Der Geflügelschütze. Александр Дюма. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Александр Дюма
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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Montplet bei einer unbegrenzten Liebe für seinen Sohn, sobald als der Knabe ein Mann wurde und seine Bedürfnisse sich vermehrten, die Schnure einer Börse weiter löste.

      Aber bald vermehrten sich eine Bedürfnisse sehr und stiegen bis zur Verschwendung.

      Bald auch wurde diese Verschwendung von der Art, daß sie Jean Montplet zu erschrecken begann. Er wagte einige furchtsame Vorstellungen, worauf ein junger Mann, der seit seiner Kindheit gewöhnt ist, nach seinen eigenen Einfällen zu leben, nicht viel achten konnte und in der That auch nicht viel achtete.

      Auch hörte Alain nicht auf, in Folge der Partien der Jagd, des Fischfanges und des Schwimmens, wozu er alle seine Freunde einlud, seine Rolle als Amphitryo in den Wirthshäusern fortzusetzen und die Buden auf allen Jahrmärkten in der Umgegend auszuleeren, um sich in der Gunst der hübschen Mädchen der Departements von la-Manche und Calvados zu erhalten.

      Da seine Kameraden von Maisy, Geffosse und Saint-Pierre-du-Mont lauter Arbeiter, die sich und ihre Familie nur durch die Anstrengung ihrer Hände ernährten, nicht immer geneigt waren, ihren Tag seinen Launen zu opfern, so weigerten sie sich oft, ihm die Last seines Müßigganges tragen zu helfen, und wie Alain Ausflüge gemacht hatte, um hübsche Mädchen zu entdecken, so suchte er jetzt muntere Kameraden auf und ging bis Isigny, bis Balleroy und selbst bis Bayeux, wo er als Theilnehmer seiner Vergnügungen Schreiber der Notare, Officianten und reisende Handlungsgehilfen fand, die es mit ihren Berufsgeschäften nicht allzu genau nahmen, wenn es sich darum handelte, einen tollen Streich auszuführen.

      Wenn aber die Gesellschaft dieser Herren angenehm war, müssen wir gestehen, daß sie verderblich wurde. Indem er ihnen Diners gab und nach diesen Diners Bouillotte und Ecarté spielte, nahm er die Freigebigkeit eines Vaters übermäßig in Anspruch und begann Schulden zu machen, die zu bezahlen er sich wohl hütete. Die Gläubiger warteten einige Zeit, denn sie wußten, daß der Vater Montplet, wenn sein Sohn sie nicht zahle, die einst zahlen würde; als sie aber endlich lange genug vergeblich gewartet hatten, ob es dem Sohne passend sein würde zu zahlen, gingen sie in die Meyerei, um ihre Klagen vorzubringen.

      Als ihm die ersten Rechnungen überreicht wurden, zahlte Jean Montplet ohne viel zu schreien, da er sich nicht träumen ließ, von welchen Lawinen von Zahlen er bedroht werde.

      Die bezahlten Gläubiger sagten dann zu ihren unbezahlten Collegen, wie sie es angestellt hätten, um zu ihrem Gelde zu kommen, und man ging beständig zwischen der Meyerei und den benachbarten Städten und Dörfern hin und her.

      So groß auch die Zärtlichkeit eines Vaters für feinen Sohn sein mag, so verschwindet dieselbe, wenn dieser Vater ein Normand ist, fast immer, um der Kaltblütigkeit Platz zu machen, wenn die Geldfrage zur Verhandlung kommt.

      Jean Montplet war aus diesem Lande; und um jeder Anforderung dieser Art zu begegnen, kündigte er in dem Journal des Departement an, daß es jedem frei stehe, dem Alain Montplet Credit zu geben oder Geld zu borgen, aber von jetzt an werde er keine von einem Sohne gemachte Schuld anerkennen, viel weniger noch bezahlen.

      Das Mittel war heroisch, aber es verfehlte seinen Zweck.

      Wenn es sich darum handelt, den Kindern der Familie Geld zu borgen, gibt es weitsichtige Leute, welche sich jagen, daß in Ermangelung der Börse des lebenden Vaters die Erbfolge des todten Vaters eintreten wird, und die so gut die Zinsen von Zinsen zu berechnen wissen, daß man ihnen einen um so größeren Dienst leistet, je länger man sie auf das Kapital warten läßt.

      Alain, der sich durch die Gewohnheiten von drei Jahren und den vollständigen Müßiggang Bedürfnisse angeeignet hatte, welche das ihm von seinem Vater bewilligte Jahrgeld nicht befriedigen konnte, fügte sich nicht, sondern empörte sich im Gegentheil.

      Er suchte daher einen von jenen verbindlichen Geldverleihern auf, von welchen wir gesprochen haben, und zum Unglück durften seine Augen nicht lange suchen, ehe sie auf Das fielen, was er bedurfte.

      Der geeignete Mann befand sich in Maisy selber, das heißt im Bereiche seiner Hand.

      Dieser wohlwollende Kapitalgeber hieß Thomas Langot, und war kein Anderer, als der erste Materialhändler des Fleckens.

      Wir wollen sagen, was Thomas Langot war, der eine gewisse Rolle in dieser Erzählung spielen soll.

      Thomas Langot war der jüngste Sohn einer Fischerfamilie in Saint-Pierre-du-Mont. Die Natur, die ihn in socialer Hinsicht wenig begünstigte, hatte ihn in physischer Hinsicht noch mehr gemißhandelt. Er war schwach, mit der englischen Krankheit behaftet und hinkend. Das am Knie nach innen gebogene Bein ließ immer glauben, daß er, wenn er ging, einen Halbzirkel beschreiben wolle, und nur vermöge gewisser mathematischer Combinationen gelang es ihm, die gerade Linie zu behaupten und zu dem Ziele zu kommen, welches er sich vorgesetzt hatte. Die Schwäche seiner Constitution, vereint mit seinem fehlerhaften Körper, hatte ihm eine elende Kindheit bereitet in einer Welt, wo man die Körperkraft vor allen Dingen schätzt.

      Von seinem Vater gemißhandelt, der in ihm nur einen unnützen Mund sah, so wie von seinen Brüdern, deren Aufpasser er wurde, da er nicht ihr Gefährte werden konnte, verhöhnt von seinen kleinen Kameraden, welchen er nur aus der Ferne folgen konnte, und die ihm den Beinamen Säbelbein gegeben hatten, welcher Name ihm blieb, schöpfte der junge Langot aus den frühzeitigen Schmerzen seiner Jugend einen falschen, verbitterten und neidischen Character, aber zu gleicher Zeit einen festen und beharrlichen Entschluß, zu einem Vermögen zu gelangen und so dem Drucke der Beleidigung und der Schmach zu entgehen, welche das beständige Erbtheil des Armen und Schwachen hier auf der Erde zu sein scheinen.

      Mit fünfzehn Jahren reiste er, ohne sich um die Entfernung zu kümmern und ohne sich von seiner Gebrechlichkeit zurückhalten zu lassen, mit zwei Fünfrankenthalern in der Tasche nach Paris ab.

      Wie legte er den Weg zurück?

      Gott weiß es!

      Zu Fuß, auf leeren Wagen, auf Retourpferden, Brod essend, Wasser trinkend und sich ein Strohlager erbittend.

      Kurz, er wußte sich auf dieser Reise so einzuschränken, daß ihm von diesen Fünfrankenthalern noch acht Livres und elf Sous übrig waren, als er in die große Stadt eintrat.

      Nach einander Colporteur, Commissionair, Schuhputzer, Aufleser von Cigarrenresten und Contremarken, sammelte er Heller für Heller, die Summe von hundert Franken, welche er für nöthig gehalten hatte, um den Grund zu dem Vermögen zu legen, wovon er träumte.

      Mit dieser Summe versehen, erwarb er sich die Berechtigung und unternahm einen Handel mit alten Kleidern.

      Eine Auvergner Habsucht auf eine normännische List gepfropft, war ihm in diesem Geschäfte so nützlich, daß er darin bald geschickter wurde, als alle seine Kameraden.

      In der That waren ihm seine psychologischen Studien nützlich.

      Er besaß einen wunderbaren Tact, um die Aengstlichkeit des Elends oder den gierigen Durst nach dem Vergnügen in der scheinbaren Gleichgültigkeit zu lesen, womit die Verkäufer ihm ihre Waaren darreichten.

      Hunger oder Leidenschaft, Alles mußte ihm dienen. Er spielte mit der Seelenangst wie die Katze mit der Maus, wie der Sperber mit der Lerche. Dieser Shylock im kleinen Maßstabe unterhielt sich zuweilen, wie der Jude von Venedig, den er übrigens nicht einmal dem Namen nach kannte, ihnen ihr Geheimniß zu entlocken, ohne darum einen Heller zu dem bedungenen Preise für den Lumpen, den man ihm anbot, hinzuzufügen. Ganz im Gegentheil, wenn die Wunde offen dargelegt war, fuhr er wie zufällig mit einer schweren Klaue hinein und zog sich zurück, indem er das Blut ableckte, welches ihm an den Nägeln geblieben war.

      Kurz, nicht einmal ging er aus dem Kampfe hervor, ohne einen vortrefflichen Handel gemacht zu haben.

      Zehn Jahre lang setzte er dieses Geschäft fort und lebte in Paris, als wenn er auf dem Dorfe gelebt hätte. Während dieser zehn Jahre versäumte er keinen einzigen Tag, die Garküche unter freiem Himmel zu besuchen, wo er, als er nach Paris gekommen, für vier Sous sein erstes Mahl eingenommen. Während dieser zehn Jahre veränderte er nicht im Geringsten sein tägliches Leben.

      Seit zehn Jahren waren fünfzehn Sous zu seinem täglichen Leben ausreichend.

      Die freie und uneigennützige Liebe war ein Luxus, den seine Mißgestalt und sein unfreundliches