»Was sprichst Du da von Strumpfhosen und Mantel? In der That, Du hattest diesen Rock heute Mittag noch nicht.«
»Nein, gnädiger Herr, ich habe ihn diesen Abend gekauft, um meinem Gebieter und seiner Geliebten Ehre zu machen, und ich habe ihn baar bezahlt, denn meine Frau Bertrande hat mich an Ordnung und Sparsamkeit, wie an Mäßigkeit und Keuschheit und alle Arten von Tugenden gewöhnt. Ich muß ihr diese Gerechtigkeit widerfahren lassen, und wenn ich sie hätte an die Sanftmuth gewöhnen können, so wären wir das glücklichste Paar gewesen.«
»Es ist gut, Schwätzer, man wird Dir Deine Auslagen wiedererstatten, da Du Dich meinetwegen in Kosten versetzt hast.«
»Oh! gnädiger Herr, welche Großmuth! doch wenn der gnädige Herr mir sein Geheimniß verschweigen will, so gebe er mir nicht diesen neuen Beweis, daß er geliebt wird, wie er verliebt ist. Man leert seine Börse nur so gern, wenn das Herz voll ist. Uebrigens kennt der Herr Vicomte Martin-Guerre und weiß, daß man sich ihm anvertrauen kann. Treu und stumm wie das Schwert, das er trägt.«
»Es mag sein, doch nun genug, Meister Martin.«
»Ich lasse den gnädigen Herrn träumen.«
Gabriel träumte in der That dergestalt, daß er, nach Hause zurückgekehrt, das Bedürfniß fühlte, seine Träume zu ergießen, weshalb er schon am Abend an Aloyse schrieb.
»Meine gute Amme, Diana liebt mich! doch nein, dies ist es nicht, was ich Dir zuerst sagen muß. Meine gute Aloyse, komm zu mir; seit sechs Jahren von Dir entfernt, sehne ich mich sehr darnach, Dich zu umarmen. Die Präliminarien meines Lebens sind nun festgestellt. Ich bin Kapitän der Leibwachen des Königs, einer von den am meisten beneideten militärischen Graden und der Name, den ich mir gemacht habe, wird mir den, welchen ich von meinen Ahnen erhalten, mit Ruhm und Ehre umgeben helfen. Ich bedarf Deiner auch für diese Aufgabe, Aloyse. Und dann brauche ich Dich, weil ich glücklich bin, weil, ich wiederhole es Dir, Diana mich liebt, ja, die Diana von einst, die meine gute Aloyse nie vergessen, obgleich sie den König ihren Vater nennt. Aloyse, die Tochter des Königs und von Frau von Valentinois, die Witwe des Herzogs von Castro, hat nie vergessen und liebt immer noch mit ihrer ganzen reizenden Seele ihren dunkeln Freund von Vimoutiers. Es ist noch keine Stunde, daß sie es mir gesagt hat, und ihre süße Stimme erklingt beständig in meinem Herzen. Komm also, Aloyse, denn ich bin wahrhaftig zu glücklich, um allein glücklich zu sein.«
XI.
Friede oder Krieg?
Am siebenten Juli fand eine Sitzung des königlichen Rathes statt, und der Staatsrath war vollzählig. Um Heinrich II. und die Prinzen seines Hauses saßen an diesem Tag Anne von Montmorency, der Cardinal von Lothringen und sein Bruder Carl von Guise, Erzbischof von Rheims, der Kanzler Olivier von Lenville, der Präsident Bertrand, der Graf von Aumale, Sedan, Humières und Saint-André mit seinem Sohn.
Der Vicomte d’Ermès stand in seiner Eigenschaft als Kapitän der Leibwachen mit bloßem Schwert bei der Thüre.
Das ganze Interesse dieser Sitzung lag wie gewöhnlich in dem Spiel der einander feindlichen ehrgeizigen Bestrebungen der Häuser Montmorency und Lothringen, welche an diesem Tag im Rath durch den Connetable selbst und den Cardinal vertreten wurden.
»Sire,« sprach der Cardinal von Lothringen, »die Gefahr ist dringend, der Feind steht vor unseren Thoren. Ein furchtbares Heer organisiert sich in Flandern und morgen kann Philipp unser Gebiet überfallen und Marie von England Euch den Krieg erklären. Sire, Ihr braucht hier einen unerschrockenen, jungen, kräftigen General, der kühn zu handeln vermag und dessen Namen allein schon ein Gegenstand des Schreckens für den Spanier ist und ihn an neue Niederlagen erinnert.«
»Wie der Name Eures Bruders des Herrn von Guise zum Beispiel,« sagte Montmorency ironisch.
»In der That, wie der Name meines Bruders,« erwiderte muthig der Cardinal, »wie der Name des Siegers von Metz, von Renty und von Valenza. Ja, Sire, es ist nothwendig, den Herzog von Guise rasch aus Italien zurückzurufen, wo ihm die Mittel fehlen, wo er die Belagerung von Civitella aufzuheben genöthigt gewesen ist, und wo seine Gegenwart und die seines Heeres, welche gegen die Invasion nützlich wären, für die Eroberung unnütz werden.«
Der König wandte sich nachlässig gegen Herrn von Montmorency um, als wollte er sagen: Die Reihe ist an Euch.
»Sire,« sprach der Connetable, »es sei, ruft das Heer zurück, da diese pomphafte Eroberung Italiens, wie ich es vorhergesagt habe, auf eine so lächerliche Weise endigt. Doch wozu bedürft Ihr des Generals? – Erwägt die letzten Nachrichten vom Norden: die Grenze der Niederlande ist ruhig: Philipp II. zittert und Marie von England schweigt. Ihr könnt noch einen Waffenstillstand schließen, Sire, oder die Bedingungen des Friedens dictiren. Es ist nicht ein abenteuerlicher Feldherr, was Ihr braucht, sondern ein erfahrener weiser Minister, den das Ungestüm des Alters nicht verblendet, für den der Krieg nicht der Einsatz eines unersättlichen Ehrgeizes ist, und der mit Ehre und Würde für Frankreich den Grund zu einem dauerhaften Frieden legen kann.«
»Wie Ihr selbst zum Beispiel, Herr Connetable,« unterbrach ihn voll Bitterkeit der Cardinal von Lothringen.
»Wie ich selbst,« versetzte mit stolzem Tone Anne von Montmorency, »und ich rathe dem König offen, sich nicht mit den Wechselfällen eines Krieges zu beschäftigen, den man nur machen wird, wenn er es will und wann er es will. Die inneren Angelegenheiten, der Zustand der Finanzen, die Interessen der Religion nehmen noch viel dringender unsere Sorge in Anspruch, und ein kluger Verwalter ist heute hundertmal mehr werth, als der unternehmendste General.«
»Und er hat hundertmal mehr Anspruch auf die Gunst Seiner Majestät, nicht wahr?« sagte mit scharfem Tone der Cardinal von Lothringen.
»Seine Eminenz vollendet meinen Gedanken,« fuhr Montmorency kalt fort, »und da sie die Frage auf dieses Gebiet gebracht hat, nun wohl! so wage ich es, Seine Majestät zu bitten, den Beweis zu geben, daß ihr meine friedlichen Dienste gefallen.«
»Was ist das?« versetzte seufzend der König.
»Sire, ich beschwöre Eure Majestät, öffentlich die Ehre zu erklären, welche sie meinem Hause zu erweisen die Gnade hat, indem sie meinem Sohn die Hand von Frau von Angoulême bewilligt. Ich bedarf dieser officiellen Kundgebung und dieses feierlichen Versprechens, um fest auf meinem Pfade zu wandeln, ohne daß ich die Zweifel meiner Freunde und das Gekreisch meiner Feinde zu befürchten habe.«
Diese kühne Forderung wurde trotz der Gegenwart des Königs mit Bewegungen der Billigung oder der Mißbilligung, je nachdem die Räthe zu der einen oder der andern Partei gehörten, aufgenommen.
Gabriel erbleichte und bebte. Doch er faßte wieder etwas Muth, als er den Cardinal von Lothringen rasch erwidern hörte:
»Die Bulle des heiligen Vaters, welche die Ehe von Franz von Montmorency und von Jeanne von Fienne aufhebt, ist noch nicht angekommen, soviel ich weiß, und kann gar nicht ankommen.«
»Man kann sie entbehren,« sprach der Connetable, »ein Edict vermag die heimlichen Ehen nichtig zu erklären.«
»Doch ein Edict hat keine Rückwirkung,« antwortete der Cardinal.
»Man würde ihr eine geben, nicht wahr, Sire? Sprecht es laut aus, ich beschwöre Euch, um Denjenigen, welche mich angreifen, und mir selbst, Sire, ein sicheres Zeugniß der Billigung zu geben, die Ihr meinen Absichten gewähren wollt. Sagt, daß Euer königliches Wohlwollen diesem gerechten Edict sogar eine Rückwirkung verleihen würde.«
»Ohne Zweifel könnte man sie ihm verleihen,« erwiderte der König, dessen gleichgültige Schwäche dieser festen Sprache nachzugeben schien.
Um nicht zu fallen, war Gabriel genöthigt, sich auf sein Schwert zu stützen.
Der Blick des Connetable funkelte vor Freude. Die Partei des Friedens schien durch seine Unverschämtheit entschieden zu triumphieren.
Doch in diesem Augenblick erscholl ein Lärm von Trompeten im Hof, die Melodie, welche sie spielten, war eine