Karin Bucha Staffel 1 – Liebesroman. Karin Bucha. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Karin Bucha
Издательство: Bookwire
Серия: Karin Bucha Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783959796712
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stammelt sie, und er lacht belustigt auf.

      »Ich bin doch kein Wolf, der kleine Mädchen frißt«, neckt er sie und bemerkt mit Genugtuung, wie sie ihn anstrahlt, wie langsam jeder Widerstand in ihr zusammenbricht.

      »Und jetzt wollen wir essen.« Er dirigiert sie nach Beendigung des Tanzes an den Tisch zurück. Er selbst bedient sie mit aller Aufmerksamkeit, nachdem er den Kellner weggeschickt hat. Die besten Bissen von den kleinen raffinierten Sachen, die er bestellt hat, legt er ihr vor. Noch nie ist sie so verwöhnt worden. Sie fühlt sich ­eingehüllt in seine Fürsorge wie in einen schützenden Mantel.

      »Gehen Sie denn überhaupt nicht aus?« fragt er und läßt dabei den Sekt in die schmalen Gläser fließen.

      »Nein! Ich habe ja keine Zeit«, antwortet sie.

      Er hebt entsetzt die Hände. »Brr! Immer nur arbeiten, nein.« Er schüttelt sich. »Man muß auch Entspannung haben.«

      »Dann mache ich Spaziergänge.«

      »Ist nicht mein Fall. Ich fahre lieber mit dem Wagen irgendwohin und laufe dann ein wenig.«

      »Ja – erst einen Wagen haben.«

      »Dann fahren Sie eben mit mir.«

      Ungläubig sieht sie ihn an. »Morgen werden Sie vergessen haben, daß es eine Oberschwester Magda gibt, die Sie einmal ausgeführt haben. Ich weiß noch nicht einmal, warum. Aus einer Laune heraus? Oder – aus Mitleid?«

      »Sie sind ein ungläubiger Thomas«, sagt er gemacht streng. »Sie glauben mir wirklich nicht, daß Sie mir gefallen und daß es mir Freude macht, mit Ihnen zu tanzen?«

      »Wirklich?«

      »Ja – ganz bestimmt.« Er sagt das mit solcher Überzeugung, daß auch ihr letzter Zweifel erlischt, zumal sich noch seine Hand über den Tisch zu ihr hintastet.

      Jetzt erst gibt sie sich mit innerer Bereitschaft ungetrübt dem Neuen hin. Sie lacht über seine drolligen Erzählungen, und er weiß interessant zu plaudern. Sie trinkt, sooft er sein Glas gegen das ihre erhebt. Sie sieht alles wie durch einen rosaroten Schleier. Sie ist glücklich, wie sie es noch nie in ihrem Leben war.

      Auch zur Tanzfläche folgt sie ihm mit Vergnügen. »Wissen Sie auch, daß ich eine sehr begabte Spitzentänzerin bin?« scherzt sie.

      Er sieht sie betroffen an. »Spitzentänzerin – und Oberschwester. Wie reimt sich das zusam-

      men?«

      Sie lacht hellauf. »Ich tanze mit Vorliebe auf den Spitzen der Schuhe meiner Tänzer, haben Sie das noch nicht gemerkt?«

      »Ach, so meinen Sie das.« Er stimmt in ihr Lachen ein. »Davon habe ich nichts gemerkt. Im Gegenteil – Sie tanzen wie eine Elfe.«

      »Vielen Dank für das Kompliment«, gibt sie fröhlich zurück.

      Nachdenklich malt sie mit dem Zeigefinger imaginäre Figuren auf das Tischtuch. »Es muß Ihnen doch viel an mir liegen, Herr Doktor, daß Sie so kurz nach dem Tode ihres Schwagers mit mir hierher gegangen sind.«

      In seine Augen tritt ein unruhiges Flimmern. »Ich habe mich mit meiner Schwester überworfen.« Und als er ihr erschrockenes Gesicht gewahrt, winkt er ab. »Das – gibt sich wieder. Meine Schwester hat mich seit meinem fünften Jahr immer nur kritisiert. Aber sonst ist sie ein lieber Kerl, und wir kommen gut miteinander aus.«

      »Und wie standen Sie zu Ihrem Schwager?«

      Unter den halbgeschlossenen Lidern wirft er ihr einen schnellen Blick zu. Sie ahnt nicht, wie sehr sie ihm entgegenkommt, indem sie dieses Thema anschneidet.

      »Gut! Ich verdanke ihm sehr viel. Er war immer großzügig zu mir und hatte viel Verständnis für mich. Sein Tod tut mir sehr leid.« Er sieht an ihr vorbei und dreht nervös die Getränkekarte in der Hand.

      »Und warum sind Sie heute mit mir hierher gegangen, wo Sie doch in Trauer sind?« bohrt sie hartnäckig weiter.

      Er wird unruhig. Schweißperlen stehen auf seiner Stirn. Seine Bewegungen werden fahrig. »Ich sagte Ihnen doch schon, sein Tod ist mir verdammt nahegegangen. Ich wollte mich ablenken und habe deshalb Ihre Gesellschaft und Ablenkung gesucht.«

      »Waren Sie dabei, als er starb?«

      Er zuckt kaum merklich zusammen. »Nein!« sagt er kurz und hart.

      Ihre Augen weiten sich vor Verblüffung. »Aber Sie haben es doch behauptet, damals – als Sie in den Waschraum kamen.«

      Er holt sein Taschentuch aus der Brusttasche und tupft sich über die Stirn. »Das war natürlich Unsinn. Ich war betrunken. Es gibt so viele Gründe, die ich Ihnen nennen könnte. Aber ich war nicht dabei.«

      Sie atmet tief auf, und als er sich unvermittelt erhebt und etwas schwankend, eine Entschuldigung murmelnd, den Tisch verläßt, da glaubt sie ihm, daß er unter des Schwagers Tod leidet.

      Er kehrt nach einer Weile völlig verwandelt zurück. So offensichtlich ist er verändert, daß sie ihn aufmerksam forschend betrachtet.

      »Prost, Magda«, sagt er heiter, als hätte er das Gespräch von vorhin vergessen. »Wir wollen die Tapeten wechseln. Hier gefällt es mir nicht mehr.«

      Verwirrt folgt sie ihm, läßt sich in ihren neuen, sehr eleganten Mantel helfen und fühlt mit Beglückung, wie er sie dabei fest an sich preßt. Draußen am Wagen, auf dem schwach erleuchteten Parkplatz, dreht er sie zu sich herum und drückt seinen Mund auf ihre Lippen. Zuerst ist sie überrascht und will sich wehren, dann geben ihre Lippen nach, und seine Küsse werden immer länger und leidenschaftlicher.

      »Magda!« flüstert er.

      Sie wirft die Arme um seinen Hals und raunt glückstrunken zurück: »Martin!«

      Als der Wagen endlich durch die nächtlichen Straßen rollt, hält er das Steuer mit der linken Hand, die rechte hat er um Magda gelegt, deren Kopf an seiner Schulter ruht.

      *

      Doktor Müller, mittelgroß, dunkelhaarig, mit an den Schläfen silbern schimmernden Haaren und warmen braunen Augen, stutzt, als er auf dem breiten Flur Oberschwester Magda begegnet. Dicht vor ihr verhält er den Schritt.

      »Nanu«, macht er betroffen. »Wie haben Sie sich verändert, Oberschwester. Ist ihnen das Glück persönlich begegnet?«

      Sie schämt sich, daß sie so unerhört glücklich ist und daß man es ihr auch noch ansieht. Vor allem Doktor Müller, der sich immer gern mit ihr unterhalten hat und dessen kleine Bemerkungen sie immer für Spott hielt.

      Sie ärgert sich plötzlich und zuckt mit den Schultern. »Kann mir nicht denken, daß ich anders als sonst aussehe«, erwidert sie unwillig und will in ihr Zimmer verschwinden.

      »Augenblick, ich komme mit.«

      In dem schmalen, einfenstrigen Raum nimmt Oberschwester Magda an ihrem Schreibtisch Platz, während sich Doktor Müller auf den Stuhl setzt.

      »Wissen Sie schon, was man vom Oberarzt erzählt?«

      »Von Doktor Romberg?« fragt sie interessiert zurück, und er nickt und spricht weiter:

      »Doktor Romberg soll die Schuld am Tode dieses Großindustriellen Stücker tragen.«

      Vor Schreck läßt die Oberschwester den Füller aus der Hand fallen. »Das ist doch nicht möglich«, entfährt es ihr entsetzt. »Wer bringt denn dieses Gerücht auf? Du lieber Himmel, Sie waren doch selbst dabei, als der Oberarzt die zweite Operation ausführte.«

      Doktor Müller nagt an der Unterlippe. »Das ist es doch eben. Ich kann mir nicht erklären, wie ein solches Gerücht entstehen kann.«

      Unsicher blickt sie auf den Arzt. »Und – und weiß es Romberg schon?«

      Doktor Müller erhebt sich und geht erregt hin und her. »Nein, wie das in solchen Fällen üblich ist. Die Hauptperson erfährt zuletzt davon. Mir tut der arme Kerl leid. Er ist die Zuverlässigkeit in Person und