Ange Pitou Denkwürdigkeiten eines Arztes 3. Александр Дюма. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Александр Дюма
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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der That,« murmelte Pitou, »den der günstige Erfolg seiner Vorlesung mit Vertrauen erfüllt hatte, worein mischt sich denn Herr Isidor?«

      Katharine hörte nicht, oder sie stellte sich, als hörte sie nicht, und das Gespräch hatte damit ein Ende.

      Das Mittagessen fand wie gewöhnlich statt. Nie war Pitou ein Mahl länger vorgekommen. Es drängte ihn, sich in seinem neuen Glanze, mit Mademoiselle Katharine am Arm, zu zeigen. Dieser Sonntag war ein großer Tag für ihn, und er gelobte sich, das Datum des dreizehnten Juli wohl im Kopfe zu behalten.

      Man ging endlich gegen drei Uhr ab. Katharine sah reizend aus. Sie war eine hübsche Blondine mit schwarzen Augen, schlank und biegsam wie die Weiden, welche die kleine Quelle beschatteten, aus der man das Wasser für den Pachthof schöpfte. Sie war überdies mit jener natürlichen Koketterie gekleidet, die alle Reize des Weibes hervorhebt, und ihre von ihr selbst verfertigte Haube stand ihr vortrefflich.

      Der Tanz begann gewöhnlich um sechs Uhr. Vier Spielleute, die auf einer Estrade von Brettern saßen, machten gegen eine Bezahlung von drei Sous für den Kontretanz die Honneurs dieses Ballsaales in freier Luft. In Erwartung der sechsten Stunde ging man in der bekannten Seufzerallee spazieren, von der die Tante Angélique gesprochen hatte, oder man schaute den jungen Herren der Stadt oder der Umgegend zu, die unter der Direktion von Varolet, dem Oberballmeister von Seiner Hoheit Monseigneur dem Herzog von Orleans, Ball spielten. Herr Varolet wurde für ein Orakel gehalten, und seine Entscheidungen in allen Fällen des Ballspiels nahm man mit der ganzen Verehrung auf, die man seinem Alter und seinem Verdienste schuldig war.

      Ohne genau zu wissen, warum, hätte Pitou in der Seufzerallee zu bleiben gewünscht; doch nicht um im Schatten dieser doppelten Buchenreihe zu bleiben, hatte Katharine die glänzende Toilette gemacht, die Pitou so sehr mit Bewunderung erfüllte.

      Die Frauen sind wie die Blumen, die der Zufall im Schatten hat wachsen lassen; sie streben unablässig nach dem Licht, und auf die eine oder die andere Weise muß ihre frische, balsamisch duftende Krone sich in der Sonne öffnen, die sie welk macht und verzehrt.

      Katharine zog so lange und kräftig am Arm von Pitou, daß man den Weg zum Ballspiel einschlug. Pitou ließ sich indessen nicht zu sehr am Arm ziehen. Er hatte ebenso große Eile, seinen himmelblauen Rock und seinen zierlichen Dreispitz zu zeigen, als Katharine ihre Haube à la Galetée und ihren taubenhalsfarbenen Leib zur Schau zu stellen.

      Eines schmeichelte besonders unserem Helden und gab ihm einen augenblicklichen Vorzug vor Katharine. Da ihn niemand erkannte, denn Pitou war nie in so prächtigen Kleidern gesehen worden, so hielt man ihn für einen jungen Fremden, für einen Neffen, für einen Vetter der Familie Billot, für einen Bräutigam von Katharine sogar. Doch Pitou war zu viel daran gelegen, seine Identität darzuthun, als daß der Irrtum lange währen konnte. Er nickte soviel seinen Freunden zu, er nahm so oft seinen Hut vor seinen Bekannten ab, daß man endlich in dem schön geputzten jungen Landmann den unwürdigen Schüler des Abbés Fortier erkannte, und daß sich eine Art von Geschrei erhob, das besagte: Das ist Pitou! habt ihr Ange Pitou gesehen?

      Das Geschrei gelangte bis zu Mademoiselle Angélique; da aber dieses Geschrei ihr sagte, ihr Neffe sei ein hübscher Junge, der die Füße auswärts und die Arme rundend gehe, so schüttelte die alte Mademoiselle, die Pitou immer die Füße einwärts und die Ellenbogen am Leib hatte gehen sehen, ungläubig den Kopf und beschränkte sich auf die Erwiderung:

      »Ihr täuscht euch, das ist nicht mein Schlingel von einem Neffen.«

      Die zwei jungen Leute kamen zum Ballspiel. Es fand an diesem Tag eine Herausforderung zwischen den Spielern von Soissons und den Spielern von Villers-Cotterets statt, so daß die Partie äußerst belebt war. Katharine und Pitou stellten sich auf die Höhe des Seiles, in der Nähe der Böschung. Katharine hatte diesen Posten als den besten gewählt.

      Nach einem Augenblick hörte man die Stimme von Meister Varolet rufen: Zu zwei passiert. Die Spieler passierten wirklich, das heißt, jeder begann seine Chasse zu verteidigen und die seiner Gegner anzugreifen. Einer von den Spielern, als er passierte, grüßte Katharine mit einem Lächeln. Katharine erwiderte dies durch einen Knix und errötete; zu gleicher Zeit fühlte Pitou, wie den Arm von Katharine, der sich auf den seinigen stützte, ein kleines Nervenzittern durchlief.

      Etwas wie eine unbekannte Bangigkeit schnürte Pitou das Herz zusammen.

      »Ist das Herr von Charny?« sagte er, »seine Gefährtin anschauend.«

      »Ja,« antwortete Katharine; »Sie kennen ihn also?«

      »Ich kenne ihn nicht, doch ich habe es erraten.«

      Pitou hatte nach dem, was ihm Katharine am Tage vorher gesagt, in der That Herrn von Charny in diesem jungen Mann erraten können.

      Derjenige, welcher das Mädchen gegrüßt, war ein Kavalier von dreiundzwanzig bis vierundzwanzig Jahren, gut gewachsen, elegant gekleidet und anmutig in seinen Bewegungen, wie dies diejenigen zu sein pflegen, welche schon in der Wiege eine aristokratische Erziehung festgenommen hat. Alle die Leibesübungen, die man nur unter der Bedingung gut macht, daß man sie von Kindheit an geübt hat, führte Herr Isidor von Charny mit einer merkwürdigen Vollkommenheit aus; dabei gehörte er zu denjenigen, deren Tracht stets mit der Übung, für die sie bestimmt ist, im Einklang steht. Seine Jagdlivreen wurden überall als äußerst geschmackvoll angeführt; seine Negligés für den Fechtsaal hätten selbst Saint-Georges als Muster dienen können; seine Reitkleider waren durch die Art, wie er sie trug, von einem ganz besondern Schnitt, oder schienen dies vielmehr zu sein.

      Mit der ganzen Schmucklosigkeit einer Morgentoilette frisiert, trug Herr von Charny, der jüngere Bruder unseres alten Bekannten, des Grafen von Charny, eine Art von engem Pantalon von heller Farbe, das die Form seiner Lenden und seiner zugleich feinen und muskeligen Beine hervorhob; elegante Ballspielsandalen ersetzten, durch Riemen gehalten, für den Augenblick entweder den Schuh mit rotem Absatz oder den Stulpenstiefel; eine Weste von weißem Piquee umschloß seinen Leib, als ob er in einem Korsett gefangen wäre; auf der Böschung endlich hielt sein Diener einen grünen Rock mit goldenen Galonen.

      Die Aufregung gab ihm in diesem Augenblick den ganzen Reiz und die ganze Frische der Jugend, die er, trotz seiner dreiundzwanzig Jahre, durch lange Nachtwachen, durch nächtliche Schwärmereien und die Spielpartien, welche die Sonne bei ihrem Aufgang beleuchtet, schon verloren hatte.

      Keiner der Vorzüge, die ohne Zweifel von dem Mädchen bemerkt worden waren, entging Pitou. Als er die Hände und die Füße von Herrn von Charny sah, fing er an minder stolz auf diese Verschwendung der Natur zu sein, die ihm den Sieg über den Sohn des Schuhmachers verliehen hatte, und er dachte, eben diese Natur hätte auf eine geschicktere Art auf alle Partien seines Körpers die Elemente, aus denen er bestand, verteilen können.

      Mit dem, was zu viel an den Händen, an den Füßen und an den Knien von Pitou war, hätte die Natur Stoff gehabt, um ihm ein sehr hübsches Bein daraus zu machen. Die Dinge waren nur nicht an ihrem Platze: wo es der Feinheit bedurfte, war Überfülle, und wo Rundung hätte sein sollen, war Leere.

      Pitou schaute seine Beine mit der Miene an, mit welcher der Hirsch der Fabel die seinigen anschaute.

      »Was haben Sie denn, Herr Pitou?« fragte Katharine.

      Pitou antwortete nicht, er seufzte nur.

      Die Partie war zu Ende. Der Vicomte von Charny benützte den Zwischenraum zwischen der beendigten Partie und der, welche beginnen sollte, um Katharine zu begrüßen. Als er näher kam, sah Pitou das Blut dem Mädchen zu Gesichte steigen, und er fühlte, wie der Arm seiner Gefährtin immer mehr zitterte.

      Der Vicomte nickte Pitou zu; mit jener vertraulichen Artigkeit, welche die Adeligen jener Zeit gegen die kleinen Bürgerinnen und die Grisetten so gut anzunehmen wußten, erkundigte er sich bei Katharine nach ihrer Gesundheit und forderte den ersten Kontretanz von ihr. Katharine willigte ein. Ein Lächeln war der Dank des jungen Adeligen. Die Partie sollte wieder anfangen, man rief ihn. Er grüßte Katharine und entfernte sich mit derselben Ungezwungenheit, mit der er gekommen war.

      Pitou fühlte die ganze Überlegenheit, die über ihn ein Mann hatte, der auf diese Art sprach, lächelte, sich näherte und entfernte.

      Ein Monat auf den Versuch