Karin Bucha Staffel 1 – Liebesroman. Karin Bucha. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karin Bucha
Издательство: Bookwire
Серия: Karin Bucha Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783959796712
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Stunde später wird der Operierte auf die fahrbare Trage gebettet. Dr. Romberg, begleitet von der Ärztin, überwacht noch, wie der Mann in ein Einzelzimmer gelegt wird. Kurz kontrolliert er noch einmal die Verbände, nickt Sybilla Sanders zu und verläßt an ihrer Seite den ruhig gelegenen Raum.

      Später stehen sie nebeneinander im Waschraum. Schwester Sieglinde hilft erst dem Oberarzt, dann der Ärztin aus der sterilisierten Kleidung.

      »Gott sei Dank«, sagt Romberg und begleitet seine Worte mit einem tiefen Atemzug. Er läßt das Wasser über seine Hände rieseln, immer wieder, und möchte am liebsten sein Gesicht kühlen, das von der Anstrengung schweißüberströmt ist.

      Sybilla Sanders wirft dem Oberarzt einen kurzen Seitenblick zu, ehe sie sich wie eingehend der Säuberung ihrer Hände widmet. Wie nebenbei bemerkt sie: »Wissen Sie, daß der Verunglückte der Schwager Doktor Freytags ist?«

      Blitzartig sieht Romberg den jungen Arzt in seinem jammervollen Zustand wieder vor sich. Mit einem jähen Ruck wendet er sich der Ärztin zu. »Wie meinen –?«

      »Der Verletzte ist der Großindustrielle Hubert Stücker und mit Freytags einziger Schwester Christiana verheiratet«, erklärt sie mit ihrer tiefen Stimme, die an den Klang einer kostbaren Glocke erinnert.

      »Sie kennen – ihn?« Romberg ringt sich mühsam die Frage ab. Ihm ist es wie ein Stich ins Herz gefahren.

      »Ich habe ihn ein paarmal auf Parties erlebt«, erklärt sie weiter, und ihre dunklen Wimpern flattern erregt dabei. Also stimmt es, was man im Hause munkelt. Der Oberarzt trauert einer unglücklichen Liebe nach, die Christiana Stücker heißt. Warum hat sie sich zu ihren Äußerungen verleiten lassen?

      »Was ist er für ein Mensch?« Romberg glaubt, sich wieder in der Gewalt zu haben. Die Ärztin weiß, daß dem nicht so ist, weil sie ihn besser als sich selbst kennt, weil sie ihn liebt, tief – aber hoffnungslos.

      »Er scheint mir ein großzügiger, genußsüchtiger Mensch zu sein, der immer in Frauengeschichten verwickelt ist –« Sie stockt. »So erzählt man sich wenigstens.«

      Er nimmt das Handtuch von Schwester Sieglinde entgegen. »Sie können gehen, Schwester«, sagt er und als die Tür hinter der weißen Gestalt ins Schloß gezogen wird, fragt er weiter:

      »Und wie ist Ihr Urteil – Doktor Sanders?«

      Sie zuckt mit den Schultern. »Nach meinen Beobachtungen stimmt das, was man sich über Hubert Stücker erzählt.«

      Romberg tupft mit seinem Taschentuch über das schweißnasse Gesicht.

      Er sieht Sybilla Sanders fest an. Ruhig und gelassen ruht ihr Blick auf ihm, ihre klaren bernsteinfarbenen Augen, umrandet von langen seidigen-Wimpern. Eigenartig! Noch nie hat er diese grünlichen Lichter, die mitunter auch goldbraunen Tupfen ähnlich sehen, bemerkt.

      Wie sich dieses Auge verändert! Das muß wohl mit ihrer Gemütsverfassung zusammenhängen – sinnt er –, vor allem, wenn sie erregt ist. Warum ist sie jetzt erregt? Sie, die nie aus der Fassung zu bringen ist, deren gleichmäßige Ruhe ihn manchmal sogar zur Verzweiflung bringt.

      Aber zuverlässig ist sie und sehr sehr tüchtig! Dabei ist sie doch noch jung, obwohl sie schon ein paar Jahre nebeneinander arbeiten.

      Er stutzt! Ist sie wirklich noch so jung, wie er annimmt?

      Blödsinn! Auf was für Gedanken er kommt! Brüsk wendet er sich ab. »Machen Sie Schluß, Doktor Sanders.« Jetzt ist seine Stimme nicht mehr so heiser. Jetzt gehorcht sie ihm wieder. »Ich lasse Doktor Müller wecken. Sie haben mehr als Ihre Pflicht getan.«.

      Gelassen hängt sie das Handtuch über die Messingstange. »Wenn es Ihnen recht ist, braue ich Ihnen einen starken Kaffee.« Sie bemerkt, daß er abwehren will. »Ich habe auch einen Kaffee nötig.« – Jetzt lächelt sie schwach. »Sie brauchen nicht um meine Nachtruhe besorgt zu sein. Schlafen könnte ich jetzt sowieso nicht. Nun?«

      Forschend betrachtet sie ihn, und er nickt.

      »Ich nehme dankend an.«

      Gemeinsam verlassen sie den Waschraum. Die Erregung schwingt zwischen ihnen weiter, obgleich sich einer vor dem anderen zu verbergen sucht.

      *

      Aber noch kommt Dr. Romberg nicht zum Kaffeetrinken. Auf dem Gang zum Ärztezimmer läuft Schwester Monika hinter ihnen her.

      »Herr Doktor! Herr Doktor!«

      Sie verhalten den Schritt. Keuchend taucht Schwester Monika neben ihnen auf. »Frau Stücker wünscht Sie zu sprechen. Es ist die Frau des Verunglückten.

      Unter halbgeschlossenen Augen bemerkt Sybilla, wie er sich verfärbt.

      »Am Telefon?«

      »Nein, im Wartezimmer Professor Beckers.«

      Resignierend hebt Romberg die Achseln. »Ich komme nach, Doktor Sanders«, sagt er mit einem verunglückten Lächeln, und Sybilla setzt ihren Weg allein fort. Er geht zurück. Langsam, sehr langsam setzt er die Füße, fast mechanisch. Die Gedanken überstürzen sich hinter seiner Stirn.

      Christiana ist da! Christiana verlangt ihn zu sprechen! Die Frau, die er einmal so heiß geliebt hat und die den anderen nahm, den um so viel älteren Mann mit dem goldenen Hintergrund, und die dabei den damals recht armen Assistenzarzt vergaß.

      Liebte? Redet er sich da etwas ein, was gar nicht stimmt? Liebt er sie nicht immer noch?

      Er steht vor dem Wartezimmer Professor Beckers. Sein Herz spürt er bis zum Hals herauf klopfen. Mit beiden Händen streicht er sich über das dunkelglänzende Haar.

      Als er eintritt und die Tür schnell hinter sich ins Schloß zieht, liegt ein wachsamer Ausdruck über seinen eben noch müden, abgespannten Zügen.

      Aus einem der Sessel erhebt sich Christiana Stücker. Eine faszinierende Frau, schmal, hochgewachsen, im schwarzglänzenden, eleganten Seidenkostüm, das ihre rotblonde Schönheit vortrefflich zur Geltung bringt. Rätselhaft sind die grauen Augensterne, die hell und kühl, dann wieder dunkel und leidenschaftlich blitzen können.

      »Wolf!« Langsam kommt sie auf ihn zu. Ihr Herz macht ein paar rasche Schläge, und sekundenlang legen sich die schweren Lider über die verräterischen Augen. Sie denkt an den Mann, der irgendwo in diesem unheimlichen Haus in irgendeinem Zimmer liegt. An diesen haltlosen, brutalen Mann, dessen Äußeres ihr schon Abscheu einflößt, und sie kann nicht begreifen, daß sie Wolf, den Mann mit dem schmalen rassigen Gesicht, den Mann der Zuverlässigkeit und Ehrenhaftigkeit, verlassen konnte – nur des Geldes wegen.

      »Wolf!« Schluchzen folgt, und noch ehe Romberg ein Wort gesprochen hat, geleitet er die jetzt bitterlich weinende Frau zurück zu dem Sessel.

      Sie muß ihn doch sehr lieben denkt er dabei. Es schmerzt ihn, und zugleich verliert sich etwas von der Bitterkeit in ihm zugunsten dieser schönen Frau, die Christiana Stücker heißt.

      Damit gewinnt sie in seinen Augen auch etwas von der Achtung zurück, die sie verloren hatte.

      »Die Operation ist gut verlaufen, Christiana«, hört sie seine sonore Stimme, und sie hebt das verweinte Gesicht aus ihren Händen. Aus weitgeöffneten Augen starrt sie zu ihm auf. »Wir haben noch eine Bluttransfusion vorgenommen. Willst du zu ihm?«

      Sie schüttelt heftig abwehrend den Kopf. »Um Gottes willen! Nein!« Sie schreit ihm das beinahe entgegen.

      »Er liegt in tiefer Bewußtlosigkeit«, spricht er verwundert weiter. »Er würde von deiner Anwesenheit auch nichts wahrnehmen. Wenn keine Komplikationen eintreten, hoffe ich, ihn durchzubringen.«

      Ihr Gesicht verändert sich blitzschnell. Die Augen glühen vor Leidenschaft und Haß. »Warum ist er nicht tot! Hättest du ihn doch sterben lassen! Er ist ein Ungeheuer! Ich hasse ihn – ich hasse ihn.«

      Sie bricht abermals in verzweifeltes Schluchzen aus. Merkwürdig! Rombergs Herz bleibt plötzlich kalt, eiskalt! Auch als sie mit der Geschmeidigkeit einer Katze aus ihrem Sessel gleitet und seine Schultern packt, rührt