Ange Pitou Denkwürdigkeiten eines Arztes 3. Александр Дюма. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Александр Дюма
Издательство: Public Domain
Серия:
Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
isbn:
Скачать книгу
werden in die Messe gehen, wenn sie wollen, in Betracht, daß die Religion für die Weiber gemacht sei; was aber die Männer betreffe, so sollen sie die Vorlesung des Werkes vom Doktor anhören, oder bei ihm austreten.

      Der Philosoph Billot war sehr Despot in seinem Hause; Katharine allein hatte das Vorrecht, die Stimme gegen seine Entscheidungen zu erheben; waren aber diese Entscheidungen dergestalt im Geiste des Pächters festgestellt, daß er Katharine antwortete mit finsterer Stirne, so schwieg diese wie die andern.

      Nur gedachte Katharine aus den Umständen Nutzen für Pitou zu ziehen. Während sie vom Tische aufstand, bemerkte sie ihrem Vater, um alle die schönen Dinge vorzutragen, die er am zweiten Tage zu sagen habe, sei Pitou sehr ärmlich gekleidet; er spiele die Rolle des Lehrers, der da unterrichte, und der Lehrer dürfe nicht vor seinen Schülern zu erröten haben.

      Billot bevollmächtigte seine Tochter, über die Kleidung von Pitou mit Herrn Dulauroy, dem Schneider von Villers-Cotterets, übereinzukommen.

      Katharine hatte recht, und eine neue Kleidung war keine Sache des Luxus für den armen Pitou: er trug immer noch die Hosen, die ihm fünf Jahre vorher der Doktor Gilbert hatte machen lassen, die von zu lang zu kurz geworden waren, aber sich, das ist nicht zu leugnen, durch die Sorge von Mademoiselle Angélique um zwei Zoll jährlich verlängert hatten. Was den Rock und die Weste betrifft, so waren diese Kleidungsstücke seit mehr als zwei Jahren verschwunden und durch den serschenen Kittel ersetzt worden, mit dem unser Held schon in den ersten Kapiteln dieser Geschichte vor den Augen unserer Leser erschienen ist.

      Pitou hatte nie an seinen Anzug gedacht. Der Spiegel war etwas Unbekanntes bei Mademoiselle Angélique, und da er nicht wie der schöne Narcissus die Urneigung hatte, in sich selbst verliebt zu werden, so war es ihm auch nie eingefallen, sich in den Quellen, an denen er seine Ruten stellte, zu beschauen.

      Doch seit dem Augenblick, wo ihm Katharine gesagt hatte, er könne sie zum Tanze begleiten, seit dem Augenblick, wo von Herrn von Charny, dem eleganten Kavalier, die Rede gewesen, seit der Stunde, wo die Geschichte mit den Hauben, auf die Katharine, um ihre Schönheit zu vermehren, rechnete, in das Ohr von Pitou gedrungen war, hatte Pitou in einen Spiegel geschaut und sich betrübt über den Verfall seiner Kleidung gefragt, auf welche Art auch er seine natürlichen Vorzüge etwas erhöhen könnte.

      Leider war Pitou nicht imstande gewesen, sich auf diese Frage eine Antwort zu geben. Der Verfall seiner Kleidung beruhte auf ihrem Alter, um aber neue zu bekommen, mußte man Geld haben, und Pitou hatte in seinem Leben keinen Pfennig besessen.

      Wohl hatte Pitou die Hirten, wenn sie sich um den Preis der Flöte oder der Verse stritten, sich mit Rosen bekränzen sehen; doch er dachte mit Recht, dieser Kranz, so gut er ihm auch zu Gesichte stehen dürfte, würde nur noch mehr die Armut seiner übrigen Kleidung hervorheben.

      Pitou war also äußerst angenehm überrascht, als am Sonntag um acht Uhr morgens, während er über die Mittel, seine Person zu verschönern, nachsann, Herr Dulauroy eintrat und auf einen Stuhl einen Rock und himmelblaue Hosen nebst einer großen weißen, rosa gestreiften Weste legte.

      Zu gleicher Zeit trat die Näherin ein und legte auf einen andern Stuhl ein Hemd und eine Halsbinde; paßte das Hemd gut, so hatte sie Befehl, ein halbes Dutzend zu machen.

      Es war die Stunde der Ueberraschungen: hinter der Nähterin erschien der Hutmacher. Er brachte einen kleinen Dreispitz von der neuesten Form, voll Eleganz, kurz das beste, was man bei Herrn Corau, dem ersten Hutmacher von Villers-Cotterets verfertigte.

      Es hatte überdies der Schuster den Auftrag, für Pitou ein Paar Schuhe mit silbernen Schnallen anzufertigen.

      Pitou erholte sich nicht von seinem Erstaunen, er konnte nicht glauben, alle diese Reichtümer seien für ihn. In seinen übertriebensten Träumen hätte er es nicht gewagt, sich eine solche Garderobe zu wünschen. Thränen der Dankbarkeit befeuchteten seine Augenlider, und er vermochte nur die Worte zu murmeln: Oh! Mademoiselle Katharine, Mademoiselle Katharine, ich werde nie vergessen, was Sie für mich thun!

      Alles dies ging ganz vortrefflich, als ob man das Maß an Pitou genommen hätte; nur die Schuhe fanden sich um die Hälfte zu klein. Herr Lautereau, der Schuster, hatte das Maß am Fuße seines Sohnes genommen, der vier Jahre älter war, als Pitou.

      Dieser Vorzug von Pitou vor dem jungen Lautereau machte einen Augenblick unsern Helden stolz; doch die Bewegung des Stolzes war bald gemäßigt durch den Gedanken, er werde genötigt sein, ohne Schuhe zu dem Tanze zu gehen, oder mit seinen alten Schuhen, die durchaus nicht mehr zu seinem übrigen Anzug paßten. Doch diese Besorgnis war von kurzer Dauer: ein Paar Schuhe, das man zu gleicher Zeit dem Vater Billot schickte, machte die Sache ab. Es fand sich zum Glück, daß der Vater Billot und Pitou denselben Fuß hatten, was man sorgfältig, aus Furcht, ihn zu demütigen, vor dem Vater Billot verbarg.

      Während Pitou damit beschäftigt war, diese kostbare Kleidung anzuziehen, trat der Friseur ein. Er teilte die gelben Haare von Pitou in drei Massen: die eine, und das war die stärkste, sollte unter der Form eines Zopfes auf seinen Rock herabfallen; die zwei anderen hatten die Bestimmung, die zwei Schläfen zu bekleiden, und zwar unter dem wenig poetischen Namen Hundsohren; doch was ist da zu sagen, das war einmal der Name.

      Als Pitou gekämmt, frisiert, mit seinem blauen Rock und seinen blauen Hosen, mit seiner rosa Weste und seinem Jabot-Hemde, mit seinem Zopf und seinen Hundsohren sich im Spiegel betrachtete, hatte er große Mühe, sich selbst zu erkennen, und er wandte sich um, um zu sehen, ob nicht Adonis in Person auf die Erde herabgestiegen wäre.

      Er war allein. Er lächelte sich freundlich zu und, den Kopf hoch, die Daumen in den Hosentaschen, sagte er zu sich selbst, indem er sich auf den Zehen erhob:

      »Wir werden diesen Herrn von Charny sehen!  . . .«

      Es ist wahr, daß Ange Pitou in seiner neuen Tracht nicht einem Schäfer von Virgil, wohl aber einem Schäfer von Watteau glich, wie sich zwei Wassertropfen gleichen.

      Der erste Schritt, den Pitou bei seinem Eintritte in die Küche that, war auch ein Triumph.

      »Ah! sehen Sie doch, Mama,« rief Katharine, »wie hübsch er ist!«

      »Er ist allerdings nicht zu erkennen,« sagte Frau Billot.

      Zum Unglück ging Katharine von der Gesamtheit, die das Mädchen angenehm berührt hatte, zu den Einzelheiten über. Pitou war minder hübsch in den Einzelheiten, als in der Gesamtheit

      »Oh! wie drollig!« rief Katharine, »was für große Hände haben Sie!«

      »Ja,« sagte Pitou, »nicht wahr, ich habe tüchtige Hände.«

      »Und große Kniee.«

      »Das ist ein Beweis, daß ich wachsen soll.«

      »Aber mir scheint, Sie sind schon sehr groß, Herr Pitou.«

      »Ich werde immerhin wachsen, denn ich bin erst siebenzehn und ein halbes Jahr alt.«

      »Und keine Waden.«

      »Ah! das ist wahr, durchaus keine; doch sie werden kommen.«

      »Man muß es hoffen,« sagte Katharine. »Gleichviel, Sie sind sehr hübsch.«

      Pitou verbeugte sich.

      »Oho!« rief der Pächter, der nun eintrat und Pitou ebenfalls betrachtete. »Wie stattlich bist du nun, mein Junge! Ich möchte wohl, daß deine Tante Angélique dich sehen würde.«

      »Ich auch,« sagte Pitou.

      »Ich wäre begierig, zu wissen, was sie sagen würde,« versetzte der Pächter.

      »Sie würde nichts sagen, sie würde wüten.«

      »Aber, Papa,« sprach Katharine mit einer gewissen Besorgnis, »hätte sie nicht das Recht, ihn zurückzunehmen?«

      »Da sie ihn fortgejagt hat!«

      »Und dann sind die fünf Jahre abgelaufen,« sagte Pitou.

      »Welche Jahre?« fragte Katharine.

      »Die, für welche der Doktor Gilbert tausend Franken hinterlegt hatte.«

      »Er hatte also tausend Franken für deine Tante hinterlegt?«

      »Ja,