Die Fünf und Vierzig. Александр Дюма. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Александр Дюма
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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Salcède saß, fing er an, mit aller Kraft zu athmen und sich seiner Hand zu bedienen. um seine Lippen abzuwischen und seine Haare zurückzustreichen, welche feucht von Schweiß über seine Augbrauen herabfielen.

      »Vorwärts, vorwärts,« sagte Tranchon, »setzt Euch bequem und schreibt Alles.«

      »Oh! habt nicht bange,« erwiederte Salcède seine Hand nach der Feder ausstreckend. »Seid ruhig, ich werde diejenigen nicht vergessen, welche mich vergessen.«

      Bei diesen Worten schaute er zum letzten Male umher. Ohne Zweifel war der Augenblick, sich zu zeigen, für den Pagen gekommen, denn er ergriff Ernauton bei der Hand und sagte zu ihm:

      »Mein Herr, habt die Güte, nehmt mich in Eure Arme und hebt mich über diese Köpfe empor, die mich zu sehen verhindern.«

      »Ah! in der That, Ihr seid unersättlich, junger Mensch.«

      »Noch diesen Dienst, mein Herr.«

      »Ihr mißbraucht mich.«

      »Ich muß den Verurtheilten sehen, versteht Ihr? ich muß ihn sehen.«

      Dann, als Ernauton wahrscheinlich nicht rasch genug auf diese Einschärfung antwortete, fügte er bei:

      »Habt Mitleid, Herr, habt Gnade ich flehe Euch an.«

      Das Kind war nicht mehr ein phantastischer Tyrann, sondern ein unwiderstehlich Flehender.

      Ernauton hob den jungen Menschen in seine Arme, doch nicht ohne ein gewisses Erstaunen über die Zartheit des Körpers, den er in seinen Händen hielt.

      Der Kopf des Pagen überragte nun die anderen Köpfe.

      Eben hatte Salcède seine Rundschau vollendend, die Feder ergriffen.

      Plötzlich erblickte er zu seinem großen Erstaunen das Antlitz des jungen Menschen.

      In diesem Augenblick drückte der Page zwei Finger auf seine Lippen. Eine unsägliche Freude verbreitete sich auf dem Gesichte des Verbrechers. Es war wie die Trunkenheit des bösen Reichen, da Lazarus einen Tropfen Wasser auf seine vertrocknete Zunge fallen läßt.

      Er hatte das so ungeduldig erwartete Signal erkannt, das ihm Hilfe verkündigte.

      Nach einer Betrachtung von mehreren Sekunden bemächtigte sich Salcède des Papiers, das ihm Tranchon unruhig über sein Zögern reichte, und fing an mit einem fieberhaften Eifer zu schreiben.

      »Er schreibt, er schreibt,« murmelte die Menge.

      »Er schreibt,« wiederholte die Königin Mutter mit offenbarer Freude.

      »Er schreibt,« sagte der König, »bei Gottes Tod! ich werde ihn begnadigen.«

      Plötzlich unterbrach sich Salcède, um noch einmal den jungen Menschen anzuschauen.

      Der junge Mensch wiederholte dasselbe Zeichen, und Salcède schrieb weiter.

      Dann nach einem kürzeren Zwischenraum unterbrach er sich wieder, um abermals zu schauen.

      Diesmal machte der Page Zeichen mit den Fingern und dem Kopfe.

      »Seid Ihr zu Ende?« fragte Tranchon, der sein Papier nicht aus dem Gesichte verlor.

      »Ja,« antwortete Salcède maschinenmäßig.

      »So unterzeichnet.«

      Salcède unterzeichnete, ohne seine Augen, welche an den jungen Menschen genietet blieben, auf das Papier zu richten.

      Tranchon streckte seine Hand nach dem Geständnis aus.

      »Dem König, dem König allein,« sprach Salcède.

      Und er reichte dem Lieutenant das Papier, doch mit einem Zögern und wie ein besiegter Soldat, der seine letzte Waffe übergibt.

      »Wenn Ihr Alles wohl gestanden habt, so seid Ihr gerettet, Herr von Salcède,« sagte der Lieutenant.

      Ein aus Spott und Unruhe gemischtes Lächeln trat auf den Lippen des Verurtheilten hervor, der den geheimnißvollen Pagen ungeduldig zu befragen schien.

      Ermüdet wollte Ernauton seine Last niedersetzen und öffnete die Arme. Der Page glitt auf den Boden.

      Mit ihm verschwand die Vision, die den Verurtheilten aufrecht erhalten hatte.

      Als ihn Salcède nicht mehr sah, suchte er ihn mit den Augen; dann rief er ganz verwirrt:

      »Nun! Nun!«

      Niemand antwortete.

      »Rasch, rasch, beeilt Euch,« sagte er, »der König hat das Papier in der Hand, er wird es sogleich lesen.«

      Niemand rührte sich.

      Der König entfaltete lebhaft das Geständniß.

      »Oh! tausend Teufel!« rief Salcède, »sollte man mich hintergangen haben? Ich erkannte sie doch wohl! Sie war es, sie war es!«

      Kaum hatte der König die ersten Zeilen durchlaufen, als er von Entrüstung ergriffen zu sein schien.

      Dann erbleichte er und schrie:

      »Oh! der Elende!… oh! der boshafte Mensch!«

      »Was gibt es, mein Sohn?« fragte Catharina.

      »Er nimmt Alles zurück, meine Mutter; er behauptet, nie etwas gestanden zu haben.«

      »Und dann?«

      »Dann erklärte er die Herren von Guise für unschuldig und allen Complotten fremd.«

      »In der That,« stammelte Catharina, »wenn es wahr ist.«

      »Er lügt,« rief der König, »er lügt wie ein Heide.«

      »Was wißt Ihr davon, mein Sohn? die Herren von Guise sind vielleicht verleumdet worden. Die Richter haben vielleicht in ihrem zu großen Eifer die Angaben falsch ausgelegt.«

      »Ei. Madame,« rief Heinrich, der sich nicht mehr länger bemeistern konnte, »ich habe Alles gehört.«

      »Ihr, mein Sohn?«

      »Ja, ich.«

      »Und wann dies, wenn‘s beliebt?«

      »Als der Schuldige die Folter auszuhalten hatte… ich war hinter einem Vorhang; ich habe nicht eines von seinen Worten verloren, und jedes von diesen Worten drang in meinen Kopf wie ein Nagel unter dem Hammer.«

      »Nun, so laßt ihn unter der Folter sprechen, da er die Folter braucht; befehlt, daß die Pferde anziehen.«

      Vom Zorne hingerissen erhob Heinrich die Hand.

      Der Lieutenant Tranchon wiederholte dieses Zeichen.

      Schon waren die Stricke wieder an die vier Glieder des Missethäters gebunden worden; vier Männer sprangen auf die vier Pferde; vier Peitschenhiebe erschollen, und die vier Rosse stürzten in entgegengesetzten Richtungen fort.

      Eins furchtbares Krachen und ein entsetzlicher Schrei erhob sich zu gleicher Zeit vom Boden des Schaffots. Man sah, wie die Glieder des unglücklichen Salcède blau wurden, sich verlängerten und mit Blut unterliefen; sein Gesicht war nicht mehr das eines menschlichen Geschöpfes: es war die Maske eines Dämons.

      »Ah! Verrath! Verrath!« schrie er. »Nun! ich werde sprechen, ich will sprechen, ich will Alles sagen. Ah! verfluchte Herzog…«

      Seine Stimme übertönte das Gewieher der Pferde und den Lärmen der Menge; aber plötzlich erlosch sie.

      »Haltet ein! haltet ein!« rief Catharina.«

      Es war zu spät. Kurz zuvor noch durch den Schmerz und die Wuth starr, fiel der Kopf von Salcède plötzlich auf den Boden des Blutgerüstes.

      »Laßt ihn sprechen,« rief die Königin Mutter. »Haltet ein, haltet doch ein!«

      Das Auge von Salcède war übermäßig erweitert, starr, und blieb hartnäckig auf die Gruppe geheftet, wo der Page erschienen war. Tranchon folgte geschickt der Richtung.

      Aber Salcède konnte nicht mehr sprechen, er war todt.

      Tranchon gab leise seinen Bogenschützen einige Befehle und diese durchsuchten die Menge in der durch die verrathenden Blicke von Salcède bezeichneten