch nicht beginnen; Eberhard ist noch nicht da; machen Sie sich einstweilen mit Jürgen vertraut, er ist ein guter Junge.

      III. Es muß viel geregnet haben. Herbstfäule. Unterhaltung mit Jürgen. Sonderbar; aber da der Begriff Idiot nicht klar ist (Wunschahnung kommender Naturwissenschaft!) wird der Fall nicht klar. Jürgen liebt Musik u da der Cand. schwärmt, kann er sich