Familie Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Серия: Familie Dr. Norden
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740958589
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zufällig direkt vor der Praxis gelandet war.

      Wendy hatte eine Tüte Müll entsorgt und stand am Tonnenhäuschen, das über und über mit Efeu bewachsen war. »Wie geht’s dir denn?« Zur Begrüßung umarmten sich die beiden. Wendy strich der Tochter ihres Chefs eine Strähne aus dem Gesicht. »Und jetzt sag bloß nicht ›gut‹. Ich seh dir an, dass was nicht stimmt.«

      Anneka schnitt eine Grimasse.

      »Du kennst mich ziemlich gut.«

      »Und schon mindestens dein halbes Leben lang«, erwiderte Wendy und kehrte zurück in die Praxis. »Lass mich raten: Geht es um einen Mann?«

      Anneka folgte ihr.

      »Genau gesagt um einen Verehrer, den ich loswerden muss.« Die Arzttochter ließ sich auf Janines Stuhl fallen und sah Wendy forschend an. »Du schaust aber auch nicht gerade fröhlich drein.«

      Die langjährige Assistentin nickte.

      »Klingt so, als hätten wir beide das gleiche Problem.« Zum Glück musste auch Sebastian Klotz arbeiten, sodass sie an diesem Tag bisher von ihm verschont geblieben war. Doch schon jetzt ahnte sie, dass das Glück nicht von Dauer sein würde. Allein der Gedanke an ein Wiedersehen jagte ihr einen Schauer über den Rücken, und sie beschloss, das Thema zu wechseln. »Zum Glück gehe ich demnächst auf Kur. Dann löst sich das Problem hoffentlich von selbst. Aber apropos Männer: Wenn du deinen Vater besuchen willst, muss ich dich leider enttäuschen. Der ist in der Klinik.«

      »Und Danny?«, fragte Anneka.

      »Seine letzte Patientin für heute ist gerade gegangen. Wenn du willst, ruf ich schnell durch. Dann kannst du sicher gleich zu ihm gehen.

      Wendy irrte sich nicht, und zwei Minuten später begrüßte Danny seine Schwester mit einer Umarmung.

      »Hattest du schon wieder Sehnsucht nach mir?«, scherzte er gut gelaunt. »Ach, ich liebe es, wenn mir hübsche Mädchen nachlaufen.«

      Anneka ließ sich auf den Chefsessel hinter seinem Schreibtisch fallen und rollte mit den Augen.

      »Hast recht. Allzu oft passiert dir das ja bestimmt nicht«, platzte sie heraus und lachte über sein Gesicht. »Sorry, das war leider eine Steilvorlage.«

      »Schon gut.« Ganz großer Bruder beschloss Danny, großzügig zu sein.

      Er nahm auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch Platz, schlug die Beine übereinander und sah Anneka fragend an. »Noch ein Ratschlag gefällig?«

      Sie saß ihm gegenüber und starrte auf Tatjanas Bild auf dem Tisch.

      »Ich weiß einfach nicht, was das mit Titus werden soll«, gestand sie schließlich.

      »Dachte ich es mir doch.« Danny beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf die Oberschenkel. »Bist du dir denn wirklich sicher, dass er sich in dich verliebt hat?«

      Mit dieser Frage hatte Anneka nicht gerechnet.

      »Er behauptet es zumindest.«

      »Hast du schon mal drüber nachgedacht, dass sich Titus in einer Ausnahmesituation befindet? Er steht unter Schock. Denk doch nur mal nach! Zuerst der Erstickungsanfall, der mit einem Luftröhrenschnitt in der Klinik endet. Dann der Krach mit Josephine und schließlich die Diagnose Krebs. Den Menschen möchte ich sehen, der danach noch klar denken kann.« Während Danny sprach, ließ er seine Schwester nicht aus den Augen.

      Annekas Miene sprach Bände.

      »So hab ich das noch gar nicht gesehen«, gestand sie kleinlaut. Sie wusste nicht, ob sie traurig oder erleichtert sein sollte.

      »Ich weiß«, erwiderte Danny sanft. »Ich als weiser, alter Mann mach dir einen Vorschlag. Bevor du dir über deine Gefühle den Kopf zerbrichst, verschaff dir doch erst einmal Klarheit über seine.«

      »Und wie soll ich das bitteschön tun?«, fragte sie ratlos.

      »Die Antwort kennst du selbst.«

      Seine Stimme war genauso weich wie das Lächeln auf seinen Lippen.

      Eine Weile saß Anneka schweigend da. Endlich holte sie tief Luft und stand auf.

      »Also gut.« Sie ging zu Danny und umarmte ihn. »Dann mach ich mich mal auf den Weg.«

      »Braves Mädchen«, lobte er sie und brachte sie zur Tür. Dort stand er und sah ihr nach, bis sie um die Ecke verschwunden war. Er hatte sich eben wieder an den Schreibtisch gesetzt, als das Telefon klingelte. Es war Matthias Weigand von der Klinik.

      »Du musst kommen. Schnell!« Mehr sagte er nicht.

      *

      »Ich glaub, ich träume.« Zusammen mit einer Gruppe Jugendlicher saß Esther vor der Eisdiele im Schatten, als sie ihre Freundin Josephine entdeckte.

      »Hast du dich verlaufen?«, fragte ein Freund neben ihr und erntete sofort einen unsanften Stoß in die Rippen.

      »Lass sie in Ruhe«, schimpfte Esther. »Ich bin froh, dass sie da ist.« Sie stand auf und lief ihrer besten Freundin entgegen. »Josy, super, dass du hier bist!«

      Die beiden Mädchen umarmten sich, ehe sie Arm in Arm an den Tisch zurückkehrten. Erst als sie sich gesetzt hatten, bemerkte Esther, dass etwas nicht stimmte.

      »Was ist los? Du schaust so traurig aus.«

      Betreten starrte Josephine auf ihre Füße, die in Flipflops steckten.

      »Titus ist in der Klinik. Er hat Schluss gemacht«, murmelte sie. Sie hatte genug Zeit gehabt, um nachzudenken. »Diesmal hab ich’s echt übertrieben.«

      »Du Ärmste!« Mitfühlend legte Esther den Arm um ihre Schultern. »Was fehlt ihm denn?«

      »Irgendeine Allergie.« Mit knappen Worten berichtete Josephine, was passiert war. »Und jetzt will er mich nicht mehr sehen«, schloss sie schuldbewusst.

      »Na ja, irgendwie kann ich ihn ja verstehen«, musste Esther wohl oder übel zugeben. »Kletten sind nie cool. Würd mir umgekehrt genauso gehen.« Sie nippte an ihrer Eisschokolade und leckte sich den Sahnebart von den Lippen. »Hey, jetzt mach nicht so ein Gesicht. Wirst sehen, wenn’s ihm besser geht, meldet er sich bestimmt wieder.« Esther hielt ihrer Freundin das Glas hin. »Willst du einen Schluck?«

      Josy schüttelte den Kopf.

      »Wenn diese blöde Anneka nicht wär, gäb’s vielleicht noch eine Chance. Aber so …« Sie hatte noch nicht ausgesprochen, als sich ein Schatten vor die Sonne schob.

      »Die blöde Anneka muss mit dir reden.« Niemand anderer als die Arzttochter stand vor dem Tisch und lächelte auf die Schülerinnen herab.

      Josephine starrte sie an wie eine Erscheinung.

      »Was machst du denn hier? Und wie hast du mich gefunden?«

      Anneka zuckte mit den Schultern.

      »War nicht so schwierig. Ich kenn zufällig ein paar Jungs aus deiner Schule. Die haben mir verraten, wo ihr nachmittags immer steckt.« Während sie sprach, klingelte dumpf ihr Handy in der Tasche. Sie zog es heraus und wunderte sich.

      »Hey, hast du zur Abwechslung mal Sehnsucht nach mir?«, scherzte sie. Doch das Lachen verging ihr sofort. »Waaaaas?«, fragte sie entgeistert. »Okay, ich bin in zehn Minuten da.« Sie wollte auflegen, doch vor Aufregung zitterten ihre Finger so sehr, dass sie nicht gleich die richtige Taste fand.

      Josephine starrte sie misstrauisch an.

      »War das etwa Titus?«

      »Das war mein Bruder, der Arzt. Titus muss notoperiert werden. Los, komm! Er braucht dich jetzt!« Anneka winkte Josephine und lief los.

      Doch Josy rührte sich nicht vom Fleck. Wie versteinert saß die Schülerin da und starrte der Konkurrentin nach.

      »Ich weiß gar nicht, was du hast. Die ist doch ganz nett«, mischte sich Esther ein. »Worauf wartest du noch?«

      Das wusste