Karin Bucha Staffel 1 – Liebesroman. Karin Bucha. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karin Bucha
Издательство: Bookwire
Серия: Karin Bucha Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783959796712
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das Ende ihres Liebestraumes? Kam nun die Trennung von Detlef, den sie liebte mit der ganzen Glut ihres leidenschaftlichen Herzens?

      Sie sah ihn an und fühlte, daß sie ihm nichts bedeutete.

      Da wandte sie sich zum Gehen. Er hielt sie nicht zurück.

      *

      Die ganze Nacht hatte Nikolaus Eckhardt wachend zugebracht. Von Zeit zu Zeit war er auf leisen Sohlen hinüber zum Lager des Kindes gegangen, das friedlich, ein seliges Lächeln um den Mund, unter seinem Schutz schlief.

      Noch einmal hatte Leonore geweint und gejammert nach der Mami, die nicht kommen wollte, und dann war sie erschöpft in Nikolaus’ Armen eingeschlummert.

      Nikolaus kehrte wieder an den Schreibtisch zurück, gebeugt vor Kummer und von der Sorge um das kleine Wesen, dem außer dem seinen wohl kein warmes Herz im Hause entgegenschlug.

      Der neue Tag zog herauf, hüllte das Zimmer in einen grauen, fahlen Schleier. Fröstelnd schauerte Nikolaus zusammen.

      Der neue Tag forderte neue Entschlüsse von ihm.

      Und nun gelang es ihm, sich zu sammeln und sich einen Plan zurechtzulegen.

      Noch bevor Leonore aus ihrem Kinderschlaf erwachte, fuhr er zum Tor hinaus, der Wohnung des Notars zu, von dem er bereits erwartet wurde.

      Der Rechtsanwalt und väterliche Freund des Hauses sah ebenfalls blaß und übernächtigt aus. Nikolaus wußte, daß auch er kein Auge zugetan hatte.

      »Was macht das Kind?« forschte er.

      »Es schläft«, antwortete Nikolaus. Der Notar warf einen besorgten Blick auf das bleiche Gesicht seines jungen Freundes.

      »Das Kind wird es schwer haben… sehr schwer«, meinte Nikolaus nach einer Weile.

      Gedankenvoll nickte der Notar.

      »Deshalb ist es sehr von Wichtigkeit zu wissen, wo sich die Mutter

      des Kindes aufhält«, erklärte er mit einem tiefen Seufzer. »Ich habe bereits alle nötigen Schritte unternommen.«

      »Gestern noch?« wunderte sich Nikolaus und entsann sich, daß er mit ähnlichen Gedanken gespielt hatte, daß aber alles in der Sorge um die kleine Leonore untergegangen war.

      »Ich hatte auch Erfolg«, sprach Rechtsanwalt Hartmut nach einer Pause weiter.

      »Erfolg?« Ein überraschter Laut stahl sich über Nikolaus’ Lippen. »Haben Sie die Frau meines Bruders gefunden?«

      »Wir können gleich zu ihr fahren; Sie haben doch den Wagen unten?« fragte der Rechtsanwalt.

      »Wie soll ich das verstehen?« warf Nikolaus atemlos ein.

      »Petra befindet sich im Kreiskrankenhaus in Friedrichstadt. Sie liegt dort ohne Besinnung. Ich habe sie durch die Polizei suchen lassen. Heute kann sich niemand mehr lange unerkannt irgendwo aufhalten«, schloß er, tief aufatmend, als sei ihm ein Druck von der Seele gewichen.

      »Was glauben Sie denn von der Frau meines Bruders?«

      »Nichts!« kam es schroff zurück, als wehre sich der Notar gegen jeden Verdacht.

      Ein warmes Lächeln glitt über Nikolaus’ Lippen. Unerträglich war es ihm, auch nur ein schlechtes Wort über diese Frau zu hören.

      »Aber nun kommen Sie!« drängte der Notar.

      Beide gingen hinunter und bestiegen den Wagen.

      Das Gespräch war eingeschlafen. Nach einer Weile wandte Nikolaus den Kopf.

      »In einer Stunde sind wir am Ziel, Doktor. Dann wird manche Frage beantwortet sein, die uns jetzt arges Kopfzerbrechen verursacht.«

      *

      Mit der ihr eigenen Lebhaftigkeit stieg Beate Eckhardt die Stufen der Freitreppe zur Villa des Bruders hinauf.

      Sie öffnete die schwere Eichentür – und horchte verwundert auf.

      Aus der Vorhalle, in der immer ein dämmriges Licht herrschte, an das sich das Auge erst allmählich gewöhnen mußte, drang bitterliches Kinderweinen zu ihr.

      »Nanu?« murmelte sie. »Ist jemand hier?« Beate Eckhardt vermutete im ersten Augenblick ein Kind des Gärtners, das sich vielleicht hierher verlaufen hatte.

      Aber dann bot sich ihren Blicken ein rührendes Bild: Auf der untersten der fünf Stufen, die in die eigentliche Halle führten, saß ein zierliches kleines Mädchen. Es hatte die Ärmchen um den Hals eines riesigen Hundes geschlungen und klagte ihm nun, von wildem Schluchzen unterbrochen, sein Kinderleid:

      »Siehst du, Tyras, Mami hat mich verlassen und auch Papi. Sie haben ihr Lorchen vergessen. Nun muß ich immerzu weinen… immer weinen… Fürchtest du dich auch vor der bösen Frau hier?«

      Der Hund hob den Kopf empor, schaute aus feuchtglänzenden Augen zu dem Kind auf und stieß zwischen den wirren Reden des kleinen Geschöpfes ein langgezogenes Winseln aus.

      Die kleine Leonore wurde durch das Hinzutreten der dunkelgekleideten Frauengestalt jäh aufgeschreckt und wich ängstlich bis an die Wand zurück. Dabei umkrampfte sie fest das Halsband des Hundes.

      »Wer bist du? Und warum weinst du?« erkundigte sich Beate Eckhardt teilnehmend, den Blick fest auf die erschrockenen Blauaugen des Kindes gerichtet.

      Leonore schwieg und sah lange und eindringlich zu der hohen Frauengestalt empor. So viele Menschen waren in der letzten Zeit in ihr Leben getreten, aber zu keinem konnte sie rechtes Vertrauen fassen, von Nikolaus abgesehen. Ihr kleines Herz rief unablässig nach der Mami, nach dem Papi.

      »Kommst du… kommst du von meiner Mami?« fragte sie stockend.

      »Wohnst du hier im Haus?« fragte Beate Eckhardt zurück, da sie sich nicht erklären konnte, wer das Kind war.

      Traurig schüttelte Leonore den Kopf.

      »Nein! Meine Mami holt mich wieder ab. Ich muß dann eben noch warten.«

      Und mit der ganzen Gläubigkeit, die nur Kinder aufbringen können, nahm sie ihren Platz auf der Stufe wieder ein.

      Beate Eckhardt stand wie angewurzelt da und schaute gebannt auf das süße Kindergesicht. Sie fühlte sich seltsam hingezogen zu dem jungen Geschöpf.

      »Willst du mit mir gehen? Du kannst doch nicht hier sitzen bleiben; du wirst dich sonst erkälten«, sagte sie warm und herzlich.

      Das Kind hob die Augen und lauschte der wohllautenden Stimme, dann aber schüttelte es, heftig abwehrend, den Kopf.

      »Ich mag nicht, ich warte hier, ich will nur zur Mami.«

      Hinter Beate Eckhardts Stirn kreisten unaufhaltsam wirre Gedanken. Kopfschüttelnd setzte sie ihren Weg fort, der sie geradewegs in das Zimmer der Schwägerin führte.

      Hier fiel ihr wieder mit aller Macht der Zweck ihres Kommens ein. Ihre Schultern zuckten wie im Krampf.

      »Ist es wahr, daß – Jost tot ist?«

      Leontine Eckhardt ließ die Handarbeit in den Schoß sinken und sah gelassen der Schwägerin entgegen. Jost war Beates Lieblingsneffe gewesen. So fühlte Leontine beinahe etwas wie Triumph, daß sie der Schwägerin jetzt Schmerz zufügen mußte.

      »Ja, Jost ist tot, der Erbe der Eckhardtschen Werke lebt nicht mehr.«

      Beate machte eine heftige Handbewegung.

      »Mein Gott!« Die Kraft in ihren Knien ließ nach. Leise stöhnend sank sie auf einen Stuhl neben der Tür und ließ den Tränen freien Lauf. »Dieses Unglück… dieses große Unglück!«

      Mitleidlos nahm Leontine dieses stille Weinen auf. Verärgert drehte sie den Kopf dem Fenster zu.

      »Da hilft alles Weinen nichts!« kam es herzlos über ihre Lippen.

      »Davon wird Jost auch nicht wieder lebendig. Das ist unabänderliches Schicksal, das ich zu allem sonstigen Kummer auch